Auszüge aus: Janine Roberts: "Nach Völkermord: Landraub una Uranabbau. Die Schwarzaustralier (Aborigines) kämpfen ums Überleben"
Bozen, Göttingen, Mai 2008
Bei der Ankunft der Europäer lebten die Aborigines schon seit wenigstens 40.000 Jahren in Australien. Entlang der nördlichen Küste gab es häufige Kontakte mit indonesischen und anderen asiatischen Fischern und Entdeckern, aber soweit bekannt, beherrschten sie den Kontinent, ohne dass sie vorher jemals ernsthaft bedroht wurden.
Bevor die Briten kamen, gab es ungefähr 500 australische Völker (von denen heute viele ausgerottet sind) und eine gleichgroße Anzahl an Sprachen. Entlang der Handelswege, die den Kontinent von Nord nach Süd und von Ost nach West durchzogen, trieben die Menschen miteinander Handel. In einer Broschüre über "Australien", die die Londoner Hohe Kommission 1978 herausgab, steht: "Die einzigen Bewohner waren primitive, nomadisierende Aborigines. Die ersten Forscher ebneten den Weg für Niederlassungen." Aber schon die Holländer, die als erste landeten, sprachen von Ureinwohner-Häusern am Strand. Kapitän Cook sprach von Hütten. Andere berichteten genauer. Sir George Edward Grey, der 1841 Westaustralien erforschte, kam an zwei Dörfern vorbei, oder wie die Männer sie nannten, Städten. "Die Hütten, aus denen die Dörfer bestanden, sahen anders aus als in den südlichen Teilen des Landes. Sie waren viel größer und stabiler gebaut, und die Außenwände waren ordentlich getüncht ... obwohl sie jetzt unbewohnt waren, waren sie doch offensichtlich als feste Siedlungen gebaut ... diese anspruchsvolleren Hütten, gut gekennzeichnete Straßen, tiefe Brunnen und groß angelegte Yamswurzelfelder sind Zeichen einer großen und vergleichsweise sesshaften Bevölkerung."
Eroberung
Im Jahre 1770 landete Kapitän Cook an der Südküste
Australiens, Cooks Geheimanweisung von der Admiralität
lautete: "Mit Zustimmung der Eingeborenen soll er im Namen
König Edwards günstige Gelegenheiten zur Landung
ausnutzen; oder, falls das Land unbewohnt sein sollte, es durch
Vornahme von Eigentumsmarkierungen als Entdecker und Erstbesitzer
im Namen Seiner Majestät in Besitz nehmen." Nach zahlreichen
Zusammentreffen mit den Aborigines, von denen auch einige
friedlich verliefen, entschloss sich Cook seltsamerweise so zu
handeln, als sei das Land "unbewohnt", und notierte am 22. August
in seinem Tagebuch: "Wiederum hisste ich die Farben Englands und
nahm im Namen Seiner Majestät, König Georg III, die
gesamte Ostküste in Besitz." Aus Gründen der hohen
Politik sollte Australien kein Krieg erklärt werden. Die
überfallenen Australier, oder Aborigines, wurden zu
Untertanen des Königs erklärt, bevor man sie
unterworfen hatte. Von nun galt ihr Widerstand als "Rebellion",
als Verbrechen, das bestraft werden musste.
Völkermord
Die Theorie vom "Überleben des Tüchtigsten" machte das
Aussterben der Aborigines zu etwas Unvermeidlichem - da es
für die Siedler offensichtlich war, dass sie selbst die
überlegene Rasse waren. 1883 stellte der "Normanton Herald"
die Behauptung auf, "dass sogar halbzivilisierte Nigger nicht
mehr als arme Teufel seien, für die es eher eine Gnade als
ein Verbrechen sei, aus dem Buch der Menschheit gelöscht zu
werden." Im April 1883 schrieb Hochkommissar Arthur Gordon frank
und frei an seinen guten Freund, Premierminister Gladstone: "Die
Gewohnheit, die Eingeborenen als Ungeziefer zu betrachten, das
von der Erde verschwinden muss, hat dem Durchschnitts-
Queensländer ... einen brutalen und grausamen Charakterzug
gegeben ... Ich habe gebildete und vornehme Leute getroffen,
Menschen mit größter Freundlichkeit gegenüber
anderen Weißen ... reden hören, nicht nur über
das groß angelegte Abschlachten der Eingeborenen ...
