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Minderheiten Machen Medien

Was gibt's Neues?

Pogrom bedrohte Völker Nr. 278-279, 4-5/2013

Bozen, April 2014

Indice

Editorial, Sandy Naake | Christen im Nahen Osten. Ankawa bringt Menschen zusammen | Russland. Virtuelle Heimat für Tscherkessen | Kurden. Global verstreut, medial vereint | Zukunft indianischer Medien in den USA ist ungewiss. Alle hören KILI | Mapuche in Chile und Argentinien. "Die chilenischen Medien stigmatisieren uns" | Mexiko und Guatemala. Von den Maya und ihren Medien | Nasa in Kolumbien. Indigene mobilisieren sich online | Algerien. Eigene Radiosendung stärkte Selbstbewusstsein der Kabylen | Australiens Ureinwohner und ihre Medien. Ohne Angst die eigenen Geschichten zu verbreiten

Editorial [ oben ]

Von Sandy Naake

Minderheiten Machen Medien. Was gibt's Neues? pogrom / bedrohte Völker 278-279 (4-5/2013). Minderheiten Machen Medien. Was gibt's Neues? pogrom / bedrohte Völker 278-279 (4-5/2013).

Liebe Leserinnen und Leser,
wer heute die nordfriesischen Inseln Föhr, Amrum oder Sylt besucht, ist überrascht. Die Ortstafeln haben sich verändert. Sössarap, Neibel oder Stianodd, lauten die Namen der Dörfer Süddorf, Nebel und Steenodde heute. Das Friesische, das deutschen wie dänischen Besuchern unverständlich ist, wird wieder gepflegt. Friesische Vereine beschränken sich nicht länger nur auf die Pflege alter Traditionen. Vielmehr hat die friesische Sprachbewegung Schulstunden in der autochthonen Regionalsprache durchgesetzt, Friesisch wird an der Flensburger Hochschule gelehrt und die Schleswig-Holsteinische Zeitung publiziert in ihren nordfriesischen Ausgaben eine Sonderseite pro Monat auf Friesisch und Plattdeutsch.

Die UNESCO schätzt, dass von den mehr als 6.000 weltweit gesprochenen Sprachen etwa 2.500 vom Aussterben bedroht sind. Nicht selten sind nur noch ältere Menschen der Sprache ihrer Vorfahren mächtig - nicht zuletzt aufgrund jahrzehntelanger Überfremdung oder Unterdrückung. Viele junge Menschen müssen erst wieder ermutigt werden, sich für das kulturelle Erbe ihrer Gemeinschaft zu interessieren. Lange genug haben Regierungen autochthone Sprachen verboten. Das Überleben von Sprachen bedingt auch das Überleben von jeweils einzigartigen Kulturen. Wie grau wäre die Welt jedoch ohne ihre kulturelle und sprachliche Vielfalt?

Weltweit gibt es Gemeinschaften, die um das Überleben ihrer Sprache und Kultur medial "kämpfen". Mit Mikrofon und Diktiergerät bewaffnet, rufen sie Radiosender ins Leben. So wie Radio KUYI in Arizona, das für die Hopi nicht nur eine wichtige Quelle ist, um vor drohenden Gefahren zu warnen, sondern gleichzeitig auch ihre indianische Kultur am Leben erhält. Im Internet organisieren und mobilisieren sich die weltweit verstreut lebenden Tscherkessen, genauso wie die Armenier. Sie fordern von Russland oder der Türkei eine Entschuldigung für die an ihren Völkern begangenen Verbrechen. In Mexiko läuft seit 2013 die erste Telenovela, in der fast ausschließlich Maya-Yucateco gesprochen wird und Riten und Bräuche der Maya genau erklärt werden.

Mediales Engagement hat auch seinen Preis. Viele NGOs in der Russischen Föderation schweigen lieber, als ihre Stimme zu erheben. Sie haben Angst, vom Geheimdienst verfolgt zu werden. In China lebende tibetische und uigurische Blogger laufen Gefahr, inhaftiert zu werden, weil sie die desolate Lage der Menschenrechte in der Volksrepublik anprangern. Sogenannte alternative Medien sind vielen Regierungen ein Dorn im Auge, denn sie schaffen Gegenöffentlichkeit. Insbesondere konventionelle Medien berichten kaum oder gar nicht über die Situation ethnischer und religiöser Minderheiten und/oder verbreiten Stereotype und Vorurteile.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker engagiert sich seit mehr als vier Jahrzehnten für Minderheiten, die oft um ihr Überleben, aber auch für die Erhaltung ihrer Sprachen, Kulturen und ihrer Umwelt kämpfen. Wir und andere Organisation waren Teil einer europäischen Bewegung, die sich für die Stärkung der Minderheitensprachen eingesetzt hat. Das Ergebnis war 1992 die Verabschiedung der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen. Wir wünschen Ihnen eine spannende und aufschlussreiche Lektüre über die Lage der Medien von ethnischen Minderheiten und indigenen Völkern.

Ihre Sandy Naake

Titelbild: Belinda Juaw vom privaten Radiosender SPIRIT FM in der südsudanesischen Stadt Yei verliest die aktuellen Nachrichten. SPIRIT FM sendet in Englisch und Juba-Arabisch sowie in den Regionalsprachen Madi, Kuku und Kakwa. Weltweit rufen Gemeinschaften Radiosender oder andere Medienprojekte ins Leben, um für das Überleben ihrer Sprache und Kultur medial zu "kämpfen". Solche Initiativen schaffen jedoch gleichzeitig Gegenöffentlichkeit zu konventionellen Medien, die viele Minderheiten nicht im Fokus ihrer Berichterstattung haben. Foto: Werner Anderson/ Norsk Folkehjelp Norwegian People's Aid/Flickr BY 2.0.

Christen im Nahen Osten [ su ]

Ankawa bringt Menschen zusammen

Von Amir Almaleh

Panorama der nordirakischen Stadt Ankawa. Dort arbeiten Redakteure von www.ankawa.com, die die Internetseite mit Nachrichten aus dem Nahen Osten beliefern. Panorama der nordirakischen Stadt Ankawa. Dort arbeiten Redakteure von www.ankawa.com, die die Internetseite mit Nachrichten aus dem Nahen Osten beliefern.

"Abdul-Jabbar Khedr Tuza wurde am 6. April 2013 gegen 18 Uhr vor seinem Haus in der irakischen Stadt Mosul von einem maskierten Unbekannten erschossen. Der irakische Christ war als Arzthelfer im Krankenhaus tätig. Er war Jahrgang 1957, verheiratet und hatte drei Söhne", so lautet eine Nachricht auf der arabischsprachigen Internetseite www.ankawa.com. Jeden Tag informieren sich dort mehr als 70.000 Menschen über die Lage der christlichen Assyrer-Chaldäer-Aramäer und anderer Minderheiten im Nahen Osten. Ankawa wurde im Mai 1999 ins Leben gerufen und ist eine der meist gelesenen Internetseiten, die von Christen im Nahen Osten betrieben werden. Mit stets brandaktuellen Meldungen hat die Internetseite es sich zum Ziel gesetzt, die Toleranz unter den verschiedenen religiösen und ethnischen Gruppen im Irak und im Nahen Osten zu fördern.

Politische Zusammenhänge, aber auch Geschichten aus dem Alltag sind es wert, veröffentlicht zu werden. Ankawa bietet Information, Bildung, aber auch Unterhaltung. Auf der von Schweden aus betriebenen Internetseite kommen die Menschen zusammen: Sie können Artikel kommentieren und in einem Chat Themen kontrovers diskutieren. Mehr als 50 Ehrenamtliche - Autoren, EDV-Techniker und andere Fachkräfte - arbeiten täglich daran, die Internetseite auf dem neuesten Stand zu halten. Werbung ist die einzige Einnahmequelle. Bis zu 5.000 US-Dollar (3660 Euro) nimmt Ankawa pro Monat ein. Das reicht gerade einmal die Betriebskosten der Internetseite, nicht aber die Redakteure zu bezahlen. Betreut wird die Internetseite in den Räumlichkeiten des Vereins "Yaomona" in Stockholm, der sich für die Rechte von Migranten stark macht. Weitere Büros befinden sich in dem Ort Ankawa nahe von Arbil, der Hauptstadt von Irakisch-Kurdistan, und in Bagdeda in der Provinz Ninive im Nordwesten des Irak. Die Redaktion besteht aus sieben Personen, mehr als 20 Reporter in der ganzen Welt beliefern die Internetseite täglich mit Nachrichten - unter ihnen zwölf Iraker und drei aus den Nachbarländern des Irak.

