Bozen, Göttingen, 5. Februar 2004
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am
Donnerstag zu Beginn des Deutschland-Besuches des kongolesischen
Präsidenten Joseph Kabila eine Bestrafung der
Verantwortlichen für schwerste Menschenrechtsverletzungen in
dem zentralafrikanischen Staat gefordert. Die EU sollte den
Aufbau einer wirksamen Justiz im Kongo gezielt fördern, um
Straflosigkeit und Willkür endlich zu beenden. "Der Frieden
im Kongo ist brüchig, wie die jüngsten Angriffe auf die
UN-Friedenstruppe MONUC zeigen", erklärte der
GfbV-Afrikaexperte Ulrich Delius. Nachdrücklich müsse
Präsident Kabila aufgefordert werden, die für kommendes
Jahr geplanten Wahlen und die demokratischen Reformen nicht
länger zu verzögern. "Jede Verzögerung der
Demokratisierung erhöht die Gefahr eines neuen Krieges",
warnte Delius. Bislang hätten die Warlords nur die Macht im
Staat unter sich aufgeteilt, ohne sich glaubwürdig für
einen dauerhaften Frieden einzusetzen.
Erst gestern war ein von UN-Blauhelmsoldaten begleiteter Konvoi
von fünf Schiffen auf dem Albert See von Milizionären
beschossen worden. Mit dem Transport sollten UN-Experten zur
Untersuchung eines Massakers in das Dorf Gobu (Distrikt Ituri,
Ost-Provinz) gebracht werden, bei dem am 15. Januar 2004 nach
Berichten von Zeugen mindestens einhundert Zivilisten
getötet wurden. Lendu-Milizionäre, die eigentlich mit
dem Schutz der Passagiere mehrerer Boote betraut waren, sollen
die an Bord befindlichen Händler, Frauen und Kinder zur
Landung am Ufer gezwungen haben. Später seien Männer
und Frauen getrennt und die Männer erschossen worden. Frauen
und Kinder seien entführt und zum Abtransport der an Bord
befindlichen Waren eingesetzt worden. Mehrfach sind im Januar
2004 Einheiten der MONUC im Distrikt Ituri von Milizionären
der Union des Patriotes Congolais (UPC) angegriffen worden. So
hat die Miliz am 23. Januar 2004 ein Lager pakistanischer
UN-Soldaten beschossen.
Bei seinem gestrigen Besuch in Frankreich betonte Präsident
Kabila zwar öffentlich, alle Verantwortlichen für
schwere Menschenrechtsverletzungen müssten zur Rechenschaft
gezogen werden. "Kongos Führung ist jedoch bei der
Bekämpfung der Straflosigkeit auf einem Auge blind",
kritisierte Delius. So betreibe die Regierung Kabila die
Strafverfolgung oppositioneller Milizionäre, ignoriere aber
die Menschenrechtsverletzungen der eigenen Soldaten und
verbündeter Kräfte. So sei Kabila nicht aktiv geworden,
um den Einsatz von Kindersoldaten in der Armee und ihre Anwerbung
durch verbündete Milizen zu unterbinden.