Gesellschaft für bedrohte Völker LogoHOME | INFO | NEWS | >> DOSSIER | BACHECA / TERMINE | EDICOLA / KIOSK | LADIN

Sinti und Roma

"Welche Politik für Roma und Sinti in Südtirol?"

Runder Tisch Eurac, Bozen, 26. Oktober 2004

Inhalt
>> Die "campi nomadi" oder wo beginnt die Planung?, von Gertrud Tauber, Architektin

>> Wohnwagen und Häuser oder verschiedene sozial-kulturelle Systeme, von Elisabeth Tauber, Ethnologin

>> Roma-Lager in Italien und Gesundheit der Kinder, von Lorenzo Monasta, Medizinsoziologe

>> Der "gefährliche Zigeuner" und andere Geschichten, die den Mechanismus der Verbreitung von Vorurteilen in Gang setzen, von Paola Dispoto, Caritas

Die "campi nomadi" oder wo beginnt die Planung? .:: oben ::.

Gertrud Tauber, Architektin

Die "campi nomadi" werden seit über 20 Jahren in den Städten Italiens als Wohnlösung für Roma und Sinti herangezogen. Die Auswirkungen werden im urbanen Raum sichtbar. Die Problematik der "campi nomadi" liegt bereits in der Konzeption. Dieser Beitrag hinterfragt das Konzept der "campi nomadi" und stellt ein Projekt vor, das erstens eine Neudefinierung der "campi nomadi" vorsieht und zweitens einen Planungsprozess beschreibt, der für mich als Planerin die Basis bildet, um auf die Problematik zu reagieren.

Hauptproblem der "campi nomadi" aus planerischer Sicht ist die Tatsache, dass sie als temporärer Übergangslösung ausgewiesen werden. Dementsprechend ist ihre Situierung im städtebaulichen Kontext und ihre hygienisch sanitäre Ausstattung. Sie befinden sich auf jenen Arealen der Stadt, die für die Stadt keinen qualitativen Nutzwert haben: zwischen und unter Autobahn und Schnellstrasse, neben Kläranlagen und Recyclinghöfen. Orte, die unweigerlich zu Orten der Ausgrenzung werden.

Obwohl wir es mit Wohnsiedlungen zu tun haben, fallen die "campi nomadi" im Bauleitplan nicht in die Kategorie von Wohnzonen und Wohnsiedlungen, sondern in die Kategorie "Zone für öffentliche übergemeindliche Einrichtungen". Der "campo" in Bozen, der neben Trient der größte der Region ist, veranschaulicht am deutlichsten, wohin die Planung und städtebauliche Implementierung der "campi nomadi" in den letzten 25 Jahren geführt hat. Fehlplanungen und Misere wiederholen sich, wenn wir uns die Lage der "campi" in weiteren Gemeinden und Städten Südtirols (Meran, Brixen, Lana, Pfatten) anschauen.

Welche planerischen Schritte sind notwendig, um die "campi" einerseits städtebaulich zu integrieren und andererseits so zu konzipieren, dass sie auf die Bedürfnisse der Bewohner reagieren? Anhand des "campo nomadi" in Brixen habe ich ausgehend von einem partizipativen Planungsprozess konkret an einem Projektmodell gearbeitet. Ziel war es einerseits den Wohnwagenplatz für Sinti städtebaulich neu einzubetten und andererseits auf die räumlichen Gesetzmäßigkeiten und Bedürfnisse der Sintifamilien zu reagieren. Um dies zu erreichen war ein konstanter Austausch zwischen mir und den Familien unumgänglich.

