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EU unterzeichnet Freihandelsvertrag mit Vietnam (2. Dezember)

Menschenrechte contra Wirtschaft - Vertane Chance für Menschenrechte

Bozen, Göttingen, 2. Dezember 2015

Mädchen bei der Arbeit in Vietnam. © ILO in Asia and the Pacific via Flickr. Mädchen bei der Arbeit in Vietnam. © ILO in Asia and the Pacific via Flickr.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisiert die Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens der Europäischen Union (EU) mit Vietnam, weil das Vertragswerk Menschenrechte nicht ausreichend berücksichtigt und schützt. "Wirtschaftsinteressen hatten hier eindeutig Vorrang vor Menschenrechtsfragen. Um jeden Preis wollte die EU Handelshemmnisse mit dem wirtschaftlich vielversprechenden Partnerland abbauen. Dass Vietnam ein totalitär regierter Staat ist, in dem es weder Presse-, Meinungs-, Versammlungs- noch Religionsfreiheit gibt, scheint kaum zu interessieren. So verrät die EU ihre eigenen Grundwerte", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Wir vermissen vor allem die Einrichtung einer Beschwerde-Instanz, die die Eingaben von Opfern mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen unabhängig prüft. Dies ist umso bedauerlicher, weil dieses Abkommen nach dem Willen der EU Modellcharakter für zukünftige Freihandelsverträge haben soll."

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hatte bei der Vorstellung der Grundzüge des Abkommens am 4. August 2015 die Berücksichtigung der Menschenrechte hervorgehoben. Man habe Arbeitnehmerrechte und die Nachhaltigkeit in dem Vertragswerk verankert. Sollte es zu größeren Menschenrechts- und Vertragsverletzungen kommen, könne man das Abkommen ja jederzeit kündigen, hatte sie erklärt. "Doch ein solches Ausstiegsszenario ist weder realistisch noch glaubwürdig", sagte Delius. "Dieses Abkommen wird die Ein-Parteien-Herrschaft in Vietnam weiter stärken und Menschenrechten damit einen Bärendienst erweisen."

"Menschenrechte umfassen mehr als Arbeitnehmerrechte, so begrüßenswert deren Schutz auch ist", sagte Delius. "Dieses Abkommen gibt zum Beispiel den Opfern von Landraub und Enteignung sowie den Kritikern neuer Großprojekte keine Rechte." In Vietnam werden zurzeit mehrere Dutzend Menschen wegen ihres Widerstands gegen Landraub und Enteignung in Gefängnissen festgehalten. Viele dieser politischen Gefangenen sind Angehörige ethnischer Minderheiten oder indigener Völker. Andere wehrten sich gegen die Enteignung von Kirchenland. So wurden im April 2014 sieben Bauern wegen Protesten gegen Landraub festgenommen und zu sechs bis 22 Monaten Haft verurteilt. Im Juli 2015 wurden sechs gegen Enteignungen protestierende Bauern festgenommen. Die Landrechtsaktivistin und engagierte Protestantin Ho Thi Bich Khuong wurde im Dezember 2011 zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie im Internet Kampagnen zum Schutz der Landrechte initiierte.

Auch Kritiker von großen Bergbauprojekten, wie der Menschenrechtler Cu Huy Ha Vu, wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Im günstigsten Fall droht ihnen nach Verbüßung der Strafe die Ausbürgerung. So wurde Vu, der sich gegen Bauxit-Bergbau wehrte, nach Verbüßung der Hälfte seiner siebenjährigen Strafe im Jahr 2014 freigelassen und ausgebürgert.