Offener Brief an
den Südtiroler Schützenbund, an den
Landeskommandanten Paul Bacher
Sehr geehrter Herr Bacher,
Bei allem Verständnis für Ihre Enttäuschung
über den Bozner Bürgerentscheid für den
Siegesplatz kann und darf keine deutschsprachige
Organisation in Südtirol eine "ethnische
Namenssäuberung" fordern. Zurecht weist der
Schützenbund auf die vielen faschistischen Symbole in
Südtirol hin - Denkmäler, Bauten, Orts- und
Straßennamen, Symbole einer faschistischen Ära,
die kaum schöngeredet werden kann.
Tatsächlich ist es enttäuschend, wenn die übergroße Mehrheit der italienischen Bozner an der Bezeichnung Siegesplatz festhalten will. Ihre Antwort darauf (Schützen-Pressekonferenz vom 8.10.2002), in den Gemeinden mit deutschsprachigen Mehrheiten mit einer "ethnischen Namenssäuberung" zu beginnen, ist nicht nur bedenklich, sie ist äußerst gefährlich. Ihr nachträglicher Versuch, die Aussage abzuschwächen, ist taktischer Natur. Die ethnische Namenssäuberung lebt vom Geist der ethnischen Säuberung.
Ethnisch
gesäubert wurde in Bosnien, wurde im türkischen,
syrischen, irakischen und iranischen Kurdistan, wird in
Tschetschenien, wurde von den Nazis im besetzten Europa,
von den Stalinisten in ihrem Machtbereich und ethnisch
gesäubert wurde schon einmal in Südtirol.
Gemeinsam versuchten die deutschen Nazis und die
italienischen Faschisten mit ihrer als Volksabstimmung
kaschierten Option Südtirol ethnisch zu reinen. Dieser
"Bevölkerungstransfer" ist nicht gelungen. Den
deutschen und den Südtiroler Nazis hingegen ist es
gelungen, den jüdischen Teil Südtirols
auszulöschen. Angesichts dieser von Faschismus und
Nationalsozialismus geprägten Geschichte des
"ethnischen Reinemachens", sollten Sie Ihre Forderung nach
"ethnischer Namenssäuberung" rasch zurückziehen
und sich dafür auch öffentlich
entschuldigen.
Gesellschaft für bedrohte
Völker-Südtirol