In mehreren aufeinander folgenden workshops haben wir einen städtebaulichen Lösungsvorschlag ausgearbeitet und im weiteren räumliche Konzepte ausformuliert, in Skizzen, Zeichnungen und anhand von Arbeitsmodellen dreidimensional umgesetzt. Ergebnis ist ein Wohnwagenplatz, dessen Basis eine "piazzola" bildet, bestehend aus einer Einheit für Wohnen und Sanitär für jede Familie, einen Gemeinschaftsplatz und einen Parkplatz. Die Größe der "piazzola" und der Wohn- Sanitäreinheit ist für jede Familie gleich. Abhängig von der Anzahl der Familien kann der Wohnplatz ausgerichtet und gestaltet werden.

Das erarbeitete Wohnmodell hat Allgemeingültigkeit für die Wohnwagenplätze für Sinti was die räumlichen Unterteilungen betrifft. Die Gestaltung und Anneinaderreihung muss jedoch mit den Familien in den verschiedenen Städten eigens ausgearbeitet werden.

Abschliessend möchte ich die für die Planung wesentlichen Punkte zusammenfassen:


Wohnwagen und Häuser oder verschiedene sozial-kulturelle Systeme .:: oben ::.

Elisabeth Tauber, Ethnologin

Über die Weitergabe von Besitz artikulieren sich soziale Beziehungen zwischen den Generationen, zwischen Mann und Frau, in der Konstruktion der Geschlechterrollen, zwischen Stadt und Land, zwischen Dörfern. Die nicht immer gleichberechtigte Aufteilung zwischen den Nachkommen hat Migrationsbewegungen zur Folge und beeinflußt Heiratsbeziehungen. Die Bindung an den Boden und die Weitergabe von Immobilien beschäftigt auch die gegenwärtige moderne deutsch-und italienischsprachige Generation auf jeweils unterschiedliche Weise. Ein grundsätzliches Thema dieser deutsch und italienischen Gesellschaft ist materieller Besitz, der von der vohergehenden Generation erworben wird und an die nächste Generation weitergegeben wird. Dabei ist unbestreitbar, dass es auch in dieser Region viele gibt, die nicht zu den Besitzenden gehören, und damit nicht direkt von diesem System berührt werden.

Aber im heutigen Beitrag geht es nicht darum dieses Gesellschaftsmodell zu analysieren, sondern aufzuzeigen, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt sozial-kulturelle Beziehungen zwischen den Generationen zu etablieren und ein soziales und kulturelles Erbe weiterzugeben. Die verschiedenen Modelle, das parifizierte und das geschlossene, artikulieren sich auf demselben geographischen Territorium.

So wie das dritte Modell, das hier durch einen Wohnwagen repräsentiert wird, ein weiteres sozial-kulturelles Modell darstellt. Genauso wie die beiden Höfe repräsentiert dieser Wohnwagen eine analytische Kategorie, die ich neben die der parifizierten und die der geschlossenen hinstelle. Warum? Weil die Wohnwagen der Sinti sich seit Generationen auf eben diesem geographischen Territorium befinden wie die verschiedenen Höfe auch. Während die Besitzer und Bewohner der Höfe sich über ihre Bindung an besitzenden Boden definieren, und auch die Beziehung zwischen den Generationen danach ausgerichtet ist, ist das für die Sintifamilien nicht so. Ihre Wohnwagen und damit ihre sozialen Beziehungen bewegen sich immer auf einem weiteren, wenn auch immer regional begrenzten Territorium, ihre Bindung zwischen den Generationen wird aber nicht durch Bindung an Grundbesitz geprägt.

Wenn die Eltern sterben, werden die Wohnwagen verbrannt. Alles was der Verstorbene zurücklässt, Bargeld zum Beispiel, wird nicht von den Nachkommen verwendet sondern für den Verstorbenen, zum Beispiel sein besonders gestaltetes Grabmahl, ausgegeben. Jede Generation beginnt von Neuem, sie baut auf keiner materiellen Basis auf, sondern auf dem Respekt und der Erinnerung für den Verstorbenen. Dieser Respekt ist das was die Beziehung zwischen den lebenden Sinti und zwischen Lebenden und Verstorben prägt. Nicht nur, aber auch und vor allem über die Erinnerung und den Respekt für ihre Verstorbenen wird die Präsenz der Sinti auf einem bestimmten Territorium gekennzeichnet. Die Weitergabe eines Erbe artikuliert sich in einem filigranen und subtilen Kommunikationssystem, das nach Außen nicht sichtbar ist. Die kulturelle Kontinuität der Sinti wird nicht über den Erhalt von Besitz gesichert, sondern über ein von außen nicht greifbares und nicht sichtbares System des Respektes vor den Verstorbenen.

