Bozen, Göttingen, 2. Dezember 2005
Auch 25 Jahre nach der offiziellen Abschaffung der Sklaverei
leidet Mauretanien nach Recherchen der Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) noch immer unter den Folgen
Jahrhunderte langer Sklaverei. Anlässlich des
internationalen Tages für die Abschaffung der Sklaverei
(02.Dezember) erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius
am Freitag: "Nur sehr zögerlich ließ die mauretanische
Regierung in den letzten Monaten zu, dass in der
Öffentlichkeit nach Jahren der Tabuisierung über
Sklaverei nun endlich frei gesprochen werden darf." Dies sei zwar
ein erster Schritt in die richtige Richtung. Doch Sklaverei sei
in der Gesellschaft des nordwestafrikanischen Landes noch immer
ein großes Problem.
Dies zeige zum Beispiel der Fall des 14-jährigen
Mädchens Khadama, die im Oktober 2005 aus der
Leibeigenschaft flüchten konnte. Bereits vor Jahren war sie
von ihrer auf dem Land lebenden Familie in die Hauptstadt
Nouakchott in eine Familie geschickt worden in der Hoffnung, eine
gute Schulbildung zu bekommen. Doch statt das Mädchen zur
Schule gehen zu lassen, musste es Jahre lang gemeinsam mit ihrer
Cousine M'barka unentgeltlich Hausarbeit leisten. Erst als ihre
"Herrin" während des Ramadan in den benachbarten Senegal
reiste, wagte Khadama aus der Leibeigenschaft zu fliehen. Hilfe
fand sie bei der Menschenrechtsorganisation "SOS Sklaven" (SOS
Esclaves), die ihren Fall der Polizei und dem Innenminister
vortrug. Doch statt die Sklavenhalterin zu bestrafen, wurde ein
Verfahren gegen ihren ebenfalls versklavte Cousine eingeleitet.
Ihr wird "unerlaubter Geschlechtsverkehr" vorgeworfen, weil sie
von ihren Sklavenhaltern vergewaltigt wurde und ein Kind
erwartet, ohne verheiratet zu sein.
Der Fall der beiden Mädchen stehe beispielhaft für das
Schicksal zehntausender Schwarzafrikaner, sagte Delius. Diese so
genannten Haratin lebten noch immer vor allem in den
ländlichen Gebieten Mauretaniens unter Sklaverei
ähnlichen Bedingungen. Die Haratin bilden die unterste
gesellschaftliche Schicht in dem Wüstenstaat.
Selbsthilfeorganisationen wie "SOS Sklaven" wurden jahrelang
kriminalisiert, ihre Mitglieder inhaftiert. "Ein kleiner
Hoffnungsschimmer ist nun, dass im Mai 2005 "SOS Sklaven" endlich
offiziell als Verein registriert werden durfte", erklärte
Delius.