Bozen, Göttingen, 7. Mai 2004
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der
nigerianischen Regierung am Freitag vorgeworfen, für
Massaker von Christen an Muslimen mitverantwortlich zu sein,
denen seit Sonntag 630 Menschen in der Stadt Yelwa in
Zentralnigeria zum Opfer gefallen sind. "Hunderte Menschenleben
hätten gerettet werden können, wenn die Behörden
rechtzeitig den Schutz der in der Stadt lebenden Muslime
verstärkt und sich um eine Vermittlung zwischen Christen und
Muslimen bemüht hätten", erklärte der
GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Vor dem Massaker seien in den
vergangenen drei Monaten bereits 400 Menschen bei
Zusammenstößen in der Umgebung der Stadt Yelwa
getötet worden. "Doch die Regierung blieb untätig,
obwohl sie eigentlich für Frieden und Sicherheit sorgen
sollte", kritisierte Delius. Wahrscheinlich werde die Zahl der
Toten noch weiter ansteigen, da sich unter den 1.500 Verletzten
noch 600 Schwerverletzte befänden und viele Menschen noch
vermisst würden.
Das schreckliche Massaker sei kein Genozid, sondern Ausdruck der
enormen wirtschaftlichen, sozialen, ethnischen und
religiösen Spannungen in Zentralnigeria, sagte der
Menschenrechtler. Sprecher der Muslime in Yelwa hatten gestern
erklärt, sie seien Opfer eines Völkermordes.
Hätten früher christliche Bauern und muslimische
Nomaden in der mehrheitlich von Christen besiedelten Region
relativ friedlich zusammengelebt, so seien die Spannungen
zwischen beiden Gruppen aufgrund des immer knapper werdenden
Landes und wirtschaftlicher Probleme seit dem Jahr 2000
eskaliert, berichtete Delius. Im September 2001 seien bei
schweren Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen in
der Stadt Jos (Zentralnigeria) bis zu 1.000 Menschen getötet
worden. Seither käme es fast wöchentlich zu
Überfällen auf Dörfer in Zentralnigeria, bei denen
Menschen mit Macheten und Schnellfeuerwaffen getötet,
Moscheen und Kirchen in Brand gesetzt und Häuser
zerstört würden.