Wenn wir die drei Modelle, das des geschlossenen Hofes, das des parifizierten und das des Respektes gegenüberstellen, dann wird folgendes ersichtlich:

Das hat zur Konsequenz, dass wir uns heute in einer Situation befinden, die Folge des nie berücksichtigten dritten Modelles ist. Das dritte Modell, das ich hier sehr schematisch skizziert habe, ist in seiner individuellen Gestaltung vielfältiger und macht sich gewiß nicht allein am Wohnwagen fest. Der Wohnwagen steht aber sinnbildlich für ein sozial-kulturelles System, das sich schon immer inmitten der anderen Systeme artikuliert hat.


Roma-Lager in Italien und Gesundheit der Kinder .:: oben ::.

Lorenzo Monasta, Medizinsoziologe

In Italien leben Sinti und Roma in kritischen Lebensbedingungen, wobei die Situation der Roma, die in den 90er Jahren aus Süd- und Ost-Europa nach Italien kamen, besonders besorgniserregend ist. Die Einrichtung von Lagern für die aus dem Osten stammenden Roma drückt wohl am Besten die existierenden Vorurteile aus und zeugt zudem von einem vollständigen Mangel an institutioneller Planung im Rahmen der Sozial- und Aufnahmepolitik.

Im Jahr 2001, noch bevor Wahl der Lager für diese Studie getroffen wurde, wurde eine Aufnahmestudie aller Roma-Lager in Italien gemacht. Im Rahmen des europäischen Projekts "The education of the Gypsy Childhood in Europe" habe ich diese Arbeit selbst gemacht. Die Aufnahmestudie der Lager hat wichtige Informationen hervorgebracht (geographische Lage, Herkunft der in Italien lebenden Roma), die es ermöglichten, diese Studie auf 5 Lager von Roma aus dem Kosova und aus Mazedonien zu beziehen. Die Aufnahmestudie hat dabei 155 Lager, in denen insgesamt 18.000 ausländische Roma (im Durchschnitt 115 Einwohner pro Lager) leben. Die Kosovaren und Mazedonier machen dabei je 16% und 11% dieser Bevölkerung aus, was insgesamt etwa 5.000 Personen bedeutet.

Für die Einwohner der Lager ist die Gesundheit der Kinder das Thema, das am Meisten Sorgen macht. Es wurde deshalb beschlossen, eine Studie über die möglichen Beziehungen zwischen dem Gesundheitsbild der Kinder zwischen 0 und 5 Jahren und den Lebensbedingungen in den Lagern der aus Mazedonien und Kosova stammenden Roma durchzuführen. Die fünf Lager, die dazu ausgewählt wurden, sind: das Lager Via del Poderaccio in Florenz, das Lager Via Rovelli 160 in Bergamo, der Hof 'Camafame' in Via Chiappa in Brescia, das Lager San Giuliano in Mestre/Venedig und das Lager Firmian in Bozen.

Die Arbeit in den fünf Lagern wurde zwischen Dezember 2001 und März 2002 durchgeführt, um so die Folgen des Jahreszeitenwechsels auf ein Minimum zu reduzieren. Die Studie hat in den fünf Lagern 137 Familien erfasst, die insgesamt 737 Personen, von denen 167 Kinder zwischen 0 und 5 Jahren, ausmachten. Bei der Geburt wurden 147 von 167 Kindern gewogen. 10% der Kinder (14/147) wogen bei der Geburt weniger als 2,5 kg. Laut UNICEF liegt der Prozentsatz der zwischen 1995 und 1999 untergewichtig geborenen Kinder in Italien Ibei 5%. Vergleichsweise sind die Länder, in denen 10% der Kinder mit Untergewicht geboren wird, u.a. Ägypten, Iran und Zimbabwe (Unicef. La condizione dell'infanzia nel mondo, 2001 - Prima infanzia. Unicef 2000).