Amir Almaleh ist Chefredakteur von www.ankawa.com und hat die Internetseite mitgegründet. Der im Irak geborene Christ lebt im schwedischen Exil.

Russland [ oben ]

Virtuelle Heimat für Tscherkessen

Von Nico

Die Gesellschaft für bedrohte Völker bei einer Aktion anlässlich des Petersburgers Dialogs im Dezember 2013 in Kassel. Auch Tscherkessen nutzten die Olympischen Winterspiele in Sotschi, um das Schicksal ihres Volkes publik zu machen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker bei einer Aktion anlässlich des Petersburgers Dialogs im Dezember 2013 in Kassel. Auch Tscherkessen nutzten die Olympischen Winterspiele in Sotschi, um das Schicksal ihres Volkes publik zu machen.

Die Olympischen Winterspiele 2014 in der russischen Stadt Sotschi am Schwarzen Meer stehen kurz bevor, doch das Sportereignis wird vor allem von Tscherkessen weltweit missbilligt - sie fordern eine Entschuldigung Russlands sowie die Würdigung ihrer Toten. Zaristische Truppen gingen in Sotschi vor 150 Jahren brutal gegen Tscherkessen vor. Nach mehr als 100 Jahren Krieg gegen die Armee der russischen Zaren waren die tscherkessischen Stämme geschwächt, gespalten und teils vertrieben, bevor sie 1864 gänzlich niedergeschlagen wurden. Die Zahl der Opfer des Völkermords wird auf mindestens eine Million geschätzt. Heute leben die Nachfahren über den Erdball verstreut. Nur in der autonomen Republik Kabardino-Balkarien in der Russischen Föderation sind die Tscherkessen mit 52 Prozent in der Mehrheit. 2010 ging www.cherkessia.net online, eine Plattform für und über Tscherkessen. So sollen auch diejenigen Tscherkessen, die in der Diaspora leben, mit aktuellen Nachrichten versorgt werden. Publiziert wird vorwiegend in Türkisch, einige Artikel erscheinen auch in Tscherkessisch, Englisch, Arabisch oder Deutsch. Die GUS-Referentin Sarah Reinke von der Gesellschaft für bedrohte Völker wollte mehr über die tscherkessische Plattform erfahren und hat mit Schamis Hatko, Chefredakteur und Initiator von Cherkessia, sowie mit dem in Deutschland lebenden Tscherkessen-Aktivisten, Inal Tamzok, der für die Internetseite schreibt, gesprochen.

bedrohte Völker: Welche Ziele habt ihr mit eurer Internetseite?
Cherkessia: Wir wollen den Informationsfluss zwischen der Weltöffentlichkeit und den Tscherkessen wieder intensivieren. Seit dem Völkermord und der Vertreibung sind wir aus dem Bewusstsein der Welt verschwunden. Das wollen wir ändern und von unserem Schicksal, unseren Wünschen berichten. Natürlich wollen wir mit unserer Plattform auch die weltweit verstreuten Tscherkessen vereinen und eine Art "virtuelle" Heimat schaffen. Überall haben sich die Tscherkessen eigenständig entwickelt, haben teilweise die Kultur der Länder in der Diaspora angenommen. Das erzeugt natürlich auch untereinander Unterschiede.

bedrohte Völker: Welche Leser möchtet Ihr erreichen?
Cherkessia: Wir möchten möglichst viele Tscherkessen erreichen und für unsere Politik wachrütteln. Wir wollen aber auch diejenigen Menschen ansprechen, die sich für Frieden, Gerechtigkeit, Menschenrechte und die Rechte autochthoner Völker interessieren. Das ist allerdings nur begrenzt möglich, da wir bislang alle ehrenamtlich arbeiten. Wir würden noch so gern viel mehr Artikel auf Arabisch, Englisch oder Deutsch veröffentlichen, aber unsere Kapazitäten sind begrenzt.

bedrohte Völker: Hat Cherkessia eine bestimmte politische Ausrichtung?
Cherkessia: Wir vertreten die Interessen des tscherkessischen Volkes. Insofern sind wir nicht neutral. Aber wir sind weder politisch noch religiös orientiert: Unter den Tscherkessen gibt es Liberale, Konservative, Linke, Muslime, Christen und Atheisten. Wir fühlen uns eindeutig der Demokratie verpflichtet. Wir wünschen uns, wieder als ein Volk zusammenzuleben - ohne Angst vor Assimilation. Das bedeutet nicht, dass wir uns von der Russischen Föderation abspalten wollen. Aber wir wollen unsere Rechte als autochthones Volk innerhalb Russlands gewahrt wissen.

bedrohte Völker: Was sind die größten Erfolge von Cherkessia?
Cherkessia: Innerhalb von knapp vier Jahren Arbeit haben wir es geschafft, den Wiederaufbau "Tscherkessiens" an unser Volk heranzutragen. Als wir bei der Internetplattform Circassian Canada mit diesem Thema anfingen, wurden wir stark kritisiert - selbst von Vertretern etablierter tscherkessischer Organisationen. Man sah in uns Provokateure, die die Beziehungen zu Russland verschlechtern wollten. Dabei wollen wir uns doch mit Russland aussöhnen. In den Zeiten vor Cherkessia bestand die Politik der Tscherkessen vor allem darin, die Kultur zu erhalten sowie Sprache und Gebräuche zu pflegen. Diese Bemühungen verlangsamen zwar Assimilationsprozesse, können sie jedoch nicht aufhalten. Wir haben erkannt, dass wir unsere Strategie, die Kultur der Tscherkessen zu bewahren, grundlegend ändern müssen und auch politisch brisante Themen wie den Völkermord im 19. Jahrhundert ansprechen müssen. Zudem haben wir deutlich gemacht, welche Menschen eigentlich als Tscherkessen bezeichnet werden. In der Türkei beispielsweise wurde jedes nordkaukasische Volk wie die Abchasen, Dagestaner, Tschetschenen oder Inguschen zu den Tscherkessen gezählt. Mit Cherkessia konnten wir auch viele Tscherkessen davon überzeugen, dass wir nicht nur Feinde in der Welt haben, sondern auch Freunde - die noch mehr werden können, wenn wir uns weiter öffnen.

bedrohte Völker: Mit welchen Schwierigkeiten habt ihr zu kämpfen?
Cherkessia: Unsere Ideen waren für viele Tscherkessen völlig neu. Wir sind deshalb oft kritisiert worden. Tscherkessische Organisationen waren eher russlandfreundlich orientiert. Das führte sogar so weit, dass viele Tscherkessen den Völkermord anzweifelten und das Leben in der Diaspora als freiwillige Auswanderung unserer Vorfahren ansahen. Die Schuld des zaristischen Russlands an dem Völkermord wurde heruntergespielt sowie auch die Verantwortung der heutigen Russischen Föderation, sich für den Genozid an unserem Volk zu entschuldigen. Uns fällt es zudem schwer, angemessen journalistisch zu arbeiten. Wir sind nur Wenige; jeder Autor arbeitet ehrenamtlich. Dieser Punkt erschwert die Möglichkeit von Übersetzungen und tiefgründigen Recherchen.

bedrohte Völker: Habt ihr eine Vision? Wie soll sich das Medium entwickeln, wenn alles ideal läuft?
Cherkessia: Unser Ziel ist es, unsere Arbeit zu professionalisieren und schließlich eine tscherkessische Presseagentur zu werden. Wir haben zudem vor, den Bekanntheitsgrad unseres Volkes weiter zu steigern. Wir binden auch Facebook in unsere Arbeit ein, um Leser zu erreichen, die unsere Internetseite nicht kennen.

Kurden [ oben ]

Global verstreut, medial vereint

Von Linus Mandl

Die Kurden fühlen sich über Fernsehen und Internet medial vereint. Die Kurden fühlen sich über Fernsehen und Internet medial vereint.

