Bozen, Göttingen, 15. September 2003
Der Antiterror-Kampf der internationalen Staatengemeinschaft
ist nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) für eine beispiellose
Flüchtlingstragödie in dem Kleinstaat Djibouti am Horn
von Afrika verantwortlich. Der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius
warnte am Montag davor, dass die Behörden Djiboutis auf
Druck der US- Regierung die Abschiebung von rund 100.000
Flüchtlingen aus Äthiopien, Eritrea und Somaliland bis
zum heutigen Stichtag angeordnet hätten, obwohl vor allem
die Oromo-Flüchtlinge bei ihrer Rückkehr nach
Äthiopien um ihr Leben fürchten müssen. Ein Oromo-
Flüchtling, der 33 Jahre alte Ali Ibrahim Yusuf, sei bereits
in äthiopischer Haft zu Tode gefoltert worden.
"Djiboutis Regierung verletzt das Völkerrecht, nicht nur
wenn sie Flüchtlinge ohne Einzelfallprüfung pauschal
abschiebt", kritisierte Delius. "Auch internationale
Flüchtlingskonventionen werden systematisch ignoriert - mit
ungeheuerlichen Folgen." So werde es dem Verfolgerstaat
Äthiopien gestattet, seine geflohenen Staatsbürger mit
Soldaten einzufangen und nach Äthiopien zu deportieren wie
im Fall von Ali Ibrahim Yusuf. Dieser sei trotz gültiger
Papiere des UN- Flüchtlingshochkommissariats im Oktober 2002
verhaftet und von äthiopischen Soldaten in das
Militärlager Sabatenya in Äthiopien gebracht worden.
Dort sei er am 7. Februar 2003 an den Folgen von Folter
gestorben. Der äthiopische Geheimdienst operiere seit
Monaten offen in dem Kleinstaat und übe Druck auf die
Flüchtlinge aus, um sie zur Heimkehr zu bewegen.
Djibouti begründet die Abschiebungen mit
sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Erwägungen. Die
US-Botschaft in Djibouti hat jede Einflussnahme ihrerseits
bestritten. Doch lokale Behördenvertreter haben
gegenüber der Nachrichtenagentur Agence France Presse
bestätigt, dass die USA Druck ausgeübt hätten.
Mehrfach hatten die USA in den letzten Monaten vor
Terroranschlägen durch Ausländer auf ihre
Militärbasis in Djibouti gewarnt, die im Rahmen des
Antiterror- Kampfes 2002 eingerichtet worden war.
Die Oromo in Äthiopien werden pauschal beschuldigt, die
Freiheitsbewegung Oromo Liberation Front (OLF) zu
unterstützen. Im Rahmen ihres Kampfes gegen die OLF verletzt
die äthiopische Armee systematisch Menschenrechte. Seit 1992
kamen dabei 3.100 Oromo zu Tode, 886 Menschen gelten als
verschwunden.