Bozen, Göttingen, 16. August 2004
Mit Empörung hat die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) auf die Verurteilung von neun vietnamesischen
Ureinwohnern zu hohen Haftstrafen reagiert. "Statt die
Verantwortlichen für die Massaker an Ureinwohnern im April
2004 zur Rechenschaft zu ziehen, verweigert Vietnams
Unrechtsjustiz den indigenen Völkern wieder einmal die
Gerechtigkeit", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius
am Montag in Göttingen. Die Ureinwohner von der Gruppe der
Ede waren Mittwoch und Donnerstag vergangener Woche zu
Haftstrafen zwischen fünf und zwölf Jahren verurteilt
worden, weil sie Ostern an Demonstrationen der Indigenen für
mehr Religionsfreiheit und die Anerkennung ihrer Landrechte
mitgewirkt hatten. Die Proteste waren blutig niedergeschlagen
worden. Nach Informationen der Menschenrechtsorganisation Human
Rights Watch waren damals mindestens zehn Ureinwohner
getötet und Dutzende verletzt worden. Betroffene
schätzen, dass die Zahl der Getöteten weit höher
liegt. Das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte hatte
weltweit Aufsehen erregt. Bislang wurde keiner der
Verantwortlichen für das Blutbad zur Rechenschaft
gezogen.
Die vor allem im Bergland lebende indigene Bevölkerung
Vietnams wird sowohl aufgrund ihres überwiegend
protestantischen Glaubens als auch wegen ihrer Proteste gegen den
Verlust ihres traditionellen Territoriums verfolgt. Zehntausende
Ureinwohner haben ihr Land an Kaffeeplantagen verloren. Vietnam
ist Deutschlands zweitwichtigster Lieferant für Rohkaffee.
Rund zwei Drittel der eine Million Protestanten in Vietnam sind
Ureinwohner. Die Protestanten stellen 1,2 Prozent, die sieben
Millionen Katholiken zehn Prozent der Gesamtbevölkerung.