In hunderttausenden Wohnzimmern fand im März 1995 auf der ganzen Welt eine Revolution statt: Erstmals konnten Kurden Satellitenfernsehen in ihrer Muttersprache empfangen. Med-TV mit Sitz in London war auf Sendung gegangen. Der Gründer Hikmet Tabak wollte mit dem Kanal zur Entwicklung der kurdischen Kultur und Sprache beitragen und den Kurden eine Möglichkeit zur Kommunikation bieten. Für die Bildung einer kollektiven Identität war Med-TV ein Meilenstein. Endlich gab es einen Fernsehsender in kurdischer Sprache - ein Ereignis, das kurze Zeit zuvor noch undenkbar war, da Kurdisch bis 1992 in der Türkei verboten war. Für Kurden in der Türkei war Med-TV von nun an eine Möglichkeit, offen zu ihrer Identität zu stehen. Sie konnten im Studio anrufen und die Sendungen live mit ihren Kommentaren bereichern. Der Fernsehsender hatte damit auch eine einigende Wirkung auf die kurdische Diaspora. Vier Jahre nach Sendestart war jedoch Schluss. Die Türkei unterstellte Med-TV Nähe zur radikalen Arbeiterpartei Kurdistans PKK und setzte damit die britischen Behörden unter Druck. Es waren turbulente Zeiten für Hikmet Tabak und seine Mitarbeiter. Terrorspezialeinheiten der britischen Polizei führten Razzien in den Räumen des Senders durch. Verhaftungen waren an der Tagesordnung. 1999 stellte der Sender dann seinen Betrieb ein, nachdem ihm die Independent Television Commission die Sendelizenz entzogen hatte. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass Med-TV enge Verbindungen zur PKK hätte. Trotz dieses Rückschlags schrieb der Sender Fernsehgeschichte und leistete Pionierarbeit für andere Kanäle in kurdischer Sprache.

Fast 20 Jahre nach der Gründung von Med-TV hat sich die kurdische Medienlandschaft erheblich vergrößert: Mehr als 30 terrestrisch oder über Satellit übertragene Fernsehkanäle gibt es weltweit, darunter TRT-6, der vom türkischen Staat betrieben wird und im Januar 2009 auf Sendung ging. Diese Entwicklung wäre in den 1990er Jahren noch undenkbar gewesen. Die Türkei sperrte sich lange erfolgreich gegen sämtliche Zugeständnisse an die Kurden. Sie glorifizierte den eigenen Nationalismus und ließ ethnischen sowie religiösen Minderheiten wenig Raum zur Selbstentfaltung. Die kurdische Sprache war mit Publikationsverboten öffentlich zum Schweigen gebracht. Schriftsteller, Schauspieler und Sänger wurden bis 1992 verhaftet, wenn sie sich dieser Sprache in ihrer Kunst bedienten. Die türkische Justiz warf ihnen vor, Terroristen oder Vaterlandsverräter zu sein. So scheint es heute nahezu unglaublich, dass der staatliche TRT-6 mit türkischen Steuergeldern ein kurdisches Programm produziert.

Eine mediale kurdische Gemeinschaft formiert sich nicht nur via Fernsehen, sondern auch im Internet. Dort werden politische Debatten geführt, Freundschaften geknüpft, Musik getauscht, Gedichte geschrieben und Filme veröffentlicht - alles in den kurdischen Dialekten Kurmanci, Sorani, Zakaki und Gorani. Selbst virtueller Sprachunterricht und die passende Literatur sind im World Wide Web zu finden. Die Tabuisierung der kurdischen Sprache und Kultur in der Türkei wird somit hinfällig: Im Gegensatz zu Printmedien, die früher rigoros zensiert wurden und nur kleine, regionale Leserkreise erreichten, ist es für Staaten schwieriger, das Internet zu reglementieren. Zudem verkleinert die virtuelle Gemeinschaft die Distanz zwischen Diaspora und Heimatgemeinden erheblich. Kurden in Deutschland, Frankreich und anderen Ländern können Diskurse in der Heimat mitverfolgen und sich aktiv an ihnen beteiligen.

Die Bedeutung der Medien für die kurdische Identität hat auch eine politische Tragweite: Kurdischer Nationalismus und das Zeigen von Symbolen sind wesentlicher Programmbestandteil der meisten kurdischen Fernsehsender. Die Zuschauer sollen das Gefühl bekommen, Bürger einer kurdischen Gemeinschaft zu sein. Damit steht das Ringen um Medien- und Meinungsfreiheit auch immer im Zeichen kurdischer Unabhängigkeitsbestrebungen. Längst ist der Kampf um den eigenen Staat ein Propagandakrieg geworden. Die Türkei fährt mit TRT-6 schwere mediale Geschütze gegen die PKK auf, die mit Roj TV bis 2012 ebenfalls einen eigenen Fernsehsender betrieb. TRT-6 versuchte, mit einem kurdischen Unterhaltungs- und Nachrichtenprogramm einen Gegenpol zur PKK-Propaganda zu etablieren. Da TRT-6 zum türkischen Staatsfernsehen gehört, befürchtete die PKK, dass der Kanal nun auf Kurdisch türkischen Nationalismus propagiere und verzerrt über türkische Militäreinsätze in den Kurdengebieten berichte. Jeder, der TRT-6 schaue, sei ein Verräter, erklärte die radikale Partei.

Nicht nur in der Türkei sind kurdische Medien im Aufwind. In Irakisch-Kurdistan unterhalten die beiden großen kurdischen Parteien PUK und DKP jeweils eigene Fernsehsender: Kurdsat und Kurdistan TV. Die kurdische Partei der Demokratischen Union (PYD) in Syrien verschickt via Internet täglich Newsletter in alle Welt und berichtet auf dem parteieigenen Fernsehkanal Ronahi TV vom syrischen Bürgerkrieg.

Die Angebotsvielfalt offenbart jedoch auch innerkurdische Konflikte: Unter den kurdischen Gruppen in Syrien, im Irak und Iran sowie in der Türkei ist längst ein Machtkampf entbrannt, bei dem regionale Führungsansprüche um das ganze kurdische Gebiet laut werden. Dieses Tauziehen spiegelt sich auch in der Berichterstattung der unterschiedlichen kurdischen Privatsender wider. Zwar birgt die kurdische Medienlandschaft mittlerweile großes Potential, die Anliegen dieser Minderheit einer breiteren, internationalen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Andererseits fehlt es ihr bisweilen an professioneller Distanz, da sich viele Sender nicht klar genug von politischen Einstellungen abgrenzen. Mit der Diversität der kurdischen Medienlandschaft nimmt auch die Meinungsvielfalt zu. Medien lösen Streitigkeiten nicht mit der Waffe in der Hand, sondern in der Debatte. So ist es auch ihre Aufgabe, den aktuellen Friedensprozess zwischen Kurden und Türken als objektive Beobachter mitzutragen und damit ihre Rolle als demokratische Kraft innerhalb der kurdischen Gemeinschaft unter Beweis stellen.

Linus Mandl absolvierte im Sommer 2013 ein Praktikum im Nahost-Referat der Gesellschaft für bedrohte Völker. Seit September 2012 ist er Student des "German Turkish Master's Program in Social Sciences" der Technischen Universität des Nahen Ostens in Ankara und der Humboldt-Universität in Berlin. Er war bereits in Ankara und Istanbul und hat auch die kurdischen Gebiete in der Südosttürkei und dem Nordirak besucht.

Zukunft indianischer Medien in den USA ist ungewiss [ oben ]

Alle hören KILI

Von Sandy Naake

Fanny Bräuning drehte 2009 den preisgekrönten Dokumentarfilm 'No More Smoke Signals'. Sie porträtierte das für die Lakota so wichtige Radio KILI . 'Ein vergessener Ort zwischen Kampf und Hoffnung, zwischen indianischem Mythos und dem Alltag im ärmsten Reservat der USA. Bei KILI RADIO läuft alles zusammen. Statt Rauchzeichen sendet KILI seine Signale durch die Weite der grandiosen Landschaft, mit einer wunderbaren Mischung aus Humor und Melancholie'. Fanny Bräuning drehte 2009 den preisgekrönten Dokumentarfilm "No More Smoke Signals". Sie porträtierte das für die Lakota so wichtige Radio KILI . "Ein vergessener Ort zwischen Kampf und Hoffnung, zwischen indianischem Mythos und dem Alltag im ärmsten Reservat der USA. (…) Bei KILI RADIO läuft alles zusammen. Statt Rauchzeichen sendet KILI seine Signale durch die Weite der grandiosen Landschaft, mit einer wunderbaren Mischung aus Humor und Melancholie.