32% aller Kinder (53/165) hatte in den vorhergehenden 15 Tagen Durchfall, während der Prozentsatz der Kinder mit Husten bei 55% (90/165) lag. Das Ausmass der Kinder, die in den vorhergehenden 12 Monaten an Atmungsstörungen litt, war auf bedeutende Weise vom Herkunftslager beeinflusst. Das Risiko, an Atmungsstörungen zu leiden, war bei den Kindern aus den Lagern in Florenz und Bergamo fünf Mal höher als bei den Kindern der anderen Lager (23/90 (26%) im Gegensatz zu 5/75 (7%). OR 4.8; 95% CI 1.6-15.5). Die schlechten Wohnbedingungen und die Tatsache, dass die Eltern als zu klein für ihr Alter einstuften, stehen ebenfalls in enger Beziehung mit dem Asuftreten von Atmungsstörungen im Jahr vor der Studie.

Das Auftreten von Asthma ist höher als der nationale Durchschnitt (7% zu 5,2%, bei "Dispnea mit Tinnitus in den vorgehenden 12 Monaten; 4% zu 1,4% bei wenigstens vier Anfällen von Tinnitus in den vorhergehenden 12 Monaten"). Das Ausmass der Kinder mit Asthma ändert sich zudem je nach Wohnbedingungen, wobei progressiv schlechter werdende Wohnbedingungen vermehr Asthmafälle bedeuten. In Bergamo, das überfüllteste Lager mit den schlechtesten hygienischen Bedingungen, hat den höchsten Prozentsatz an Kindern mit Asthma, gefolgt von Venedig und Florenz: von allen fünf Lagern wurde nur in diesen drei die Anwesenheit von Ratten und Hautkrankheiten gemeldet.

Die Bewohner der Lager sind sich der Verbindung zwischen Gesundheitsbild ihrer Kinder und Lebensbedingungen im Lager klar bewusst. Je nach Herkunftslager ändert sich sowohl die Anzahl als auch die Typologie der Krankheiten der Kinder, die von den Befragten genannt werden. Die Situation wird dabei von den Befragten klar analysiert, und die daraus folgenden Zusammenhänge entsprechen der konkreten Lebenssituationen voll und ganz. Eine höhere Anzahl der Krankheitsgründe wird dort identifiziert, wo die Bedingungen am Schlechtesten sind.

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen prekäre hygienisch-sanitäre Bedingungen auf, in denen ganze Familien leben. Diese Familien leben bereits seit Jahren in Italien und wollen nichts anderes, als eine normale Eingliederung in der Gesellschaft. Die kritischen Lebensbedingungen in den Lagern schaffen objektive Schwierigkeiten und fördern die Vorurteile gegenüber der Roma-Bevölkerung. Im Laufe der Jahre werden die Rechte der Kinder, die in diesen Bedingungen geboren werden und aufwachsen, systematisch verletzt. Das Recht auf den höchstmöglichen Standard physischer und psychischer Gesundheit wird dabei besonders verletzt.

Es sollten Planungseingriffe unternommen werden, um die Lager abzubauen und die dort lebende Roma-Bevölkerung so schnell wie möglich in die Gesellschaft einzugliedern. In der Zwischenzeit halten wir Eingriffe zur Normalisierung der Lebensbedingungen in den Lagern als äußerst notwendig. Tausende von Personen, die vor Diskriminierung und Krieg geflüchtet sind, befinden sich nun in einer Situation der institutionalisierten Erniedrigung, ohne jegliche Aussicht auf eine Verbesserung der eigenen Lebensbedingungen.

