In: Home > News > Montenegro: Gewalt nach Wahlen. Ausschreitungen bedrohen Stabilität der Region
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Bozen, Göttingen, Sarajevo, 7. September 2020
Sveti Stefan, Montenegro. Foto: Mauro di Vieste.
Im Nachgang der Parlamentswahl in Montenegro kam es in den
letzten Tagen zu Gewaltausbrüchen, die die Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV) für besorgniserregend
hält. Nachdem die Opposition am 30. August 2020 eine knappe
Mehrheit errungen hatte, wurden während der Feiern zum
Wahlsieg unter anderem in der Stadt Pljevlja Büroräume
von Minderheiten angegriffen. "In Vertretungen der Islamischen
Gemeinde wurden Fenster eingeschlagen und Drohbotschaften
hinterlassen, in denen mit einem ‚neuen Srebrenica' gedroht
wird", berichtet Belma Zulcic, Direktorin der GfbV-Sektion
Bosnien und Herzegowina. "Die Ausschreitungen drohen die gesamte
Region des Westbalkans zu destabilisieren."
Die größtenteils religiös-nationalistischen und
proserbischen Oppositionsparteien widersetzen sich dem
anstehenden EU-Beitritt Montenegros und streben eine engere
Bindung des Landes an Serbien und Russland an. "Es gibt schon
länger Anzeichen dafür, dass russische und serbische
Sicherheitskräfte versuchen, Montenegro zu destabilisieren,
vor allem seit NATO-Beitritt des Landes im Jahre 2017",
erklärt Zulcic. "Auch während des Wahlkampfes
schürten einige Oppositionsparteien Verunsicherung und
Hass." Sie hätten Kriegsverbrecher und deren Taten
verherrlicht und für Errichtung von Denkmälern für
Faschisten und Verbrecher geworben. "Die EU und die NATO haben
eine besondere Verantwortung, eine Eskalation in Montenegro zu
verhindern und die Sicherheit der Minderheiten
gewährleisten", so Zulcic. "Eine Destabilisierung des Landes
würde sich auf die gesamte Region auswirken und den
EU-Beitritt der Westbalkan-Länder noch weiter
verzögern." Montenegro müsse als NATO-Mitglied zur
Stabilität der Region beitragen.
Die Parteien, die nun 41 von den insgesamt 81 Parlamentssitzen im
montenegrinischen Parlament besetzen, haben bereits
angekündigt, dass sie den Austritt aus dem NATO-Verband und
eine Distanzierung von der EU fordern werden. Sie wollen den
Volksentscheid für die Unabhängigkeit Montenegros aus
dem Jahre 2006 aufheben und Kosovo nicht mehr als Staat
anerkennen. "In einer Zeit, in der ein Abkommen zwischen Serbien
und Kosovo intensiv vorbereitet wird, sind solche
Ankündigungen gefährlich", warnt Zulcic. "Sie
könnten auch über Montenegro hinaus zu einer erneuten
Eskalation von Gewalt beitragen."
In Montenegro leben nach der letzten Volkszählung im Jahre
2011 etwa 620.000 Menschen. Mit 44,98 Prozent der
Bevölkerung gehören die meisten zur montenegrinischen
Volksgruppe, 28,73 Prozent zur serbischen, 8,65 zur bosniakischen
und 4,91 zur albanischen. Dazu kommen diverse kleinere
Minderheiten.
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2020/200824de.html |
www.gfbv.it/2c-stampa/2009/090714de.html
| www.gfbv.it/3dossier/sinti-rom/montenegro.html
| www.gfbv.it/3dossier/bosnia/mladic-leone-de.html
in www: www.irmct.org