Die Wahl der "Miss World" muss nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) trotz der drohenden Steinigung von zum Tode verurteilten Frauen in Nigeria stattfinden. In einem dringenden Appell hat die Menschenrechtsorganisation die Organisatoren und Teilnehmerinnen des in Nigeria geplanten Miss World-Wettbewerbes am Dienstag gebeten, die Gelegenheit zu nutzen und bei diesem weltweiten Medienereignis gegen die Verletzung grundlegendster Menschenrechte zu protestieren. "Mit ihrer Kritik könnten die Schönheitskonkurrentinnen 1,4 Milliarden Fernsehzuschauer erreichen", erklärte der GfbV- Afrikareferent, Ulrich Delius. "Ein Boykott Nigerias würde weder den von der Steinigung Bedrohten helfen, noch wäre es eine angemessene Antwort auf die Drohung radikaler Muslime in dem afrikanischen Staat, den Wettbewerb zu stören."
"Gerade diese radikalen Muslime, die die Miss World-Wahl als "schlimmste Gräueltat" bezeichnet haben, würden durch einen Boykott noch ermutigt", heißt es in dem Schreiben der GfbV an Julia Morley, die Vorstandsvorsitzende der "Miss World Limited" in London sowie an viele Kandidatinnen in aller Welt. Angesichts des im November beginnenden Fastenmonats Ramadan hatte die einflussreiche muslimische Gruppe Jama'atul alle Muslime am 23. August nachdrücklich dazu aufgerufen, den Miss World-Wettbewerb zu verhindern.
Verschiedene Teilnehmerinnen - unter ihnen Miss Norwegen, Niederlande, Polen, Togo, Elfenbeinküste - hatten sich nach dem Steinigungsurteil gegen die wegen Ehebruchs angeklagte Amina Lawal am 19. August 2002 für einen Boykott des für den 30. November 2002 in der nigerianischen Hauptstadt Abuja geplanten Wettbewerbs ausgesprochen. Ende vergangener Woche wurden erneut eine Nigerianerin und zwei Nigerianer gemäß dem seit 1999 im Norden des Landes eingeführten islamischen Scharia-Recht zum Tode verurteilt. Erst am Montag wurde die geplante Steinigung eines Straftäters aufgrund eines Berufungsverfahrens ausgesetzt.