Bozen, Göttingen, 19. September 2003
Auf das ungeklärte Schicksal von rund 20.000
verschleppten Kindern in Uganda hat die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) anlässlich des Weltkindertages
(20.09.) hingewiesen. "Die internationale Staatengemeinschaft
schweigt zu dem Horror und der Todesangst, die Kinder dort jeden
Tag erneut durchleiden müssen Sie sind ständig in
akuter Gefahr, von der Guerillabewegung Lord Resistance Army
(LRA) entführt und zwangsrekrutiert zu werden", sagte der
GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen.
Viele hatten Massaker mit ansehen müssen, bei denen auch
Kinder getötet wurden, und seien deshalb schwer
traumatisiert. Die LRA durchkämme systematisch die
Dörfer im Norden des Landes auf der Suche nach neuen
Kämpfern. In vielen Siedlungen habe es bereits mehrfach
Razzien der Guerilla gegeben. Wenn Kinder erst einmal in ihrer
Gewalt seien, seien sie selbst vor Missbrauch als Sexsklaven,
Minensucher, Spione oder menschliche Schutzschilde nicht sicher.
Aus Angst vor nächtlichen Überfällen würden
Kinder deshalb jeden Abend stundenlange Fußmärsche in
Kauf nehmen, um in den Städten Schutz zu suchen. Erst am
frühen Morgen kehrten sie nach Hause zurück.
Seit einer Offensive der ugandischen Armee gegen die LRA im
März 2002 hätten diese Verbrechen gegen die
Menschlichkeit dramatisch zugenommen, berichtete Delius. Die
LRA-Kämpfer gingen dabei mit größter
Brutalität vor und verschonten selbst Flüchtlingslager
nicht. So seien bei einem Überfall auf ein Camp in der Stadt
Soroti am 9. September ein Säugling getötet, zwei
Kinder entführt und fünf Frauen mit Machetenhieben
schwer verletzt worden. Im Bezirk Lira seien Mitte August 13
Kinder mit Macheten zu Tode gehackt worden. Nicht minder
schrecklich sei das Schicksal von 45 Kindern gewesen, die
aneinandergekettet am 15 Juli 2003 in den Fluss Moroto geworfen
worden seien, um die Wassertiefe zu testen. Die Jungen und
Mädchen im Alter von neun bis 15 Jahren seien alle
ertrunken. Allein seit Januar 2003 seien mehr als 6.000 Kinder
verschleppt worden. 80 Prozent der Bevölkerung im Norden
Ugandas, rund 800.000 Menschen, seien inzwischen
Flüchtlinge.
Kinder seien sowohl Opfer als auch Täter. Rund 90 Prozent
der LRA-Kämpfer seien in den vergangenen 17 Jahren selbst
entführt und zwangsrekrutiert worden. Die Verschleppten
würden von den Guerilla-Kämpfern zum Töten
erzogen, berichtete Delius. Entflohene Kindersoldaten
berichteten, sie seien gezwungen worden Dorfbewohner zu ermorden.
Wer versuchte zu fliehen, sei getötet worden. Zur
Abschreckung hätten sie den Leichnam eines Flüchtlings
tagelang tragen müssen, bis der Körper schon ganz
verwest gewesen sei Später seien sie angewiesen worden, sein
Hirn herauszutrennen und es überall zu zeigen.
Die LRA kämpft seit 1988 für eine Regierung, die sich
an den zehn Geboten orientiert. Viele der Opfer der
Guerillabewegung gehören ethnischen Minderheiten an, die im
Norden und Osten des Landes leben. Der Weltkindertag geht auf
eine Initiative der Vereinten Nationen zurück, die ihren
Mitgliedsstaaten 1954 empfahlen, einen "Universal Children's Day"
einzuführen. Damit soll ein weltweites Zeichen für
Kinderrechte gesetzt werden. Die Bundesrepublik Deutschland
entschied sich für den 20 September.