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Ägypten

Kopten: diskriminiert und verfolgt

von Ulrich Delius

Bozen, 7. August 2003

Als eine positive Geste werteten viele Kopten die Entscheidung der ägyptischen Regierung, das orthodoxe Weihnachtsfest am 7. Januar 2003 erstmals als nationalen Feiertag zu begehen. Bis dahin waren Kopten an diesem Tag nur von der Arbeit freigestellt worden, während es für die Muslime ein normaler Arbeitstag war. Gamal Mubarak, ein Sohn des Staatspräsidenten, wohnte der Weihnachtsmesse in der Kathedrale von Kairo bei, um demonstrativ ein Zeichen für das gute Zusammenleben von Muslimen und christlichen Kopten zu setzen.

Doch es bedarf nicht nur Zeichen, sondern auch vieler Taten, um die Diskriminierung von Kopten in Ägypten zu beenden. Dies wurde erneut am 27. Februar 2003 deutlich, als ein Berufungsverfahren in einem Prozess zu einem Massaker an Kopten mit dem Freispruch der meisten Angeklagten endete. Nur zwei der 95 Beschuldigten, die für den Tod von 21 Christen und die Verwüstung von 65 Geschäften und Wohnungen bei schweren Auseinandersetzungen in dem Dorf al-Kashah am 2. Januar 2000 zur Rechenschaft gezogen wurden, erhielten tatsächlich Haftstrafen. Ein Muslim wurde wegen Mordes zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, ein weiterer zu dreieinhalb Jahren Haft. 93 Beschuldigte - unter ihnen 38 Kopten - wurden freigesprochen. Mit wütenden Protesten reagierten Angehörige der christlichen Minderheit auf das Berufungsurteil. Ihr Vertrauen in unparteiische Ermittlungsbehörden und Justiz wurde tief erschüttert. Die Polizei hatte so schlampig ermittelt, dass zahlreiche Täter straflos blieben. Vergeblich hatten Kopten nach dem skandalösen Scheitern des ersten Gerichtsverfahrens auf Gerechtigkeit gehofft. Nach dem Freispruch von 92 Beschuldigten und der Verurteilung von vier Angeklagten zu Haftstrafen von bis zu zwölf Jahren in einem ersten Gerichtsprozess im Februar 2000 hatten Kopten öffentlich gegen das Urteil protestiert.

Zwischen 1992 und dem Jahr 2000 waren mehrere Hundert Kopten bei Terroranschlägen radikaler Muslime in Oberägypten getötet worden. Zwar sind diese Terrorüberfälle seltener geworden, doch viele Angehörige der Minderheit fühlen sich nach wie vor in Ägypten nicht sicher. Eine wachsende Zahl von Kopten sucht im Ausland Zuflucht, da sie sich vom Staat nicht ausreichend geschützt fühlen und angesichts der fortbestehenden Diskriminierung im gesellschaftlichen und politischen Leben kaum Entwicklungsmöglichkeiten in ihrer Heimat sehen. Denn noch immer dürfen Kopten aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit nicht Bürgermeister, Gouverneure, Universitätsdozenten und Dekane werden oder andere führende Positionen im Militär, dem Geheimdienst, der Polizei und der Justiz bekleiden. Auch in staatseigenen Betrieben ist der Anteil an Kopten in Leitungsstellen vergleichsweise minimal.

Diese geringe Repräsentanz von Angehörigen der Minderheit in Führungspositionen ist jedoch nicht auf einen geringen Ausbildungsgrad der Betroffenen zurückzuführen. Im Gegenteil, Kopten gelten in der freien Wirtschaft und in den selbständigen Berufen als besonders erfolgreich. Obwohl die Kopten nur rund 10 Prozent der Bevölkerung stellen, sind rund 25 Prozent der Tierärzte, Apotheker, Ärzte, Journalisten und Rechtsanwälte Angehörige der Minderheit. Als 1961 die Industrie verstaatlicht wurde, besaßen Kopten rund 75 Prozent des Transportgewerbes, 51 Prozent der Banken, 44 Prozent der Industrie und 34 Prozent des landwirtschaftlich genutzten Landes. Ihr wirtschaftlicher Einfluss hat seither eher zugenommen. Ihr Erfolg schürt aber auch den Neid der muslimischen Mehrheitsbevölkerung, die die Diskriminierung durchaus auch stützt, um den Einfluss der ungeliebten Kopten einzudämmen.

Aus Angst vor noch mehr Ressentiments und Übergriffen radikaler muslimischer Gruppen schweigt die offizielle koptische Kirche weitestgehend zur Diskriminierung. Der koptische Papst Shenuda III meidet jede öffentliche Kritik an der Politik der Regierung und an der Diskriminierung der Minderheit. Unter den Kopten ist diese Leugnung der Menschenrechtsverletzungen nicht unumstritten. Vor allem jüngere Kopten werfen Shenuda vor, mit seinem vorsichtigen Taktieren die Lage der Kopten in Ägypten nur noch aussichtsloser zu machen. Statt selbstbewusst die verfassungsrechtlich verbrieften Rechte einzufordern, beuge sich die Kirche dem Druck radikaler Muslime und ermutige sie mit ihrer Stillhalte-Politik, noch mehr Übergriffe auf die Minderheit zu verüben, kritisieren jüngere Kopten. Von der ägyptischen Staatsführung erwarten diese jungen Kopten mehr konkrete Schritte zum Abbau des Rassismus und der Diskriminierung. Sollten diese nicht erfolgen, wird der Exodus von Kopten aus Ägypten weiter anhalten.

Aus pogrom-bedrohte Völker 219 (3/2003)


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/3dossier/me/arab-zue.html | www.gfbv.it/3dossier/me/arab.html | www.gfbv.it/3dossier/me/libyen.html

* www: www.netzwerk-afrika-deutschland.de/laender/aegypten/info/index.shtml

Letzte Aktual.: 8.8.2003 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/3dossier/me/kopten.html | XHTML 1.0 / CSS | WEBdesign, Info: M. di Vieste
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