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Protestmarsch gegen Gewalt in Kolumbien

Zehntausend Indigene marschieren nach Bogotá

Bozen, Göttingen, 16. Oktober 2020

Wayuu Frau, Guajira Kolumbien. Foto: Jenni Contreras CC BY 2.0. Wayuu Frau, Guajira Kolumbien. Foto: Jenni Contreras CC BY 2.0.

Ein Protestmarsch aus etwa zehntausend Indigenen bewegt sich auf Kolumbiens Hauptstadt Bogotá zu. Einige der Protestierenden sind schon seit einer Woche unterwegs. Am vergangenen Montag, den 12. Oktober, kamen die Indigenen in der Stadt Cali an. Dort wollten sie mit dem Präsidenten Ivan Duque sprechen, der aber und lediglich eine Delegation entsandte. "Nach zwei Tagen ergebnisloser Gespräche ziehen die Indigenen weiter zur Hauptstadt", berichtet Juliana Miyazaki, Referentin für indigene Völker bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). "Sie sind am Mittwochmorgen aufgebrochen und werden in Armenia, Ibagué, Fusagasuga und Soacha anhalten und demonstrieren. Am kommenden Montag, den 19. Oktober, wollen sie Bogotá erreichen."

Der Protestmarsch, auch Minga genannt, begann in Cauca im Südwesten des Landes. Die Region hat einen hohen indigenen Bevölkerungsanteil. Nach Angaben der UNO ist sie eines der am stärksten von anti-indigener Gewalt betroffenen Gebiete. Allein in diesem Jahr habe es mindestens 42 Massaker gegeben. Das ist der schlimmste Ansturm bewaffneter Gruppen seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens. In diesem Jahr wurden dort bereits 76 führende Indigene getötet.

"Die Indigenen protestieren gegen den Verlust ihrer Lebensräume, die Ermordung von Indigenen und wachsende Unsicherheit in ihren Gebieten. Sie fordern die vollständige Umsetzung des 2016 mit der damaligen Guerillagruppe FARC unterzeichneten Friedensabkommens sowie das Recht, bei der Umsetzung großer Bauprojekte in ihren Territorien konsultiert zu werden", erklärt Miyazaki.

Etwa 4,5 Prozent der 50 Millionen Einwohner Kolumbiens sind indigen. Das Friedensabkommen von 2016 hat die politische Gewalt von mehr als sechs Jahrzehnten im Land verringert. Doch der Konflikt hat sich in den letzten Wochen mit Dutzenden von Massakern verschärft. Seit dem Amtsantritt des Präsidenten im August 2018 gab nach Angaben indigener Organisationen 167 Morde an Indigenen.

Das Wort Minga (mink'a in der Quechua-Sprache) bezeichnet eine alte Tradition der Gemeinschafts- oder Kollektivarbeit für soziale Zwecke. Die indigenen Organisationen in Kolumbien arbeiten seit 1980 nach vier Gründungsprinzipien: Einheit, Land(recht), Kultur und Autonomie. Das Konzept der Minga umgibt diese vier Prinzipien. Eine Minga ruft die Kraft und die Einheit aller indigenen Völker zugunsten eines Ziels auf: die Einforderung der indigenen Rechte. In den letzten Jahren haben die indigenen Völker Kolumbiens die Minga als Mechanismus genutzt, um gehört zu werden und bei der Regierung einen Raum für ihre Forderungen zu finden oder ihre Unzufriedenheit mit dem, was sie in ihren Territorien erleben, zum Ausdruck zu bringen.