Das britische Innenministerium will
den ablehnenden Asylbescheid der ehemaligen Sklavin Mende Nazer
aus dem Sudan nach Informationen der Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) zurücknehmen. "Die
Staatsministerin im Innenministerium, Beverley Hughes, hat
gestern in einem Brief an die Vizepräsidentin des Britischen
Oberhauses, Baroness Caroline Cox, angekündigt, die
Rechtsanwälte von Frau Nazer darüber in Kürze
schriftlich zu informieren", sagte der GfbV-Afrikareferent,
Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen, "wir freuen uns mit
Mende Nazer, dass sie eine Abschiebung in den Tod nun nicht mehr
fürchten muss." Delius ist davon überzeugt, dass das
Leben der 22-jährigen Nuba vor allem durch das Engagement
der Leserinnen und Leser ihrer Autobiographie "Sklavin" gerettet
wurde. Tausende hätten sich in den vergangenen 14 Tagen an
E-Mail-Protestaktionen der GfbV gegen die drohende Abschiebung
Mende Nazers in den Sudan beteiligt und an die britische
Königin Elizabeth, Innenminister David Blunkett und
Bundesinnenminister Otto Schily geschrieben. Das britische
Innenministerium habe seinen plötzlichen Meinungswandel
jetzt mit der Veröffentlichung der Autobiographie in
Deutschland begründet. Am 10. Oktober hatten die britischen
Behörden den Asylantrag der ehemaligen Sklavin abgelehnt,
die ihren Peinigern im September 2000 entfliehen
konnte.
"Vergangenen Mittwoch haben wir mit einer Mahnwache
vor der britischen Botschaft in Berlin dagegen protestiert, dass
die junge Frau in die Hände ihrer Verfolger abgeschoben
werden soll und uns gleichzeitig mit einer Petition an den
britischen Innenminister Blunkett gewandt", berichtete Delius. In
dem Schreiben habe die GfbV den ablehnenden Asylbescheid als
inhaltlich dürftig und haltlos kritisiert. In ihrem
gestrigen Brief hatte Staatsministerin Hughes eingeräumt:
"Meine Mitarbeiter haben mich darauf hingewiesen, dass der
Ablehnungsbescheid bedauerlicherweise nicht klar auf einige
Fragen zu ihrer Glaubwürdigkeit und zur objektiven Situation
im Sudan einging."
Mende Nazer schildert in ihrer Autobiographie "Sklavin", wie sie im Alter von 13 Jahren von arabischen Milizionären aus ihrem Dorf in den Nuba-Bergen in die Sklaverei verschleppt wurde. Die Milizen waren von der sudanesischen Armee bewaffnet worden. Acht Jahre musste das Nuba-Mädchen bei wohlhabenden Nordsudanesen unbezahlte Zwangsarbeit leisten. Dann wurde sie nach eigenen Angaben drei Monate lang im Londoner Haus eines sudanesischen Diplomaten unter Sklaven-ähnlichen Bedingungen festgehalten, bevor ihr im September 2000 die Flucht gelang. Ihre Autobiographie konnte bis heute in Großbritannien nicht erscheinen, da der der Sklaverei beschuldigte sudanesische Diplomat drohte, mit allen juristischen Mitteln eine Veröffentlichung zu verhindern.