sondern auch über das Morden Einzelner. Genauso würden
sie sich auch über die Sportereignisse des Tages
unterhalten, oder darüber, wie man ein lästiges Tier
tötet." Als sich die Weißen anschickten, ihr Land
einzunehmen, schlossen sich die Aborigines zu
Guerilla-Kämpfen zusammen. Oft waren die Schaf- und
Rinderfarmen der eindringenden Weißen das erste Ziel der
Aborigines. Obwohl sie nur Speere gegen Gewehre hatten, dauerte
dieser Krieg von der ersten Schlacht bei Sydney bis zu den
letzten Massakern im Nord-Territorium um 1930 fast 160 Jahre.
Sydney und New South Wales
Es dauerte länger als 50 Jahre bis die Umgebung von Sydney
für die Kolonisatoren frei war und man nicht länger
militärischen Schutz benötigte. Gouverneur Phillip, der
die erste Gruppe Siedler und Sträflinge befehligte, schickte
50 Soldaten aus, als sein Wildhüter eine tödliche
Speerverwundung erlitten hatte, und befahl ihnen, 10 Aborigines
zu töten. Einer derjenigen, die dabei waren, berichtete:
"Wir sollten die Köpfe der Getöteten abschneiden und
zurückbringen; dafür wurden Beile und Taschen zur
Verfügung gestellt." 1805 ordneten die Kolonialbehörden
an: "Keinem Eingeborenen darf erlaubt werden, den Boden das Haus
eines Siedlers zu betreten ... Sollte ein Siedler einen
Eingeborenen beherbergen, so wird er unter Anklage gestellt."
1824 wurde in der Gegend von Bathurst das Kriegsrecht
erklärt, um dem Militär völlige Handlungsfreiheit
in der Niederschlagung von Eingeborenenaufständen zu
gewähren.
Tasmanien
Auf Tasmanien fand die Ausrottung der meisten der Aborigines
zwischen 1804 und 1834 statt. Die Massaker begannen am 3. Mai in
Risdon, als das 102. Regiment der Britischen Armee 50 Bewohner
der Oyster Bay niederschoss, Frauen und Kinder eingeschlossen.
Die Tasmanier hatten sich ohne Speere mit grünen Bogen in
der Hand (dem Zeichen des Friedens) genähert. Der Widerstand
der Tasmanier verhinderte für einige Zeit die Ausdehnung der
europäischen Siedlungen - und 1832 begannen sie, von den
Europäern erbeutete Feuerwaffen gegen die Kolonialisten
einzusetzen. 1829 wurden alle besiedelten Gebiete unter
Kriegsrecht gestellt. Der Gouverneur setzte für jeden
gefangenen Aborigine, gleichgültig ob Kind oder Erwachsener,
ein Kopfgeld aus. 1830 schließlich wurde die ganze Insel
unter Kriegsrecht gestellt.
Queensland
Die ersten Kolonialisten, die hierher kamen, waren bis auf das
äußerste brutal. Gruppen gut bewaffneter Weißer
zogen aus und rächten jeden Mord an einem Siedler, jedes
Töten einer Kuh oder eines Schafes. Ein Augenzeuge
berichtete: ,,Die Rache der Weißen ist der reine Terror; an
den Wasserstellen im Norden kann man die grausigen Überreste
der ermordeten Schwarzen sehen, verstreut umher liegende
Schädel, Rippen und Knochen." Nach den Schätzungen
eines Regierungsberichtes wurden für jeden Weißen etwa
50 Aborigines getötet. In einem Bericht aus dem Jahre 1885
ist zu lesen: "Um die Nigger ruhig zu halten, gab man ihnen etwas
Schreckliches. Das Essen bestand zur Hälfte aus Strychnin
und kein einziger entkam ... Der Besitzer von Long Lagoon
löschte mit dieser List mehr als hundert Schwarze aus."
