Bozen, Göttingen, 2. Dezember 2003
Mit der geplanten Reduzierung ihrer Truppen in Bosnien um
5.000 Mann "kapituliert" die Nato nach Auffassung der
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor den beiden
Hauptkriegsverbrechern Radovan Karadzic und Ratko Mladic.
"Für diese beiden mit internationalem Haftbefehl gesuchten
Hauptverantwortlichen für den Völkermord an 200.000
überwiegend muslimischen Bosniern muss die Verringerung der
Truppenstärke von 12.000 auf nur noch 7.000 Soldaten ein
Triumph sein", kritisierte der GfbV-Generalsekretär Tilman
Zülch am Dienstag. Die bosniakischen Rückkehrer und
Vertriebenen aus dem serbisch kontrollierten Teil des Landes
werde diese Entscheidung der Verteidigungsminister der
Nato-Länder in noch größere Verunsicherung
treiben, nationalistische Tendenzen in der Republika Srpska
jedoch würden verstärkt.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der bosnischen GfbV-Sektion, die
die Rückkehrerbewegungen unter anderem in Prijedor und
Srebrenica unterstützen, berichteten immer wieder, dass
Nichtserben dort nach wie vor mit Menschenrechtsverletzungen
rechnen müssten. Von den Behörden und
Sicherheitskräften würden viele so sehr diskriminiert
und schikaniert, dass sie zum zweiten Mal die Flucht ergreifen
müssten. Wer trotzdem bleiben wolle, bekäme
insbesondere im öffentlichen Bereich wie in Schulen, bei
Behörden oder bei der Polizei keine Arbeit, obwohl die
Bosniaken (Muslime) in weiten Teilen der Republika Srpska vor dem
Krieg in der Mehrheit waren. Dort beherrschten heute die in der
Serbischen Demokratischen Partei SDS organisierten Anhänger
von Radovan Karadzic im Wesentlichen Administration und
Politik.