Christen werden in Pakistan immer häufiger Opfer eines Stellvertreterkrieges, mit dem muslimische Extremisten die USA und die westliche Welt treffen wollen. Darauf hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Mittwoch hingewiesen. "Wenn die Gewalt weiter anhält, ist ein Exodus von Christen aus Pakistan zu befürchten", warnte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius nach dem jüngsten Überfall schwerbewaffneter muslimischer Extremisten auf eine christliche Hilfsorganisation in Karachi. Dabei waren am Mittwochmorgen drei Christen und drei Muslime getötet worden. In den vergangenen sechs Monaten sind in Pakistan durch Terroranschläge bereits 33 Christen zu Tode gekommen und mehr als einhundert verletzt worden. Zuletzt waren am 9. August 2002 vier Krankenschwestern in Islamabad durch die Explosion von Handgranaten getötet und 25 Personen verletzt worden. Vier Tage zuvor sind sechs Menschen bei einem Anschlag auf eine christliche Schule in der Nähe der pakistanischen Hauptstadt zu Tode gekommen.
Nach diesen Terrorüberfällen hätten die pakistanischen Behörden den Schutz christlicher Einrichtungen verstärkt, berichtete Delius. Nachdem bei verhafteten muslimischen Extremisten Pläne von zwei Kirchen und einer christlichen Schule gefunden worden seien, habe die Polizei am Montag Embleme von öffentlichen christlichen Einrichtungen sowie von Gebetssälen in Privatwohnungen entfernt. Noch seien keine Kreuze von Kirchen demontiert worden. Führende Persönlichkeiten der christlichen Minderheit hätten die vermeintliche Schutzmassnahme als weitere Diskriminierung kritisiert und erklärt, dass sie sich durch die Entfernung der Embleme nicht sicherer fühlten. "Die Behörden wollen nur unsere Gotteshäuser verstecken", klagte Shehbaz Bhatti, der Führer der Allianz der Minderheiten Pakistans.
Die Diskriminierung der Christen in Pakistan halte weiter an, kritisierte Delius. Zwar habe Präsident Musharraf im April 2000 eine Reform der umstrittenen Blasphemie-Gesetze angekündigt, um einen Missbrauch der Gotteslästerungsparagraphen durch eifersüchtige oder streitbare Nachbarn zu verhindern. Seine Reformpläne zugunsten der drei Millionen im Land lebenden Christen habe er jedoch wenige Wochen später unter dem Druck muslimischer Extremisten zurückgezogen. Radikale muslimische Parteien hätten bereits weitere Gesetzesverschärfungen nach den Parlamentswahlen am 10. Oktober angekündigt. Führer der Christen, Sikh und Hindu hätten daraufhin ein Wahlbündnis geschlossen, um der Stimme ihrer Minderheiten im Parlament mehr Gewicht zu geben.