Ohne eine Amnestie für die rund 5.600 kurdischen politischen Gefangenen in der Türkei darf Ankara von der EU keinen Termin für den Beginn von Beitrittsverhandlungen bekommen. Diese Forderung hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Donnerstag an alle Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten gerichtet. "Nach 20 Jahren Bürgerkrieg hat in diesem Land ein demokratischer Rechtsstaat nur dann eine Chance, wenn die türkische Regierung die bereits seit 80 Jahren andauernde Verfolgung der kurdischen Volksgruppe beendet", schrieb der Präsident der GfbV International, Tilman Zülch, in den nach Kopenhagen zum EU-Gipfeltreffen gefaxten Appellen an die Politiker. Die Freilassung der politischen Gefangenen - unter ihnen die kurdische Parlamentarierin Leyla Zana - sei für die Kurden, die ein Viertel der Gesamtbevölkerung der Türkei stellen, Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden: "Bitte tragen Sie dazu bei, dass sich das Verhältnis zwischen Türken und Kurden normalisieren kann und dort europäische Maßstäbe der Behandlung von ethnischen Minderheiten einkehren."
Am Donnerstag beginnt in Kopenhagen das zweitägige Gipfeltreffen der EU. Sie werden dort die Erweiterung der Gemeinschaft um zehn vorwiegend mittel- und osteuropäische Staaten besiegeln sowie über den weiteren Beitrittsprozess der Türkei entscheiden.
Im Zeichen der Versöhnung und Wiedergutmachung für die rund 2,5 Millionen vertriebenen Kurden in der Türkei steht auch die diesjährige deutschlandweite Weihnachtsaktion der GfbV. Am kommenden Mittwoch (18.12.) werden in 27 Städten und Gemeinden an Bürgermeister oder Ratsabgeordnete Entschließungsvorschläge übergeben mit der Bitte, den Appell an die Bundesregierung zu richten, den Wiederaufbau der zerstörten 3.428 kurdischen Dörfer im Südosten der Türkei zu unterstützen.