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Ungesühnte Verbrechen

Die GfbV erinnert an die Völkermord-Verbrechen des deutschen Kaiserreiches und des faschistischen Italiens

Bozen, Göttingen, 13. Januar 2004

Aufgehängte HereroDie Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die deutsche Regierung aufgefordert, sich bei den Herero in Namibia für den Völkermord zu entschuldigen. Vor 100 Jahren massakrierte die damalige deutsche Schutztruppe in der früheren Kolonie Deutsch-Südwestafrika 75.000 Hereros und Namas.

Auch Italien drückte sich bisher erfolgreich an einer Entschuldigung von Völkermordverbrechen des faschistischen Italiens in Afrika vorbei. Im Winter 1929/30 startete Italien die militärische Rückeroberung des einstigen italienischen Kolonie Lybien. Dabei sollen laut Untersuchungen der italienischen Historiker Giorgio Rochat und Giulio Massobrio mehr als 40.000 (bei einer Gesamteinwohnerzahl von 800.000 Menschen) ermordet worden sein.

Den Tatbestand des Völkermordes sieht die GfbV als erfüllt an, denn die Deutsche Schutztruppe folgte damals dem Vernichtungsbefehl ihres kommandierenden Generalleutnants Lothar von Trotha, trieb die Herero nach der Niederschlagung des Aufstandes in die wasserlose Omaheke- Wüste und riegelte sie von der Außenwelt ab. Tausende von Männern, Frauen und Kinder verdursteten oder wurden von den Soldaten "von ihren Leiden erlöst". Nachdem deutsche Siedler gefordert hatten, mit den Herero auch gleich die Nama auszurotten, erhoben sich auch diese und wurden Opfer einer Politik der "verbrannten Erde" der Kolonialregierung.

Ähnlich ging das faschistische Italien in Lybien gegen die Nomadenvölker in der Cyrinaika vor. Von diesem Erfolg ermuntert startete Italien 1935 von seiner 1887 eroberten Kolonie Eritrea einen Großangriff auf das äthiopische Königreich. Eingesetzt wurden dabei Hilfstruppen aus Eritrea, mehr als eine halbe Million italienische Soldaten und Giftgas. Die äthiopische Regierung ging nach Kriegsende von mehr als 730.000 Ermordeten aus, italienische Historiker schätzen, daß dem italienischen Kolonialismus zwischen 1887 und 1941 mehr als 300.000 Menschen zum Opfer fielen. Die Journalistin Fiamma Nirenstein kritisierte vor Jahren die Verdrängung der faschistischen Kriegsverbrechen in Afrika - zugunsten der sogenannten nationalen Aussöhnung. Der Historiker Angelo Del Boca warf dem Nachkriegsitalien vor, ein Auskommen mit den Diktatoren in Lybien, Somalia und Äthiopien gesucht zu haben. Unterlassen wurde aber bisher die Anerkennung der Kriegsverbrechen und eine entsprechende Wiedergutmachung.

Diese Nichtaufarbeitung der eigenen Verbrechen war in Italien Staatspolitik: Von 259 Todesstrafen, die Italienweit verhängt wurden, wurden 168 nicht exekutiert. Von 5.594 Verurteilten wurden 5.328 nachträglich freigesprochen oder amnestiert und begnadigt. 1952 waren aus 20 Jahren Faschismus 266 Schuldige übrig geblieben. Die UN-Kriegsverbrecherkommission hatte immerhin 1.200 Italiener als Kriegsverbrecher in ihrer Liste angeführt. Sie waren verantwortlich für Massaker in Libyen (zwischen 40 und 80.000 Deportationstote, 20.000 Geflohene auf 800.000 Einwohner), in Äthiopien (zwischen 300 und 730.000 Getötete), in Slowenien (12.000 Ermordete, 40.000 Deportierte).

Der italienische Historiker Rochat klagt das faschistische Italien einer Völkermord-Politik an. Trotzdem ist kein einziger der für die Genozid-Verbrechen in Afrika Verantwortliche je bestraft worden. Die faschistischen Verbrechen Italiens in Afrika und auf dem Balkan werden mit dem Hinweis auf die viel schlimmeren Nazi-Verbrechen abgetan. Auch so kann die eigene rassistische Vergangenheit bewältigt werden - ermöglicht nach 1945 durch eine Mitte-Links-Regierung, die die Aussöhnung suchte und durch die West-Mächte, die kein Interesse an der Verfolgung von faschistischen Kriegsverbrechern zeigten.


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040107de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030905de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-1/030110de.html

* www: www.gfbv.de/volk.php?id=21 | www.museodelleintolleranze.it

Letzte Aktual.: 13.1.2004 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040113de.html | XHTML 1.0 / CSS | WEBdesign, Info: M. di Vieste
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