Die Lakota-Großmutter aus South Dakota, die zu traditionellen Klängen erwacht, der indianische Landwirt, der den Wetterbericht hört, der junge Vater, der die Stellenangebote verfolgt und der Teenager, der einfach nur das Radio wegen Rock'n Roll-Musik laut aufdrehen möchte - all diese Menschen sollen erreicht werden. So hat es sich KILI Radio vorgenommen. Seit 1983 sendet die "Stimme der Lakota" im Pine-Ridge-Reservat in South Dakota.

Doch der Sendungsbeginn wurde kritisch beäugt. "Terroristen bauen Radiostation auf", titelte damals die Rocky Mountain News. KILI Radio wurde von Mitgliedern der Amerikanischen Indianerbewegung (American Indian Movement/AIM) - eine indianische Protestbewegung - gegründet, die vor allem in den 1970er Jahren von der US-Politik kriminalisiert wurde: 1973 besetzte die AIM 71 Tage lang das im Pine-Ridge-Reservat gelegene Dorf Wounded Knee - ein geschichtsträchtiger Ort, an dem US-Soldaten 1890 hunderte wehrlose Lakota massakrierten. Die Protestbewegung forderte die Überprüfung von Vertragsbrüchen und die Untersuchung der Zustände in den Reservaten. Es kam immer wieder zu Schusswechseln zwischen FBI, Militär und den Besatzern.

Im Jahr 2006 erlebte KILI Radio einen Tiefpunkt. Im Frühling schlug ein Blitz in die Rundfunkantenne ein. "Seit KILI Radio nicht mehr sendet, wissen wir gar nicht mehr, was bei uns passiert", klagte damals ein Hörer. Knapp ein Jahr dauerte es, bis eine neue Antenne dank Spenden angeschafft werden konnte. Dieser "Blackout" hat den Lakota jedoch deutlich gemacht, dass eine selbstverwaltete Radiostation keine Selbstverständlichkeit ist und wie wichtig KILI Radio als Informationsmedium ist: Sportereignisse und politische Anhörungen werden live übertragen oder Geburtstage, Todesanzeigen und Stellenangebote im Reservat vorgelesen. Vieles wird in Lakota gesendet, um die Sprache und die Kultur zu bewahren.

Bobby Gomes (rechts) von Radio KAHU in Hawaii heißt junge Musiker willkommen. KAHU war von 2010 bis 2013 die einzige Radiostation im Besitz von indigenen Hawaiianern. Weil die Produktionskosten nicht mehr getragen werden konnten, musste Gründer Wendell Kaehuaea die Sendelizenz an Hawai`i Public Radio verkaufen. Bobby Gomes (rechts) von Radio KAHU in Hawaii heißt junge Musiker willkommen. KAHU war von 2010 bis 2013 die einzige Radiostation im Besitz von indigenen Hawaiianern. Weil die Produktionskosten nicht mehr getragen werden konnten, musste Gründer Wendell Kaehuaea die Sendelizenz an Hawai`i Public Radio verkaufen.

Desolate digitale Infrastruktur
Das Radio-Engagement der Lakota darf jedoch nicht über die desolate Situation indianischer Medien in den USA hinwegtäuschen. Nach Angaben von Native Public Media (NPM) - eine Organisation, die seit 2004 Native Americans beim Aufbau von Radiostationen beratend zur Seite steht - haben nur 53 von 566 in den USA lebenden indianischen Völkern eigene Radiostationen. Hinzu kommt, dass die digitale Infrastruktur in den Reservaten kaum ausgebaut ist. Nur jede dritte Familie, die in einem Reservat lebt, hat einen Telefonanschluss. Weniger als zehn Prozent der in den Reservaten lebenden Native Americans haben überhaupt Breitbandanschlüsse.

Loris Ann Taylor auf dem Hopi-Reservat in Arizona war zehn Jahre alt, als sie das erste Mal in ihrem Leben Radio hörte. Ein Tourist schenkte ihrem Großvater ein batteriebetriebenes Radio, denn Elektrizität gab es in ihrem Dorf nicht. Dieses Erlebnis scheint sie geprägt zu haben: Heute ist Taylor Präsidentin von NPM. "Viele Native Americans bezeichnen indianische Radiostationen als ,Heimat', als ,Bewahrer von Kultur, Geschichte und Sprache', als eine ,Schule ohne Mauern'. Es gibt so viele dunkle Flecken [bezüglich der Existenz von Radiostationen, d. A.], die wir beseitigen müssen", sagt Taylor.

Werden gedruckte Zeitungen überleben?
Indianische Medien schaffen eine Gegenöffentlichkeit zu konventionellen Medien, die über die Probleme der Native Americans wenig oder gar nicht berichten oder Stereotype und Vorurteile verbreiten. Bereits 1828 erschien die erste von Indianern herausgegebene Zeitung The Cherokee Phoenix in den Sprachen Cherokee und Englisch. Sie berichtete vor allem über politische und juristische Entscheidungen, die die Cherokee betrafen. Mit der Monatszeitschrift Ádahoonílígíí folgte nach The Cherokee Phoenix in den 1940er und frühen 1950ern die zweite, regelmäßig erscheinende Zeitung von Native Americans, die zunächst ausschließlich in der Sprache Navajo publiziert wurde - nach 1947 auch in Englisch. Der Betrieb wurde 1957 aufgrund finanzieller Schwierigkeiten eingestellt. Nur zwei Jahre später ging der Nachfolger Navajo Times in Druck - eine Wochenzeitung, die bis heute überlebt hat und zurzeit mit einer Auflage von 25.000 Exemplaren die größte, (noch) gedruckte indianische Zeitung in den USA ist.

Die führende mediale Stimme der indianischen Bürgerrechtsbewegung in den 1960er und 1970er Jahren war die Akewsasne Notes. Am Küchentisch des Mohawk Ernest Kaientaronkwen Benedict wurde im Dezember 1968 die Idee einer "Widerstandszeitung" geboren. Da sie mit Spenden finanziert wurde, konnte sie sich ihre Unabhängigkeit weitestgehend bewahren. Die Akewsasne Notes war eine stammesübergreifende Zeitung. Sie verstand sich als Stimme der Haudenosaunee ("Leute des Langhauses"), der Six Nations - sechs Stämme, die einer gemeinsamen Sprachfamilie angehören: Cayuga, Mohawk, Oneida, Onondaga, Seneca und Tuscarora. Sie berichtete nicht nur über den eigenen Widerstand und die Lebensbedingungen in den Reservaten, sondern schaute auch über den Tellerrand hinaus: So waren die Unterdrückung der Tibeter oder die Zerstörung des Regenwaldes immer wieder Thema.

Im Januar 1988 stand die Zeitung kurz vor dem Aus. Unbekannte warfen eine Brandbombe in die Redaktionsräume der Akewsasne Notes in Akewsasne im Bundesstaat New York nahe der kanadischen Grenze. "Unsere Büros wurden von denen unter uns in Akwesasne zerstört, die nicht möchten, dass wir über die Probleme der Haudenosaunee berichten - über kriminelle Taten und unmoralisches Handeln. Sie hätten es fast geschafft, aber wir werden überleben", schrieb die Akwesasne Notes in der ersten Ausgabe nach dem Anschlag. 1997 wurde das Erscheinen der Zeitung aufgrund zu hoher Produktionskosten eingestellt.

Die Wochenzeitung Indian Country Today ist heute die führende Nachrichtenquelle für Native Americans, sozusagen eine panindianische Publikation. Seit Sommer 2013 ist die Zeitung nur noch digital zu beziehen. "In unserer Zeit ist die Technik so weit fortgeschritten, dass wir nur sicher gehen wollen, unserer Leserschaft das zu geben, was sie wirklich braucht", begründet Herausgeber Ray Halbritter den Schritt, den Druck einzustellen - obwohl nur 43 Prozent der Native Americans und weniger als zehn Prozent, die in Reservaten leben, Internetzugang haben. Diese Statistiken schrecken auch Suzanne Sobel von Indian Country Today nicht ab. Viele würden eh ihr Smartphone benutzen und sich informieren, sagt sie. Zudem erreiche man online viel mehr Leser und somit vielleicht auch potenzielle Unterstützer und Lobbyisten für die Beseitigung von Missständen, argumentiert Sobel.