Die in den Institutionen herrschenden Vorurteile sind das hauptsächliche Hindernis für die Identifizierung und Ausführung definitiver Lösungen. Die Vorurteile verhindern eine nationale Politik, die die wahren Gründe der Migration nach Italien der Roma beachtet und die sie daran hindert, wieder in die Herkunftsländer zurückzugehen. Eine solche Politik aber wäre äußerst wichtig, um eine Regulierung und Integration dieser Personen zu fördern, die anstatt dessen zweckdienlich als "Nomaden" definiert werden. Es ist zudem äußerst schwierig, transparente Lösungen zu planen, die den Abbau der Lager und würdige Integrationsmöglichkeiten ermöglichen. Die Institutionen ziehen es vor, ihre Ressourcen in zeitbedingte Notlösungen zu investieren, denn auf diese Weise müssen sie die Ausgaben "zu Gunsten der Zigeuner" weniger rechtfertigen. Das rassistische Vorurteil, die Roma müssten "erzogen" werden, verhindert schlussendlich ihre Teilnahme in der Planung. So werden grundlegende Ressourcen wie das Wissen um die eigentliche Situation verschwendet, die auch ökonomisch optimale Lösungen und einen Ausweg aus den verheerenden Bedingungen der Lager ermöglichen würden.


Der "gefährliche Zigeuner" und andere Geschichten, die den Mechanismus der Verbreitung von Vorurteilen in Gang setzen .:: oben ::.

Paola Dispoto, Caritas

In Südtirol und vor allem in Bozen kommt seit einigen Jahren in den Informationsmitteln und in der geläufigen Meinung immer wieder die Auffassung hervor, die von einigen politischen Parteien gefördert wird, dass die Stadt eine "Invasion von Zigeunern" erlebt, vor allem was die Verteilung von Sozialwohnungen und die darauffolgende Verwendung von gemeinschaftlichen Räumen, wie Haushöfe, Plätze, usw., angeht. Diese Auffassung geht meist mit einer Wahrnehmung von Gefahr, Drohung und widerrechtlicher Aneignung einher.

Diese "geläufige Meinung" ist das Ergebnis von offensichtlichen Mechanismen des Aufbaus und der Wiederholung von Vorurteilen, die von der Wirklichkeit nicht bestätigt werden. Um dies zu beweisen, wurden verschiedene Quellen analysiert: statistische Daten, ein Interview mit einer Schlüsselfigur, die vom Sozialsprengel Don Bosco mit den Bewohnern und IPES-Referenten des Viertels erarbeiteten Berichte der Focus-groups.

Fangen wir mit der Überzeugung der "Invasion" an und sehen uns dazu die Daten der Sinti- und Roma-Bevölkerung in Bozen an. Die statistischen Daten bezeugen, dass die Sinti- und Roma-Bevölkerung zahlenmäßig sehr niedrig ist und gerade 0,5% der gesamten Bevölkerung ausmacht. Davon lebt nur ein Teil in Sozialwohnungen, ungefähr 220 Personen, die 0,2% darstellen und im Ganzen 46 Familien sind. Die Verteilung dieser Familien in den verschiedenen Vierteln ist nicht ausgeglichen, vor allem wenn man bedenkt, dass im Viertel Gries-Quirein nur zwei Familien (1 Sinti, 1 Roma) ansässig sind, während im Viertel Don Bosco 25 Familien (6 Roma, 19 Sinti) leben. Die "gefährlichste" Situation scheint als im Viertel Don Bosco gegeben, aber wenn wir die Roma- und Sinti-Bewohner auf die gesamten Viertelbewohner beziehen, sind die Zahlen wiederum äußerst niedrig: 8801 Gage (nicht Zigeuner) Familien und 25 Sinti- und Roma-Familien!

