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Massaker in Nicaragua

Verbrechen an Indigenen dürfen nicht straflos bleiben. Mehr Schutz indigener Völker gefordert

Bozen, Göttingen, 31. Januar 2020

Angehörige der indigenen Gemeinschaft der Mayangna entlang des Rio Lakus, Bosawas Reservat, Nicaragua. Foto: Joe Townsend über Flickr (CC BY-NC-ND 2.0). Angehörige der indigenen Gemeinschaft der Mayangna entlang des Rio Lakus, Bosawas Reservat, Nicaragua. Foto: Joe Townsend über Flickr (CC BY-NC-ND 2.0).

Nach dem Massaker an Indigenen in einem Biosphärenreservat in Nicaragua hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ein Ende der Straflosigkeit für Verbrechen an Indigenen und einen besseren Schutz indigener Völker in Nicaragua gefordert. "Die Verantwortlichen für die Gewalt müssen zur Rechenschaft gezogen werden, denn die Gewalt gegen Indigene in Nicaragua nimmt dramatisch zu. Jede Untätigkeit der Behörden schürt neue Gewalt" erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. Noch nicht einmal in international anerkannten Naturschutzgebieten seien Indigene heute in Nicaragua vor tödlichen Übergriffen sicher, beklagte die Menschenrechtsorganisation. Eindringende Bewaffnete zögerten nicht davor zurück, Indigene zu ermorden, um sich Land illegal anzueignen und die Wälder zu roden.

Mindestens sechs Angehörige der indigenen Gemeinschaft der Mayangna wurden getötet, als am Mittwoch 80 bewaffnete Angreifer ihre Siedlung in dem Bosawás Biosphärenreservat überfielen. Die Eindringlinge brannten mehrere Häuser nieder und erschossen willkürlich Indigene. Weitere zehn Angehörige der indigenen Gemeinschaft gelten seit dem Überfall als vermisst. In Nicaragua leben rund 30.000 Mayangna.

Das an der Grenze zu Honduras gelegene 2,2 Millionen Hektar große Naturschutzgebiet war 1997 von der UNESCO als Biosphärenreservat anerkannt worden. Es gilt als eines der größten zusammenhängenden Regenwaldgebiete nördlich Amazoniens. Seit Jahren beklagen Indigene, dass der illegale Holzeinschlag durch Eindringlinge dramatisch zunimmt. So belegen Satellitenbilder, dass heute bereits 31 Prozent der Fläche des Reservats landwirtschaftlich genutzt werden. Im Jahr 2000 waren nur 15 Prozent des Reservats gerodet gewesen. Nicaragua hat in den letzten 20 Jahren rund 19 Prozent seines Waldbestandes verloren. "Die illegalen Rodungen in dem Reservat zerstören die Lebensgrundlage der vom Wald lebenden Indigenen und sind eine Gefahr für das Ökosystem. Nicaraguas Regierung muss diesen unerklärten Krieg gegen Mensch und Natur endlich stoppen", forderte die Menschenrechtsorganisation.

Morde an Indigenen sind in Nicaragua weit verbreitet. Meist bleiben die Verantwortlichen straflos. Selbst wenn mutmaßliche Tatbeteiligte verhaftet würden, würden sie vor Gericht meist wegen angeblich mangelnder Beweise freigesprochen, kritisierte die GfbV. Nicaraguas Behörden fehle es am politischen Willen, die Straflosigkeit für Morde an Indigenen zu beenden. Das jüngste Massaker müsse Regierung und Justiz endlich zum Umdenken bewegen. Erst diese Woche waren in Costa Rica drei nicaraguanische Staatsangehörige festgenommen worden, denen die Ermordung einer indigenen Familie in dem Maio-Reservat in Nicaragua im Oktober 2019 vorgeworfen wird. "Wir werden aufmerksam verfolgen, ob die Verantwortlichen für dieses Verbrechen tatsächlich zur Rechenschaft gezogen werden", erklärte die GfbV.