Sheena Louise Roetman mit Creek- und Lakota-Vorfahren sieht das kritischer. Vor allem die Älteren würden dann keine Informationsquelle mehr haben, meint sie. Der Oglala Lakota Tim Giago, der Indian Country Today 1981 gegründet und 1998 an die Oneida Nation verkauft hat, schließt sich ihrer Meinung an: "Die Navajo Times ist nun die größte indianische Zeitung in Amerika und die Auflage wächst weiter, weil die Leser immer noch lieber eine richtige Zeitung in den Händen halten. Denn viele Navajo haben keinen Internetzugang."

Liegt die Zukunft doch im Radio?
"Im Hopi-Reservat gibt es keine Feuerwehr. Wenn es Buschbrände gibt, sind wir die einzigen, die die Menschen warnen können", sagt Richard Davis vom Radiosender KUYI. 2010 überzog ein Schneesturm das Reservat. KUYI informierte die Hopi darüber, an welchen Stellen die Nationalgarde Lebensmittel aus der Luft abwerfen werde.

Radio ist insbesondere im geographisch isolierten Alaska elementar, um die Gemeinschaften miteinander zu verbinden. "Wir sind die einzige Radiostation innerhalb von 94.000 Quadratmeilen" (94.000 Quadratmeilen sind umgerechnet 243.450 Quadratkilometer. Das entspricht der Fläche von Großbritannien), sagt Jeff Seibert vom Radio KBRW in Barrow, der nördlichsten Stadt der USA. Weil die Menschen dort sehr spirituell sind, gibt es viele religiöse Sendungen auf Englisch und Iñupiat - eine der Sprachen der in Alaska lebenden Indigenen.

Nur 57 Prozent aller indianischer Stationen in Nordamerika senden in ihrer Stammessprache. "Natürlich versuchen wir mit allen Mitteln, mehr Inhalte in unserer Sprache auszustrahlen. Aber es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, weil es nur wenige Sprecher gibt", klagt Margaret Rousu, "Nur noch vier Menschen in unserem Reservat können fließend Ojibwe sprechen." Rousu arbeitet für Niijii Radio in dem Reservat White Earth in Minnesota.

Doch nicht nur das bereitet indianischen Radiomachern Sorgen: 35 Stationen sind auf Zahlungen von der Corporation for Public Broadcasting (CPB) angewiesen - eine vom US-Kongress gegründete Stiftung, die Gelder an verschiedene Institutionen verteilt. Das Budget lag für das Jahr 2014 bei 4,5 Millionen US-Dollar (3,3 Millionen Euro). Das sind durchschnittlich nur 95.000 Euro pro Station, um den Sendebetrieb aufrechtzuerhalten. Das Jahr zuvor war der Etat für die Radiosender noch fünf Prozent höher.

Richard Davis vom Hopi-Radio KUYI mahnt: "Natürlich kann unsere Gemeinschaft auch ohne uns [dem Radiosender, d. A.] überleben, aber das würde sie in Gefahr bringen. Wir machen hier wirklich revolutionäre Arbeit. Jeder Tag, an dem wir unsere Sprache über den Äther verbreiten, ist ein weiterer Tag, an dem wir das Sterben unserer Kultur aufhalten können."

Mapuche in Chile und Argentinien [ su ]

"Die chilenischen Medien stigmatisieren uns"

Ein Mapuche-Aktivist kettet sich an die Kathedrale in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires, um gegen willkürliche Verhaftungen von Mapuche protestieren. Ein Mapuche-Aktivist kettet sich an die Kathedrale in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires, um gegen willkürliche Verhaftungen von Mapuche protestieren. Foto: the future is unwritten/Flickr BY-NC-SA 2.0.

"Die Mauern der Intoleranz einreißen", "nicht auf Quellen zurückgreifen müssen, die uns sowieso nur diskriminieren", so stellt sich Mapuexpress (www.mapuexpress.org) vor, eine Online-Plattform, die über die Lage der etwa zwei Millionen Mapuche in Chile und Argentinien berichtet. Besonders in Chile ist ihre Situation besorgniserregend. Dort leben zwischen 1,4 und 1,6 Millionen von ihnen. Seit Jahrzehnten protestieren sie friedlich dagegen, dass sie ihr Land, das ihnen in der Militärdiktatur unter Augusto Pinochet (1973 bis 1990) genommen worden war, nicht zurückbekommen. In dem Protest der "Menschen der Erde", so wie sich die Mapuche selbst bezeichnen, sehen die politischen Machthaber jedoch Terrorismus.

Willkürliche Verhaftungen stehen auf der Tagesordnung. Umso wichtiger ist es, sich im 21. Jahrhundert auch medial zu organisieren und auf die Probleme der Mapuche aufmerksam zu machen. Im Jahr 2000 riefen deshalb die in den Niederlanden lebenden Mapuche Alfredo Sequel und Rafael Railaf Mapuexpress ins Leben. Mittlerweile wird die Internetseite täglich von 3.000 Menschen besucht, die dort mehr als 6.000 Artikel lesen können. Die Redaktion von "bedrohte Vöker - pogrom" war neugierig auf die Arbeit von Mapuexpress und hat mit Rafael Railaf gesprochen.

Rafael Railaf, einer der Gründer von Mapuexpress. Rafael Railaf, einer der Gründer von Mapuexpress.

bedrohte Völker: Warum ist die Internetseite von Mapuexpress nicht in Chile angemeldet?
Rafael Railaf: Wir haben uns entschieden, eine freie und unabhängige Plattform außerhalb Chiles online zu stellen, um Probleme mit der chilenischen Regierung zu vermeiden. Dort werden die Mapuche nicht nur verfolgt, sondern auch ihr Kommunikationsnetz wird streng überwacht. Auf Mapuexpress haben unsere Mitglieder in Chile somit eine Möglichkeit, Informationen und Nachrichten über die Mapuche zu veröffentlichen. Unsere erste Domain war in den Niederlanden gemeldet und wurde von der Mapuche Folil Foundation betreut. Seit 2013 ist Mapuexpress komplett unabhängig und hat ein eigenes Webteam. Die neue Internetseite ist ebenfalls nicht in Chile gehostet, genau aus dem gleichen Grund, als wir Mapuexpress ins Leben gerufen haben.

bedrohte Völker: Was ist das Hauptziel von Mapuexpress?
Rafael Railaf: Als wir das Netzwerk noch nicht hatten, waren wir gezwungen, uns in der normalen Presse zu informieren, die jedoch sehr gegen uns eingestellt ist. Die chilenischen Medien berichten zudem sehr reißerisch und parteiisch und sind hauptverantwortlich dafür, dass die Mapuche stigmatisiert werden. Sie sind es, die Angst unter den Chilenen schüren. Mapuexpress hingegen ist eine unabhängige Plattform, die die Probleme der Mapuche ohne Zensur weltweit publik macht. Es muss an dieser Stelle aber auch erwähnt werden, dass die Medienmoguln Geschäftsmänner sind, die Land in der Region Araukanien (Region im Süden Chiles, in der die Mapuche leben) gekauft haben. Sie haben nur ein wirtschaftliches Interesse daran, die Situation von Angst und Unterdrückung aufrechtzuerhalten.

bedrohte Völker: Für wen macht ihr Mapuexpress?
Rafael Railaf: Für all diejenigen, die wissen möchten, was in den Mapuche-Gemeinden wirklich passiert.

bedrohte Völker: Wie kommt ihr an eure Informationen?
Rafael Railaf: Wir haben Mitglieder in verschiedenen Gebieten in Chile und Argentinien, in denen Mapuche leben, und die uns von dort die Information zukommen lassen. Das können Studenten, aber auch Fachleute sein. Andere Nachrichten bekommen wir auch von Nicht-Mitgliedern, die uns Informationen per E-Mail schicken.

bedrohte Völker: Habt ihr Drohungen für eure Arbeit erhalten?
Rafael Railaf: Ja, zu Beginn, als wir mit Mapuexpress begonnen haben. Aber das hat ziemlich rasch wieder aufgehört, als klar wurde, dass wir eine unparteiische Plattform sind.

bedrohte Völker: Wer hat euch bedroht?
Rafael Railaf: Die Chilenen glauben kaum, dass die Mapuche dazu fähig sind, ein großes indigenes Netzwerk aufzubauen. Gerade zu Beginn wurden wir als radikale Mapuche stigmatisiert, die außerhalb von Chile finanziert werden. Sie konnten sich nicht wirklich vorstellen, dass Mapuexpress eine Initiative von einer neuen Mapuche-Generation ist, die in Europa aufgewachsen ist, hier studiert hat und sich dennoch den Mapuche in Südamerika zugehörig fühlt und diese unterstützt.

