Bozen, Göttingen, 23. Mai 2003
Zum zehnjährigen Bestehen des UN-
Kriegsverbrechertribunals für Ex-Jugoslawien (25.05.) hat
der Präsident der Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV), Tilman Zülch, die Arbeit des Haager Tribunals als
"einzigen wirklich erfolgreichen Beitrag" der internationalen
Staatengemeinschaft zur Wiederherstellung eines multikulturellen
Bosnien-Herzegowinas gewürdigt. "Erstmals seit den
Nürnberger Prozessen wurden dank des konsequenten,
couragierten und unbestechlichen Einsatzes von
Chefanklägerin Carla del Ponte und ihres Vorgängers
Richard Goldstone Urteile wegen Verstoßes gegen die UN-
Konvention zur Verhütung und Bestrafung des
Völkermordes gefällt", sagte Zülch. So seien
serbische und kroatische Täter wegen Führung eines
Angriffskrieges und wegen Völkermords in Bosnien-Herzegowina
zur Rechenschaft gezogen worden. Dies sei ein wesentlicher
Beitrag für Vergangenheitsbewältigung und
Versöhnung der ethnischen und religiösen Gemeinschaften
in Bosnien.
Von der internationalen Staatengemeinschaft forderte Zülch,
dass die Behörden der serbisch kontrollierten Teilrepublik
Bosniens endlich durchforstet werden nach mutmaßlichen
Kriegsverbrechern. In dieser so genannten Republika Srbska sei
die Administration noch immer beherrscht von Funktionären
der SDS, der Partei des mutmaßlichen Kriegsverbrechers
Radovan Karadzic. Unter ihnen müssten sich auch mindestens
500 Todesschützen von Srebrenica befinden.
Mit dem Friedensabkommen von Dayton 1995 und der Teilung Bosniens
durch die Gründung der so genannten Republika Srbska habe
die internationale Gemeinschaft ein Land zerstört, in dem
seit acht Jahrhunderten viele ethnische und religiöse
Gemeinschaften friedlich zusammengelebt hätten, kritisierte
der Menschenrechtler. So seien die "ethnischen Säuberungen"
zementiert und eine Massenrückkehr der Vertriebenen bis
heute verhindert worden.