Sehen wir uns die "soziale Gefährlichkeit" an:
Ein wichtiger Beitrag zum Thema ist das Interview an einen Beamten der Stadtpolizei. Zur Zeit des Interviews, gegen Ende des Jahres 2003, hatten sich einige Zwischenfälle ergeben, für die hauptsächlich Minderjährige Sinti zur Verantwortung gezogen wurden. Dabei handelte es sich allerdings um den üblichen Lärm der Jugendlichen, wie Streifzüge mit dem Moped, Lärm in den Haushöfen, usw. Von einer reellen "sozialer Gefährlichkeit" kann dabei nicht die Rede sein. Andere deviante Verhaltensweisen, wie z. B. Drogenhandel, können nur auf einzelne Personen bezogen werden, die zudem von der eigenen Gruppe verurteilt und ausgegrenzt wurde. Der Beamte hat zum Schluss unterstrichen, dass sich die Situation sehr verbessert hatte.

In den Focus groups, die vom Sozialsprengel Don Bosco organisiert wurden, bezogen sich die häufigsten Klagen der Viertelbewohner auf die Konzentration der Sinti- und Roma- Familien im Viertel und auf die Unbeachtung der Hausregeln, wie z.B. die Verwendung der gemeinsamen Räume, usw. Die Berichte der IPES-Viertelvertreter sprachen auch von allarmierenden Verhaltensweisen der Sinti- und Roma-Familien in den Wohnungen. Analysieren wir also diese Daten: Die Sinti- und Roma-Familien, die wegen unkorrekten Verhaltens gemeldet wurden, waren im Ganzen nur 8. Geklagt wurde über die Unbeachtung der Hausregeln, unschickliche Balkone, Lärm der Kinder in den Ruhezeiten, Störung der Nachbarn und schlechtes Parken.

Es ist wichtig fest zu halten, dass die meisten Klagen auch auf Gage-Familien zutreffen würde, ohne das dies besondere Aufmerksamkeit erhalten würde. Da es sich dabei allerdings um "Zigeuner" handelt, werden diese Situationen von den Nachbarn mit besonderem Verdruss und Ärger erlebt. Schlussendlich können wir festlegen, dass die gesammelten Daten keineswegs einen sozialen Alarm rechtfertigen, weder im Sinn einer Invasion der Sozialwohnungen IPES noch im Sinn einer Gefährlichkeit für die Bürger. Im Gegenteil stellen wir fest, dass sämtliche Klagen und vor allem die Art und Weise wie die verschiedenen Situationen von den Bürgern beurteilt werden, beweisen, dass die Mechanismen des Aufbaus und der Festigung von Vorurteilen in unserer Provinz bestens ihr Ziel erreichen.

"Roma-Lager in Italien und Gesundheit der Kinder" und "Der "gefährliche Zigeuner" und andere Geschichten" übersetzt von Sabrina Bussani.


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/3dossier/sinti-rom/rom.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/041222ade.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/041201de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/041025de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/041018de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040823de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040422de.html | www.gfbv.it/3dossier/errc-dt.html | www.gfbv.it/3dossier/rom-dt.html | www.gfbv.it/3dossier/sinti-rom/de/rom-de.html | www.gfbv.it/3dossier/linkgfbv.html#rom

* www: roma.undp.sk | www.errc.org | www.kv-roma.at | volksgruppen.orf.at/volksgruppen/aktuell/stories/20799/ | volksgruppen.orf.at/volksgruppen/aktuell/stories/20865/ | volksgruppen.orf.at/streaming/stories/18834 | volksgruppen.orf.at/streaming/stories/19451 | www.osce.org/odihr/18148.html | www.coe.int/t/e/human_rights/esc/4_Collective_complaints/List_of_collective_complaints/

Letzte Aktual.: 9.9.2005 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/3dossier/sinti-rom/20041026-de.html | XHTML 1.0 / CSS / WAI AAA | WEBdesign, Info: M. di Vieste

HOME | INDEX DOSSIER | Versione italiana | Translate this page in English with Google >>