Mexiko und Guatemala [ oben ]

Von den Maya und ihren Medien

Von Stephanie Brause

Szenenbild aus dem Trailer zur mexikanischen Telenovela Szenenbild aus dem Trailer zur mexikanischen Telenovela "Baktún", in der fast ausschließlich Maya-Yucateco gesprochen wird. In der Serie werden auch kulturelle Elemente der Maya wie die hier abgebildete Zeitrechnung erklärt.

Der junge Maya Jacinto wandert nach New York aus. Zuhause gibt es keine Arbeit. Als sein Vater im Sterben liegt, kehrt er in seine Heimat zurück. Jacinto versucht dort, seine vergessene Muttersprache Maya-Yucateco sowie seine kulturellen Wurzeln wiederzufinden. Langsam erkennt Jacinto die Notwendigkeit, seine Kultur zu bewahren und diese zeitgleich in die "moderne" Welt zu integrieren. Eine Geschichte aus dem Leben wie es scheint: Doch Jacintos Geschichte ist der Plot der ersten Telenovela "Baktún", in der fast ausschließlich Maya-Yucateco gesprochen wird - seit Juli 2013 wird sie im mexikanischen Bundesstaat Quintana Roo ausgestrahlt. Telenovelas sind in Mittel- und Südamerika ein sehr beliebtes Sendeformat. Deshalb, meint Regisseur Bruno Cárcamo, dass dieses Genre Potenzial habe, indigene Sprachen zu stärken. Die Macher der Telenovela versuchen, die Traditionen der Maya so authentisch wie möglich darzustellen sowie kulturelle Elemente wie die Zeitrechnung der Maya oder Riten und Bräuche zu erklären. Selbst die Handlung wurde kulturellen Normen angepasst: 300 Kuss-Szenen wurden herausgeschnitten, da öffentliche Bekundungen von Zuneigung vor der Heirat bei den Maya wenig Zustimmung findet. In Mexiko leben etwa 759.000 Menschen, die Maya-Yucateco sprechen. Maya-Yucateco ist eine von zahlreichen Varianten der Maya-Sprachfamilie Maya; rund zehn Millionen können daher die Fernsehproduktion verstehen. Das Projekt hat bereits großes Interesse in anderen Ländern wie Peru und Bolivien geweckt.

Maya-Yucateco ist auch die erste indigene Sprache, in die der Internetbrowser Firefox übersetzt wurde. Auf diese Idee kamen die Mitarbeiter von Firefox, als die mexikanische Regierung im Jahr 2009 364 indigene Sprachen neben dem Spanischen offiziell anerkannt hat. Ziel dieses ehrgeizigen Projekts ist es, die indigenen Sprachen Mexikos zu stärken. Zudem sollen Internetnutzer erkennen, dass ihre Sprachen wesentlich mehr Reichweite haben können, als nur bei Gesprächen über den Gartenzaun. Indigene Sprecher haben so auch die Möglichkeit, ihr Wissen in ihrer eigenen Sprache im Netz zu verbreiten und sich stärker mit ihr zu identifizieren. Die Anfänge des Pilotprojekts waren jedoch mit einigen Schwierigkeiten verbunden: Indigene Muttersprachler mussten gefunden werden. Indigene Gemeinden waren zunächst skeptisch. Die Projektentwickler mussten den Gemeindemitgliedern erst erklären, welche Vorteile das Internet bietet und wie dort gefundene Informationen verwertet werden können. Ein weiteres Problem war das Bildungsniveau der indigenen Sprecher. Die Übersetzung komplexerer Texte in die jeweilige indigene Sprache war daher problematisch. Viele beherrschen zudem ihre Sprache nur mündlich. Da kaum Literatur in ihrer Sprache existiert, können sie diese oft weder lesen noch schreiben.

Trotz der Schwierigkeiten wurde Firefox mittlerweile in 26 indigene Sprachen wie Nahuatel, Zapotekisch und Wixárika übersetzt. Das Projekt geht jedoch inzwischen über seinen ursprünglichen Rahmen hinaus und nimmt auch indigene Sprachen aus anderen Ländern wie Guatemala, Ecuador und El Salvador auf.

Menschenrechtler aus verschiedenen Ländern helfen 2011 einer Maya-Gemeinschaft in Guatemala beim Aufbau eines Radiosenders, damit sie sich gegen einen kanadischen Konzern wehren können, der in der Region Gold abbaut. Menschenrechtler aus verschiedenen Ländern helfen 2011 einer Maya-Gemeinschaft in Guatemala beim Aufbau eines Radiosenders, damit sie sich gegen einen kanadischen Konzern wehren können, der in der Region Gold abbaut.

Doch auch konventionelle Kommunikationsmittel wie das Radio sind in Mexiko weiterhin von großer Bedeutung. 1979 startete das "System indigener, kultureller Radiosender", initiiert von der staatlichen Institution "Nationale Kommission für Entwicklung Indigener Völker". Mit diesem Programm soll insbesondere die indigene Bevölkerung auf dem Land erreicht werden. Momentan läuft jeder der verschiedenen Radioprogramme durchschnittlich zwölf Stunden pro Tag. Mehr als 21 Sender erreichen etwa 5,5 Millionen Indigene in über 950 Gemeinden. 75 Prozent der Radiomitarbeiter gehören selbst einer indigenen Gruppe an. Die Sendungen werden neben der Amtssprache Spanisch auch in jeweils einer der 31 indigenen Sprachen der Region übertragen. Die Themen sind vielfältig: Bildung, Gesundheit, Kultur oder Menschenrechte. Dank der Zweisprachigkeit kann mit diesem Projekt, eine Brücke zwischen indigener und nicht-indigener Bevölkerung geschlagen werden.

In Guatemala gibt es ebenfalls vielversprechende Radioprojekte. Eines ist das "Guatemaltekische Institut für Bildung via Radio" - eine Radioschule, die 1979 aufgrund der Tatsache entstand, dass viele Menschen vor allem auf dem Land wenig oder gar keinen Zugang zur Bildung haben. Die Radioschule bietet auch Kurse in den Mayasprachen Q'eqchi' und Kaqchikel an und ist auch via Internet zu empfangen. Inzwischen sind es 42.000 Schüler und Studenten, die - wo immer sie auch leben - von dem Rundfunk-Bildungsinstitut profitieren.

Medienprojekte werden in Guatemala auch staatlich gefördert wie der multikulturelle Fernsehsender TV Maya, der 2007 auf Sendung ging. Die Akademie der Maya-Sprachen, die den redaktionellen Inhalt verantwortet, möchte mit TV Maya, die Werte, Kultur, Sprachen der Maya-Völker in Guatemala bewahren, stärken und sie mit der guatemaltekischen Mehrheitsgesellschaft sowie der Weltöffentlichkeit teilen. Der multikulturelle Charakter Guatemalas soll dennoch erhalten bleiben. Daher kommen auch Ladinos, Xinca oder Garifuna (Ladinos sind spanischsprachige Nachfahren von weißer und indigener Bevölkerung. Die Xinca sind eine indigene Bevölkerungsgruppe, die im Süden von Guatemala leben. Garifuna sind Nachfahren westafrikanischer Sklaven und Kariben) zu Wort. Das Programm ist mehrsprachig. So wird etwa die Kultursendung "Riqachoch" sowohl in Spanisch als auch in Kaqchikel ausgestrahlt.

