Bozen, 27. Mai 2003
Zu schweren Menschenrechtsverletzungen, sogar
zu Mord, kommt es derzeit in Guatemala. In den vergangenen Wochen
sind zwei Kleinbauern getötet und weitere bedroht,
beschimpft und von dem von ihnen bewirtschafteten Land vertrieben
worden.
Die Kleinbauern der Region Izabal werden immer
wieder zu Opfern von Menschenrechtsverletzungen, weil sie sich
mit Viehzüchtern und Großgrundbesitzern im Konflikt
befinden. Dieser brach aus, nachdem Bandegua, die
guatemaltekische Tochtergesellschaft des Lebensmittelkonzerns
"Del Monte Fresh Produce", die Plantage Lanquín II
verkaufen wollte. Der Orkan Mitch hatte die Plantage im Jahr 1998
verwüstet. Bandegua wollte sie daraufhin nicht wieder
instandsetzen, sondern an Viehzüchter und
Großgrundbesitzer der Umgebung verkaufen. Die
örtlichen Kleinbauern, die bislang auf der Plantage gelebt
und gearbeitet hatten, weigerten sich, ihr seit Jahren
bewirtschaftetes Land zu verlassen. Sie berufen sich dabei auf
ein Abkommen zwischen Bandegua und ihrer Gewerkschaft.
Zu den jüngsten Morden kam es, nachdem die Regierung den
Mitgliedern der Kleinbauernvereinigung CUC (Comité de
Unidad Campesina) den Zuschlag für ein umstrittenes
Grundstück in der angrenzenden Gemeinde Los Andes erteilt
hatte. Seitdem weigern sich schwer bewaffnete Männer, das
Grundstück zu verlassen. Sie arbeiten offensichtlich
für Viehzüchter bzw. Großgrundbesitzer, die sich
über die Rechte der Kleinbauern einfach hinwegsetzen.
Paramilitärische Einheiten üben das Recht des
Stärkeren aus. Sie drangsalieren die Kleinbauern, das Haus
des lokalen CUC-Sprechers Edwin Juan Colindres wird
beschattet.
Edi López Oiliva, ein Kleinbauer aus der Gemeinde
Lanquín II wurde am Abend des 21. April 2003 von
Unbekannten durch Schüsse und Macheten-Hiebe so schwer
verletzt, dass er starb. Santiago Soto, ein weiterer Bauer aus
Lanquín II, wurde am 4. Mai 2003 auf die gleiche Weise
umgebracht. Damit sind in den vergangenen zwölf Monaten
fünf lokale CUC-Mitglieder mutmaßlichem staatlichen
Mord zum Opfer gefallen. Sowohl die Generalstaatsanwaltschaft von
Guatemala-Stadt als auch die Polizei von Puerto Barrios, der
Hauptstadt der Region Izabal, hatten der Gemeinde Lanquín
II zuvor Schutzmaßnahmen zugesichert, was aber nicht
geschah.
Nach den Angaben von Augenzeugen und der Internationalen
Gesellschaft für Menschenrechte (www.igfm.de) wurden die Morde von
Paramilitärs vor den Augen von Polizisten verübt, ohne
dass diese eingriffen. Dieses Verhalten legt die Vermutung nahe,
dass die Polizisten an den Verstößen und der Ermordung
von CUC-Mitgliedern beteiligt sein könnten bzw. von
Großgrundbesitzern bezahlt werden.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert die
sofortige Einstellung der Angriffe auf die Kleinbauern der CUC;
die Verantwortlichen für die Morde und
Menschenrechtsverletzungen müssen vor Gericht gestellt
werden. Außerdem ist umgehend eine friedliche Lösung
für die Landstreitigkeiten zu suchen. Grundlage dafür
muss das Friedensabkommen von 1996 sein, das mit Hilfe der
Vereinten Nationen zustande gekommen ist. Darin wird die
Regierung verpflichtet, "eine Strategie in den ländlichen
Gebieten zu entwickeln, die den Kleinbauern den Zugang zu Land
und zu anderen Produktionsmitteln erleichtert, ihnen rechtliche
Entschädigung anbietet und die Konfliktlösung
fördert".