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Internationaler Tag der Muttersprache

Rechte statt Folklore. Die Aufrufe zum Gebrauch der Muttersprache sind eine Farce!

Bozen, 20. Februar 2004

In der EU sind die Sprachen der Minderheiten gefährdet. Die Angehörigen alteingesessener Sprachminderheiten sind Opfer auch von sprachlicher Geringschätzung. Als Bürger ihrer Staaten und der EU werden ihnen die Mittel für ihre Bildungsinstitutionen vorenthalten. Die Folge davon ist fortschreitende kulturelle Verarmung: Wie die 1996 von der EU-Kommission veröffentlichte Studie "euromosaic" belegt, sind die Hälfte von 46 europäischen Minderheitensprachen 23 nur noch "bedingt" oder gar nicht mehr lebensfähig.

Besonders betroffen sind die Sprachminderheiten in Frankreich, Italien, Griechenland, aber auch Deutschland und Österreich. Die beiden deutschsprachigen Länder geben sich zwar immer wieder als Vorreiter von Minderheitenrechten, ihren eigenen Sprachminderheiten werden weitergehende Rechte aber vorenthalten. Die Sprachminderheiten in Österreich und in Deutschland sind in ihrem sprachlichen Bestand gefährdet. Dies gilt auch für den Großteil der Minderheiten in Italien. Als Ausnahme gelten die deutschsprachigen Südtiroler, die mit ihrer erkämpften Autonomie die Zukunft absichern konnte. Gleichzeitig setzte die Landesverwaltung die Einführung der ladinischen Schriftsprache aus.

Im EU-Mitgliedsland Griechenland ging ein Gericht gegen den aromunischen Nationalitätenrechtler Sotiris Bletsas vor, weil er eine Publikation des EU-Minderheitenbüros European Bureau for lesser used languages (Eblul) über die Sprachminderheiten Griechenlands verteilt hatte. Bletsas war wegen "Verbreitung von Falschinformationen" nach Artikel 191 des griechischen Strafgesetzbuches zu 15 Monaten Haft und einer Geldstrafe verurteilt worden.

Im vergangenen Jahr wandte sich aus ähnlichen Gründen ein griechischer EU-Parlamentarier gegen Eblul-Generalsekretär Markus Warasin und forderte ein Disziplinarverfahren. Trotz des Jahres der Sprachen der EU und des Europarates und trotz der Tages der Muttersprachen werden Sprachminderheiten ausgegrenzt. So vermied die EU in ihrer Grundrechtscharta nachzuvollziehen, was der Europarat sowohl in der Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten und der Charta der Regional- und Minderheitensprachen festgeschrieben hat. In dieser Deklaration ohne Rechtsverbindlichkeit klammerte die EU vor allem wegen der Haltung Frankreichs und Spaniens die Minderheitenproblematik aus, obwohl davon bis zu 40 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger (laut Eblul-Schätzungen) betroffen sind.

Umso dringender scheint es der GfbV, einen Artikel in die immer noch ausstehende EU-Verfassung einzuführen, der ein minimales Recht für die Angehörigen von sprachlichen, ethnischen und religiösen Minderheiten garantiert. Im Anschluss an Artikel 27 des Internationalen Paktes über Politische und Bürgerliche Rechte von 1966 schlagen wir die folgende Formulierung vor:

Artikel X - Minderheitenschutz: Angehörige sprachlicher, ethnischer oder religiöser Minderheiten haben das Recht, gemeinsam und öffentlich mit anderen Angehörigen ihrer Gruppe ihre eigene Sprache zu gebrauchen, ihre eigene Kultur zu pflegen und ihre eigene Religion auszuüben.

Nur in der Verfassung verankerte Rechte zum Sprachgebrauch können auch den Muttersprachen der Sprachminderheiten einen Platz in der EU und damit eine Zukunft garantieren.


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/031015de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/031001de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030630ade.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030925de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-1/030326ade.html | www.gfbv.it/2c-stampa/1-01/19-2-dt.html | www.gfbv.it/3dossier/edicolmin/altre.html | www.gfbv.it/3dossier/rai3-99/min-medien-de.html | www.gfbv.it/3dossier/rai3-99/min-medien-eu.html | www.gfbv.it/3dossier/eu-min/regenbogen.html

* www: www.eblul.org | www.ciemen.org | europa.eu.int/futurum | www.uoc.edu/euromosaic

Letzte Aktual.: 20.2.2004 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040220de.html | XHTML 1.0 / CSS | WEBdesign, Info: M. di Vieste
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