Diese Projekte sind erfolgversprechend für die Zukunft indigener Medien in der jungen Demokratie. Erst 1996 endete in Guatemala der Jahrzehnte währende Bürgerkrieg zwischen staatlichen Militärs und Guerillatruppen, dem bis zu 200.000 Menschen - vor allem Maya - zum Opfer fielen. Dennoch gibt es noch tausende Radiosender, die ohne staatliche Genehmigung ihr Programm ausstrahlen. Einer dieser Piratensender ist das Maya-Radio Ixchel im Verwaltungsbezirk Sumpango. Dort verdienen die Menschen durchschnittlich gerade einmal 250 US-Dollar im Monat. Sendelizenzen sind vor allem für die ländliche Bevölkerung unerschwinglich. Hunderttausende US-Dollar müssen Radiobetreiber auf den Tisch legen, um offiziell senden zu dürfen. Im Jahr 2006 haben Polizisten die Räume von Radio Ixchel durchsucht und technische Geräte konfisziert. Doch der Piratensender gab nicht auf: Mithilfe von Spenden kann er nun seine bis zu 8.000 Zuhörer mit Nachrichten und Marimbaklängen versorgen. Heute werden es die Behörden schwer haben, den kleinen Sender zu schließen, müssen sie die Redaktionsräume doch erst einmal finden. Nichts weist von außen daraufhin, dass in dem Gebäude "mediale Piraten" aus dem Untergrund auf Kaqchikel senden.

Stephanie Brause unterstützte von Oktober 2013 bis Januar 2014 das Referat für Indigene Völker der Gesellschaft für bedrohte Völker. Sie macht zurzeit ihren Master of North and Latin American Studies und hat Mittel- und Südamerika im Rahmen ihres Studiums bereits mehrfach bereist.

Nasa in Kolumbien [ oben ]

Indigene mobilisieren sich online

Von Ulrich Morenz

Nasa in der Region Cauca/Kolumbien. Nasa in der Region Cauca/Kolumbien.

Auf die Straße gehen, um Gerechtigkeit, Land, Autonomie sowie politische Teilhabe zu fordern - klassische Protestformen sind nach wie vor ein bewährtes Mittel. Doch die etwa 200.000 Nasa in Kolumbien, die nach den Wayúu die zahlenmäßig zweitgrößte indigene Gemeinschaft des Landes sind, nutzen seit einigen Jahren auch zunehmend das Internet, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen.

Die Nasa siedeln überwiegend in der südwestlichen Region Cauca, die die internationale Wirtschaft seit den 1980er Jahren im Visier hat, um dort etwa Ölpalmen anzubauen oder Kohle zu fördern. Der traditionelle Lebensraum der Nasa ist daher gefährdet. Zudem tummeln sich dort Drogenschmuggler und -produzenten. Die Abgeschiedenheit der in den Bergen gelegenen Region ist "prädestiniert" für den Anbau von Kokapflanzen und deren Weiterverarbeitung zu Kokain. Cauca dient auch der marxistischen Guerillagruppe FARC, die einen politischen Umsturz mit militärischen Mitteln anstrebt, als Rückzugsgebiet. Seit dem Jahrtausendwechsel hat sich dort der Kampf zwischen kolumbianischen Militär und der FARC verschärft. Überdies sind seit Ende der 1990er Jahre verschiedene paramilitärische Verbände in der Region aktiv, die ebenfalls in den Drogenhandel verwickelt sind und gewaltsam territoriale Ansprüche von Großgrundbesitzern und Konzernen durchsetzen - zu Lasten der afrokolumbianischen und indigenen Zivilbevölkerung.

In diesem Krieg sind die Nasa zunehmend zwischen die Fronten geraten und wiederholt Opfer von starken Menschenrechtsverletzungen durch alle beteiligten bewaffneten Konfliktparteien geworden. Mord, Vertreibung, Zwangsrekrutierung von Kindern und Jugendlichen, illegale Enteignungen, Zwangsprostitution, Verfolgung sowie Entführungen sind und waren probate Praktiken, die Interessen anderer durchzusetzen. Der Krieg hat so die ohnehin schon stark sozioökonomisch und kulturell benachteiligten kolumbianischen Minderheiten noch weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt.

Dennoch lassen sich die Nasa nicht entmutigen; ihr Durchhaltevermögen ist bewundernswert. So wie die Mapuche im Süden von Chile wehrt sich das Volk seit dem Beginn der Kolonialzeit in den 1530er Jahren gegen Unterdrückung und Diskriminierung.

Für den indigenen Nasa-Aktivisten Adolfo Gustavo Ulcué (Ulcué ist Mitarbeiter von ACIN (Asociación de Cabildos Indígenas del Norte del Cauca, Vereinigung der indigenen Räte des Nord-Cauca) und betreut die Internetseite der Organisation. In seiner politisch-journalistischen Aktivität ist er zunehmend bedroht worden. Er sah sich 2009 schließlich gezwungen, seine Familie und seine Gemeinde zu deren Schutz zu verlassen) der seit Jahren verschiedene Medienprojekte im Internet koordiniert, ist es notwendig, dass die Nasa auch im Netz präsent sind: "Die Berichterstattung in den privaten und öffentlichen Medien vermittelt ein verzerrtes und stark abweichendes Bild von der tatsächlichen Lebensrealität der indigenen Völker. Dieses Bild wird jedoch für kulturelle Propaganda gebraucht, um das Land touristisch aufzuwerten. Wenn wir aber auf die Straße gehen, um uns Rechte einzufordern, inszenieren uns die Massenmedien als Aufständische, Guerilleros oder gar als Wilde.

Sie kriminalisieren unsere Forderungen. Das Internet hat uns ermöglicht, unsere eigene Sicht der Dinge darzustellen und zu zeigen, warum wir aufbegehren." Es ist immens wichtig, eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen: Der Medienmarkt in Kolumbien ist stark konzentriert; er ist zu 80 Prozent in der Hand von nur vier Unternehmergruppen. Nicht nur auf Internetseiten informieren die Nasa deshalb über ihre Probleme, sondern nutzen gleichzeitig soziale Netzwerke und mobile Formen des Internetzugangs. "Durch das mobile Internet schaffen wir es, Demonstrationen live im Netz zu übertragen und in Echtzeit Fotos, Audios, Videos oder Kommentare auf unseren Internetseiten einzubauen. Dieses Vorgehen hat zur Folge, dass viele Internetnutzer die Informationen über Twitter und Facebook weiterverbreiten. So können wir in vielen Teilen der Welt wahrgenommen werden. Das Internet ist für uns ein wichtiges Werkzeug der Verteidigung und Solidarität geworden", meint Ulcué.

Überschwemmung in Cauca/Kolumbien. Die Region liegt sehr abgeschieden. Das zieht illegale Holzfäller und Drogenschmuggler an - auf Kosten der Nasa, die sich gegen die Eindringlinge zu wehren versuchen. Überschwemmung in Cauca/Kolumbien. Die Region liegt sehr abgeschieden. Das zieht illegale Holzfäller und Drogenschmuggler an - auf Kosten der Nasa, die sich gegen die Eindringlinge zu wehren versuchen.

Der Online-Aktivismus der indigenen Gemeinschaft ist nicht nur nach außen gerichtet, sondern das Internet ist gleichermaßen für die Nasa auch untereinander ein wichtiges Kommunikationsmedium: Schnell und flächendeckend wird online über anstehende politische Kampagnen informiert. Ebenso bietet das Internet die Möglichkeit, die Traditionen der Nasa darzustellen und die Kultur wiederzubeleben - einige entfremden sich aufgrund von gesellschaftlicher Diskriminierung zunehmend von ihrer eigenen Kultur.

Diese Form des Internetaktivismus steckt momentan noch in den Kinderschuhen aufgrund begrenzter finanzieller Mittel. Angesichts eines anhaltenden Klimas der Gewalt konzentriert sich die Arbeit der Nasa im Internet derzeit eher auf politische und menschenrechtliche Themen. Eine Rückkehr zu den traditionellen Wurzeln der Nasa soll in den kommenden Jahren jedoch weiter durch das Internet ausgebaut werden, vor allem mit der Wiederbelebung der Sprache Nasa Yuwe. "Wir haben in jüngster Zeit interaktive Spiele entwickelt, die das Erlernen von Nasa Yuwe in Bildungseinrichtungen erleichtern. Wir haben vor, diese Spiele in die digitale Welt einzubetten. Das soll den herkömmlichen Lernprozess ergänzen und zur Bewahrung unserer Sprache und Kultur beitragen", sagt Ulcué.

Das Beispiel der Nasa zeigt - stellvertretend für alle anderen indigenen Völker dieser Welt - die immense Bedeutung des Internets für die Durchsetzung ihrer Rechte. Sie haben eine Gegenöffentlichkeit schaffen sowie nationale und internationale Solidarität erzeugen können. Finanzielle und technisch-infrastrukturelle Probleme stehen jedoch einem erfolgreicherem Engagement im Internet noch im Weg. Aber der "virtuelle Kampf" hat erst begonnen.

