Bozen, 1. Juli 2004
Die verschiedenen Organisationen der Minderheiten und das
Österreichische Volksgruppenzentrum kritisieren seit Jahren
die mangelnde Förderung der Sprachminderheiten. In ihrer
Kritik werden sie nun vom Rechnungshof unterstützt. Dessen
Bericht ist ein negatives Zeugnis für die
Minderheitenpolitik Österreichs. Für die GfbV eine
weitere Bestätigung, daß es Österreich mit seinem
Verfassungsauftrag zugunsten der Minderheiten nicht besonders
ernst nimmt.
Der Bericht des Rechnungshofes kritisiert recht ungeschminkt die
im Bundeskanzleramt angesiedelte Abteilung für
Volksgruppenangelegenheiten und deren Arbeit. Mit rund 3,8
Millionen Euro blieben die Volksgruppenförderung und auch
ihre Aufteilung auf die einzelnen Volksgruppen seit 1995
unverändert. Bei der Umsetzung der im Volksgruppengesetz
vorgesehenen Aufgaben kam es im Bundeskanzleramt zu
Verzögerungen, insbesondere bei der Auszahlung der
Förderungsmittel.
Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl der einzelnen
Volksgruppen bestand eine unausgewogene Verteilung der
Förderungsmittel, kritisierte außerdem der
Rechnungshof. So stellen die Ungarn ein Drittel der
Angehörigen der Minderheiten. Die ungarische
Sprachminderheit erhält aber nur 7,6 Prozent der
Förderungsmittel.
NGO-Vertreter der ungarischen Sprachminderheit haben öfters
gegen die Benachteiligung protestiert. Zuletzt stellte Ernst
Kulmann am 21. April 2004 bei einer Überprüfung der
österreichischen Volksgruppenpolitik durch das
EU-Antirassismus-Büro ECRI fest, dass er sehr wohl eine
Diskriminierung seiner Volksgruppe sehe. Die Angehörigen der
ungarischen Minderheit verlangen bei gleicher Größe
der Volksgruppen wie die Slowenen oder Kroaten gleich viel
Förderung und nicht ein Viertel dieser Gruppen, das ist laut
Kulmann eine glatte Diskriminierung.
Der gemäß dem Volksgruppengesetz jährlich dem
Nationalrat vorzulegende Bericht wurde vom Kanzleramt zuletzt
für das Haushaltsjahr 1995 erstellt. Der Rechnungshof
kritisiert, dass die anlässlich der Überprüfung
der Volksgruppenförderung im Jahr 1997 vom Bundeskanzleramt
zugesagten Bemühungen zur Steigerung der
Projektförderung nicht konsequent fortgeführt
wurden.
Wir erinnern aber auch daran, daß auch der
Verfassungsgerichtshof die Minderheitenpolitik der
österreichischen Regierung kritisierte. Immer wieder
mußten die Verfassungsrichter die Regierungen zwingen, dem
Verfassungsauftrag des Minderheitenschutzes nachzukommen. Aus
diesem Grund ist der Artikel 7 des Staatsvertrages auch nur
teilweise umgesetzt worden. Die amtierende Bundesregierung
weigert sich beharrlich, das Verfassungsgerichtsurteil zu den
zweisprachigen deutsch-slowenischen Ortsnamen in
Südkärnten umzusetzen.
Die österreichische Schutzmacht für Südtirol tritt
damit die Prinzipien des Minderheitenschutzes mit
Füßen.