Die Gesellschaft für bedrohte Völker-international unterstützt seit Jahren mit ihrer Solidaritäts-Arbeit für Afghanistan verschiedene NGO, Frauenorganisationen und die wenig verbliebenen demokratische Gruppierungen.
Während die Menschenrechtsorganisationen versuchten, der zerschlagenen afghanischen Zivilgesellschaft ein Forum zu bieten, zeigt die Anti-Terror-Allianz nach der Befreiung von den Taliban der demokratischen Bewegung die kalte Schuler. Die internationale Schutztruppe Isaf kooperiert im Norden und im Osten Afghanistan mit den Warlords, die seit fast zwei Jahrzehnten die Politik prägen. Die Warlords, wie der sogenannte Usbeken-General Dostum, trugen mit ihrer Bürgerkriegspolitik erst dazu bei, dass die faschistoide Taliban-Bewegung entstehen konnte. Die Isaf stützt sich auf diese Kriegsherren, die nicht weniger brutal gegen die Zivilbevölkerung vorgehen wie die verjagten Taliban. Tatsächlich gibt es viele Vorwürfe an General Dostum, der verantwortlich sein soll für Massaker an gefangenen Taliban. In der Anti-Taliban-Front in Afghanistan dominieren Islamisten, die sich nur in Nuancen von den Taliban unterscheiden.
Die islamistischen Parteien, gefördert von den USA, versuchen die Ärztin Sima Samar aus der Politik auszugrenzen. Islamistische Politiker rufen sogar zum Mord an Samar auf. Sima Samar war in der afghanischen Übergangsregierung Gesundheitsministerin und ist jetzt Vorsitzende der afghanischen Menschenrechtskommission. Samar baute während der Taliban-Ära ein Netz von Untergrundschulen hauptsächlich für Mädchen auf, aber auch Selbsthilfeprojekte für Frauen und Kliniken. Diese von der Samar-Organisation Shuhada getragenen Projekte sind eine Keimzelle für ein demokratisches Afghanistan.
Shuhada braucht Geld, auch deshalb diese Benefiz-Ausstellung auf Schloß Maretsch. Die Ausstellung initierte die Kauffrau Lotte Berger, eine langjährige Afghanistan-Kennerin. Mit dem Kauf von afghanischem Kunsthandwerk können Schulen, Kliniken und Selbsthilfeprojekte unterstützt werden.
17 Uhr - Vorstellung der Initiative. Im Namen der Veranstalter, der Afghanistan-Fachfrau Lotte Berger und der Gesellschaft für bedrohte Völker, stellte Martha Stocker, Vorsitzende der Frauenbewegung in der SVP und Landtagsabgeordnete die Benefiz-Ausstellung vor.
Wie der Zivilgesellschaft in Afghanistan sinnvoll helfen? Evelina Colavita, Omid/Shuhada über Hilfsprojekte der afghanischen Frauenorganisation Shuhada, die in der Taliban-Ära Untergrundschulen und Krankenhäuser aufbaute. Die Schweizer Flüchtlingsbeamtin arbeitet eng mit der Shuhada-Vorsitzenden Sima Samar zusammen. Samar war in der Übergangsregierung Gesundheitsministerin und steht jetzt der afghanischen Menschenrechtskommission vor.
"Pax americana" - Wie anders ist Afghanistan nach den Taliban? Michael Pohly, Dozent am Institut für Iranistik an der FU Berlin, hat in seinem neuen Buch "Nach den Taliban - Afghanistan zwischen den internationalen Machtinteressen und demokratischer Erneuerung", eine negative Bilanz der Befreiung gezogen. Die "pax americana" brachte keine Demokratie und keinen Rechtsstaat, analysiert Pohly. Die Truppen der Anti-Terrorallianz paktieren mit jenen Kriegsherren, deren verheerende Politik des Bürgerkrieges in den späten achtziger Jahren das Entstehen der Taliban förderte.
Weitere
Informationen:
Shuhada - www.shuhada.org, e-mail: shuhada@qta.infolink.net.pk;
Omid - evelina.colavita@bff.admin.ch,
evcolavi@tin.it;
Gesellschaft für bedrohte Völker - www.gfbv.it, E-mail: info@gfbv.it.
Stichworte zur
Initiative:
Shuhada wurde von der Ärztin Sima Samar von den Hazara
gegründet. Shuhada betreibt Schulen und Krankenhäuser
in Zentral-Afghanistan und in den Flüchtlingslagern in
Pakistan. Die Schulen sind hauptsächlich
Bildungsstätten für Mädchen, die in der
Taliban-Ära Schulen nicht besuchen durften. In Kabul
öffnete vor kurzem eine Shuhada-Schule für mehr als 400
Schülerinnen ihren Betrieb. Die von der Schweizerin Evelina
Colavita gegründete Organisation Omid unterstützt die
Mädchen-Schulen von Shuhada mit Patenschaften (siehe
homepage der GfbV: www.gfbv.it unter Dossier) Paten stellen
jährlich Omid 150 Euro für eine Schülerin zur
Verfügung. Das Patengeld geht direkt als Unterstützung
an die betreffenden Mädchenschulen. "Die Patenschaft kommt
gut an, weil sie der Hilfe ein Gesicht gibt," beschreibt Colavita
das Konzept der Patenschaft.
Michael Pohly ist seit mehr als 20 Jahren in der Afghanistan-Solidarität aktiv. Als Arzt lebte er unter afghanischen Nomaden und bereiste immer wieder die Region. Pohly publizierte immer wieder in der Zeitschrift "pogrom" der Gesellschaft für bedrohte Völker seine Analysen zum Afghanistan-Konflikt. In den Sommermonaten war er im Auftrag der Friedrich Ebert-Stiftung der SPD in Kabul. Dort koordinierte er den Aufbau von NGO. Pohly arbeitet als Dozent am Institut für Iranistik an der Freien Universität Berlin und veröffentlichte vor kurzem gemeinsam mit dem Islam-Forscher und Terror-Experten Khaild Duran das Ullstein-Buch "Nach den Taliban". Kurz nach den verherrenden Attentaten von Al Kaida in New York und Washington publizierte Pohly die Biografie "Osama bin Laden und der internationale Terrorismus". Pohly und Duran bezeichnen den Islamismus als eine regionale Spät-Form des Faschismus. Pohly wirft der Anti-Terror-Allianz unter der Führung der USA vor, die demokratische Erneuerung Afghanistans zu hintertreiben.
Siehe Interview mit M. Pohly, erscheint in der Zeitschrift "pogrom/bedrohte Völker" der Gesellschaft für bedrohte Völker-international (Nr. 215 - 5/2002).