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ROMANI ROSE, Vorsitzender des Zentralrates der Sinti und Roma in Deutschland

Grußwort zum Festakt am 7. Dezember 2008 in Göttingen

Göttingen, Bozen, 16. März 2009

Romani Rose (m.) mit Sinti-Bürgerrechtlern beim Welt Roma Kongress in Göttingen, 1981. Romani Rose (m.) mit Sinti-Bürgerrechtlern beim Welt Roma Kongress in Göttingen, 1981.

Mehr als jede andere Menschenrechtsorganisation hat sich die Gesellschaft für bedrohte Völker seit vielen Jahrzehnten große Verdienste erworben im Kampf um die Rechte und die gesellschaftliche und politische Anerkennung der deutschen Sinti und Roma. Das gilt ebenso für die Wahrung der Rechte der Roma-Minderheiten in den anderen Ländern Europas. Bei dem Aufbau der neuen Bürgerrechtsbewegung der deutschen Sinti und Roma im Jahre 1979, bei der sich erstmals auch unsere jüngere nach 1945 geborene Generation engagierte, kam der Gesellschaft für bedrohte Völker eine wichtige Rolle zu.

Dazu war vor ihr keine andere Organisation bereit gewesen, auch keiner der Verbände, die in Deutschland eigens für die Aufarbeitung der Vergangenheit oder für die KZ-Gedenkstättenpflege gegründet wurden. Im Herbst 1978 führten die Kontakte des "Verbandes Deutscher Sinti" und der "Internationalen Romani Union" zur Gesellschaft für bedrohte Völker erstmals zu einer systematischen Öffentlichkeitsarbeit für die Bürgerrechte der Sinti und Roma in der Bundesrepublik.

Mit ihren Erfahrungen in der Arbeit für Minderheiten schaffen die Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation zunächst den Sprechern der Sinti und Roma und ihren Organisationen ein erstes Forum, damit sie endlich in der Öffentlichkeit Gehör fanden. In enger Abstimmung mit der Gesellschaft für bedrohte Völker machten ab Herbst 1979 der Verband Deutscher Sinti und weitere neu entstandene regionale Organisationen unter Einschaltung von Presse, Rundfunk und Fernsehen auf den vergessenen Holocaust und auf gravierende Fälle behördlicher Rassendiskriminierung und auf fortgesetztes Unrecht immer deutlicher aufmerksam.

Im September 1979 gab Tilman Zülch für die GfbV den Sammelband "In Auschwitz vergast, bis heute verfolgt" heraus, der damals zum wichtigsten Buch für den Beginn der Bürgerrechtsarbeit der deutschen Sinti und Roma in der Bundesrepublik wurde. Besondere historische Bedeutung hatte die gemeinsam mit der GfbV veranstaltete erste internationale Gedenkkundgebung für die 500.000 von den Nazis ermordeten Sinti und Roma im ehemaligen KZ Bergen-Belsen.

Bei dieser Kundgebung sprach auch die damalige Präsidentin des Europaparlaments, Simone Veil, sprach, die als Jüdin selbst Überlebende des KZ Bergen-Belsen ist. Von dieser Veranstaltung ging die Forderung an die Bundesregierung zur Anerkennung des Völkermordes und der Entschädigung für die Überlebenden aus. Diese gesamte Arbeit der GfbV war in besonderem Maße verbunden mit der Person ihres damaligen Vorstandsmitglieds, Fritz Greußing, der in den Folgejahren auch maßgebliche Arbeit bei dem Aufbau des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma leistete.

Durch die organisatorische Mitwirkung der Gesellschaft für bedrohte Völker gelang es auch, den Dritten Roma-Weltkongress 1981 mit 300 Teilnehmern aus 21 Staaten abzuhalten. Auf dem Kongress in Göttingen hielten Simon Wiesenthal, Heinz Galinski und weitere Gäste international in den Medien beachtete Reden. In der Zeitschrift und Buchreihe "pogrom" sind anschließend immer wieder wichtige Veröffentlichungen der GfbV zum Thema der Rechte für Sinti und Roma erschienen.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker - insbesondere mit ihrer langjährigen Roma-Referentin Kathrin Reemtsma - war immer auch die wichtigste Fürsprecherin und politische Kämpferin für die Menschenrechte der Roma-Minderheiten im Kosovo und in anderen Teilen Südost-Europas, die von Bürgerkriegen betroffenen waren. Ihr Einsatz galt genauso den Rechten der Flüchtlinge aus diesen bedrohten Gebieten. Wir sind der GfbV zu großem Dank verpflichtet.

Aus pogrom-bedrohte Völker 251 (6/2008)