Doch die Aborigines wehrten sich auch
erfolgreich
Als bei Palm River Gold entdeckt wurde, versuchten die Aborigines
den Zustrom von Goldsuchern auf ihr Land zu verhindern. Mehrere
Hundert Weiße starben. Der "Courier" in Cooktown berichtete
1873, dass der Weg zu den Goldvorkommen "fast mit den Leichen
Weißer gepflastert" war. Der Kalkadoon-Stamm führte in
den 80er Jahren einen langen Kampf, der jegliche Ansiedlung in
Teilen von Cloncurry vereitelte. Es waren etwa 1000 voll
ausgebildete Krieger.
Die Kimberleys
Das Vorhaben im Norden Australiens Viehfarmen zu errichten, war
die erste große Bedrohung für die dortigen
Stämme. Um ihren Widerstand zu ersticken, massakrierten
Strafexpeditionen der Polizei ganze Stämme. Eines der
letzten Massaker im Nordwesten, über das es Dokumente gibt,
fand 1928 statt. Damals nahm es ein Missionar auf sich, Berichten
nachzugehen, die ihm Aborigines über die fortgesetzten
Massaker gaben. Er verfolgte eine Polizeitruppe, die in das
Aborigines-Reservat nach Forest River gekommen war. Er fand
heraus, dass diese Polizisten einen ganzen Stamm gefangen
genommen hatten. Die Gefangenen wurden im Genick aneinander
gefesselt und dann wurden alle bis auf drei Frauen getötet.
Danach verbrannten sie die Toten und nahmen die drei Frauen in
ihr Camp mit. Bevor sie das Camp verließen, ermordeten und
verbrannten sie auch diese drei Frauen.
Northern Territory
Die erste größere Siedlung im Territorium entstand
erst 1869, als Landvermesser ankamen, um den Bau des Hafens von
Darwin (damals noch Palmerston) zu planen. Zur gleichen Zeit
suchten sie auch eine Möglichkeit, eine
Überland-Telegraphenleitung in den Süden zu legen. Die
Telegraphenstationen wurden wie Festungen mit Steinmauern und
engen Fenstern angelegt, da sich die Aborigines gegen die
Invasion ihres Landes zur Wehr setzten. Obwohl die erste Viehfarm
1860 gegründet wurde, dauerte es bis Ende der 70er Jahre bis
eine solche sich auch erfolgreich halten konnte. Die anderen
wurden wegen des Widerstandes der Aborigines aufgegeben.
Ein Bild, wie Aborigines in den 30er Jahren auf den Viehfarmen
behandelt wurden, erhält man aus einem Brief im "Northern
Territory Standard" aus dem Jahre 1938. Der Schreiber
erklärt, dass er auf seiner Farm ein Schnellverfahren
anwandte und: "Ich erhielt einen Brief von jemandem, der im Gulf
Country von Niggern angegriffen wurde: "Ich habe einfach
draufgehalten. Bis heute 37 erledigt." Ein anderer brüstete
sich, dass er seine Strafen mit einer Viehpeitsche und einer
Drahtzange ausübte. Um besonders streng zu sein, spitzte er
ein Stück Holz an und schlug es durch beide Hände des
Beschuldigten. Er versicherte mir, dass er nun keinen Ärger
mehr mit seinen Niggern hätte." Unter dem Druck engagierter
Humanisten und von Seiten der Kirche schlug das Gewissen der
Landesregierungen spät und sie entschlossen sich, auf dem
Land, das die Viehzüchter nicht haben wollten, Reservate
für die "aussterbenden" Aborigines in Inneraustralien zu
schaffen - darauf Kirchenmissionen zu errichten, welche die
Aborigines beschützen, beherrschen und einkerkern konnten.
Die Reservate in den Wüsten Inneraustraliens wurden zwischen
1920 und 1954 errichtet. Die Hügel und Täler in
Arnhemland östlich von Darwin waren Hoheitsgebiete der
Aborigines- Stämme bis zum Ende der 30er Jahre. 1930 und
1932 wurden mehrere Polizisten und Fischer, die das Gebiet
betraten, getötet. Dieses Gebiet durften sie bis in die 60er
Jahre hinein behalten, als die internationalen
Bergbaugesellschaften ihr Land begehrten und es sich
einverleibten.
Auszüge aus: Janine Roberts: "Nach Völkermord: Landraub una Uranabbau. Die Schwarzaustralier (Aborigines) kämpfen ums Überleben". Aus pogrom-bedrohte Völker 247 (2/2008).