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Europa: Rüstungslieferungen auch in Krisengebiete boomen

Europas Waffenexport-Kodex ist wirkungslos

Bozen, Göttingen, 31. Januar 2014

Das französische Rafale-Jagdflugzeug. Das französische Rafale-Jagdflugzeug.

Der Europäische Rüstungsexport-Kodex, der Lieferungen militärischer Güter an autoritäre Regime verhindern oder zumindest beschränken soll, ist nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen "offensichtlich wirkungslos". Die Menschenrechtsorganisation kritisierte am Freitag nach Veröffentlichung des EU-Rüstungsexportberichts 2012: Es ist erschreckend, wie selten beantragte Exportgenehmigungen abgelehnt wurden. Europas Rüstungsexporte auch in Krisengebiete wachsen - trotz zahlreicher Appelle, sich zu beschränken. So wurden von 47.868 beantragten Exportlizenzen nur 459 zurückgewiesen. Von 51 autoritären Regimen weltweit bekamen 43 europäische Rüstungsgüter geliefert. "Dies ist ein Armutszeugnis für den für alle EU-Mitgliedstaaten bindenden Europäischen Rüstungsexport-Kodex." 2012 haben die Staaten der Europäischen Union dem Bericht zufolge den Export von Rüstungsgütern im Wert von 39,9 Milliarden Euro genehmigt. Damit wurden die Exporte gegenüber dem Jahr 2011 um fünf Prozent gesteigert.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte am Mittwoch zu mehr Zurückhaltung bei Waffenexporten vor allem an "Unrechtsregime" aufgerufen. "Doch solch vage Begriffe helfen wenig, wie der Europäische Rüstungsexport-Bericht zeigt", erklärte Delius. So haben die Exporte in die Krisenländer des Nahen Ostens gegenüber 2011 um 22 Prozent zugenommen und belaufen sich auf 9,7 Milliarden Euro. Saudi-Arabien mit seiner katastrophalen Menschenrechtslage und der verantwortungslosen Bewaffnung extremistischer syrischer Milizen ist weltweit der Staat, der am meisten Geld für Rüstungsgüter aus der EU zahlte. Das Königreich kaufte für 3,5 Milliarden Euro vor allem in Frankreich ein. Oman, die Vereinten Arabischen Emirate, Indien und das notorisch mit dem Nachbarland verfeindete Pakistan sind weitere bedeutende Käufer europäischer Rüstungsgüter.

Mit Exporten in Höhe von 13,7 Milliarden Euro war Frankreich der bedeutendste Rüstungsexporteur. Deutschland belegt nach Spanien mit 4,7 Milliarden Euro den dritten Platz, gefolgt von Italien und Großbritannien. "Diese beängstigende Tendenz dürfte sich auch 2013 fortgesetzt haben", sagte Delius. So erklärte das französische Verteidigungsministerium am vergangenen Mittwoch, das Volumen der französischen Rüstungsexporte habe 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent zugenommen. Vor allem aufgrund von Bestellungen aus dem Nahen Osten seien Verträge im Umfang von 6,3 Milliarden Euro unterzeichnet worden. 2014 will Frankreich seine Exporte noch steigern. So will man Rafale-Jagdflugzeuge an Indien verkaufen. Erst gestern lieferte Frankreich eine Fregatte an Marokkos Marine aus, obwohl das Land in der marokkanisch besetzten Westsahara im offenen Konflikt mit den Sahrauis steht.

Großbritannien hat in dieser Woche eine enge Rüstungskooperation mit Russland vereinbart. So soll der Technologie-Austausch verstärkt werden, obwohl Russland mit seinen Waffenexporten Bürgerkriege in aller Welt schürt. "Großbritanniens Vorstoß ist unverantwortlich und zeigt, dass es unter Europas Regierungen keinen politischen Willen zu einer wirksamen Rüstungsexport-Begrenzung gibt."