Ulrich Morenz absolvierte 2013 ein Praktikum im Referat für Indigene Völker bei der Gesellschaft für bedrohte Völker. Er studierte Lateinamerikastudien (Bachelor) und Internationale Beziehungen (Master) in Eichstätt-Ingolstadt. Morenz schrieb seine Masterarbeit über "Indigenen Cyberaktivismus im lateinamerikanischen Kontext - Das Beispiel der Nasa in Kolumbien". Er verbrachte 2012 sechs Monate in Kolumbien, um für seine Arbeit zu recherchieren.

Algerien [ oben ]

Eigene Radiosendung stärkte Selbstbewusstsein der Kabylen

Von Ouzemour Thinhinane

Abendstimmung in der Hafenstadt Béjaïa in der Kabylei. Abendstimmung in der Hafenstadt Béjaïa in der Kabylei.

Erzähler machen Geschichten lebendig - gleich einem Film, den man sich ansieht, jedoch einen Film, der vor dem inneren Auge abläuft. Seit jeher werden kabylische Märchen durch die Tajmaat, eine Dorfversammlung, in die Familien getragen und an nachfolgende Generationen weitergegeben. Diese Erzähltradition konnte die kabylische Sprache bewahren, war sie doch im Lauf der Geschichte immer wieder verschiedenen kulturellen Einflüssen ausgesetzt wie die Arabisierung im siebten und achten Jahrhundert oder die Herrschaft der Osmanen. Die Kabylen sind die überwiegend in Nord-Ost-Algerien, in der Kabylei, siedelnde Bevölkerungsgruppe, die, neben den Tuareg und den Chaoui, zu der ethnischen Minderheit der Masiren gehört. Etwa 3 bis 3,5 Millionen Kabylen leben in der Kabylei sowie weitere 2 bis 2,5 Millionen in algerischen Großstädten. Taqbaylit, die kabylische Sprache, zählt zu den Sprachen des Tamazight (Masirisch), welche erst seit 1995 in algerischen Schulen unterrichtet wird. 2002 folgte die Anerkennung als nationale Sprache im überwiegend arabischsprachigen Algerien. Der Kampf um die Bewahrung der Sprache war auch immer zugleich ein Kampf um den Erhalt der kabylischen Kultur. Dabei spielte das Radio eine wesentliche Rolle.

"Radio ist eines der effizientesten Mittel, um Kultur und Identität zu bewahren", sagt Rabah Boudjemaâ, Mitarbeiter und lokale Berühmtheit des kabylischen Radiosenders Chaine 2. Bereits in den 1920er Jahren wurde die erste Radiosendung auf Kabylisch ausgestrahlt. Die damalige Besatzungsmacht Frankreich förderte insbesondere die Kultur der Kabylen, um die zahlenmäßig nicht unbedeutende Minderheit an sich zu binden und für sich zu gewinnen. "Die Radiopolitik war in diesem Zusammenhang nur eine Facette der ,Dividere-et-imperare"-Strategie' (,Teile und herrsche'-Strategie, d. Red.); dennoch verärgerte die Gleichstellung der beiden Sprachen in der Programmstruktur der ELAK (Émissions en Langue Arabe et Kabyle) die Araber in besonderer Weise, sahen sie doch im Arabischen eine heilige Sprache, die mit einem "Berberdialekt" nicht auf eine Stufe gestellt werden durfte", schreibt Philipp Zessin in seiner Publikation "Die Stimme der Entmündigten. Geschichte des indigenen Journalismus im kolonialen Algerien" (2012).

Kabylen um 1900 in Béjaïa. Kabylen um 1900 in Béjaïa.

In der Entstehungsgeschichte des kabylischen Radios spielte Madame Lafage, die Frau eines französischen Offiziers, eine bedeutende Rolle: Sie lebte in der Region von Akbou in der Kleinen Kabylei, beherrschte die Sprache und ermöglichte durch ihren gesellschaftlichen Einfluss einer Gruppe von Frauen, 1924 die erste Radiosendung in Kabylisch zu produzieren. Die Frauen berichteten in ihren jeweils zehn bis 15 Minuten dauernden Radiosendungen über Themen aus dem Alltag. Und gerade diese Alltäglichkeit hat einen elementaren Beitrag zur Erhaltung des kabylischen Kulturerbes geleistet. Dies geschah lange, bevor die Chouyoukhs, maghrebinische Sänger, das Radio für sich entdeckten und der technische Fortschritt die Einrichtung weiterer kabylischsprachiger Studios Mitte der 1940er Jahre ermöglichte.

Boudjemaâ ist sich sicher, dass das Radio das Bewusstsein, ein Kabyle zu sein, gestärkt sowie Ikonen des Kampfes um die Anerkennung der kabylischen Kultur wie etwa Mouloud Mammeri (Kabylischer Schriftsteller (1917-1989), dem lokale Behörden bei einer Konferenz über antike kabylische Poesie Auftrittsverbot erteilt hatten. Kurz darauf brachen Unruhen in der Kabylei aus. Dies war der Auftakt zum Printemps berbère) inspiriert hat. Zudem habe das Radio einen nicht unerheblichen Beitrag zu politisch bedeutsamen Aufständen wie dem Printemps berbère (Kabylen demonstrierten im Anschluss an das Auftrittsverbot von Mouloud Mammeris gegen die Unterdrückung des Staates und besetzen in Tizi Ouzou/Kabylei die Universität, das Krankenhaus und einige Fabriken. Am 20. April 1980 stürmten Polizei und Militär die Gebäude und verhafteten viele Demonstranten, vor allem jedoch führende Vertreter der Bewegung) 1980 oder dem späteren Printemps noir (Schwarzer Frühling) im Jahr 2001 geleistet. Bei dem sogenannten Printemps noir demonstrierten Kabylen im Anschluss an den tragischen Tod von Massinissa Guermah friedlich gegen Polizeigewalt und die mangelnde Anerkennung ihrer Kultur. Der junge Kabyle war damals verhaftet und von einem Polizisten auf einer Polizeistation angeschossen worden - er starb wenig später im Krankenhaus. Sicherheitskräfte eröffneten bei den Protestaktionen während des Printemps noir das Feuer auf die Demonstranten: 132 Menschen starben, Tausende wurden verletzt.

Boudjemaâ betont, dass es Zeiten gegeben hätte, in denen man beim bloßen Aussprechen des Wortes "Amazigh" ("Masire") eine Gefängnisstrafe zu fürchten hatte. Nach der Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich im Jahr 1962 leitete der damalige Präsident Houari Boumedienne seine "Kulturrevolution" ein - in der Hoffnung, das Trauma der kolonialen Vergangenheit zu überwinden und eine nationale, arabische Identität zu schaffen mit dem Islam als Staatsreligion. Fortan gab es keinen Platz mehr, weder für die französische Sprache noch für die kabylische Kultur.

Heute gehören die Proteste der Vergangenheit an: Tamazight hat den Status einer nationalen Sprache und Radio Algerien sendet sein zweites Programm, den Kanal Chaine 2, vollständig in kabylischer Sprache. Zudem finden Konferenzen und Veranstaltungen auf Kabylisch statt. Seit den Oktoberunruhen 1988 (Am 4. Oktober 1988 strömten Jugendliche aus den Vororten der Hauptstadt Algier auf die Straßen, um gegen gravierende soziale Missstände zu protestieren. Die Demonstrationen breiteten sich innerhalb von wenigen Tagen im ganzen Land aus. Die Regierung rief den Ausnahmezustand aus. 161 Menschen starben bei den Unruhen. Andere Quellen sprechen gar von 200 bis 500 Toten. Der damalige Präsident Chadli Benjedid versprach Reformen, um die Unruhen zu beenden.. Das Mehrparteiensystem wurde eingeführt und bürgerliche Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie das Recht zur Gründung politischer Vereine gesetzlich verankert) gibt es keine Zensur mehr. Boudjemaâ unterstreicht, dass seitdem "kabylische kulturelle Organisationen wie Pilze aus dem Boden gesprossen" seien.

Ouzemour Thinhinane ist selbst Kabylin und studiert "European Studies" in Berlin.

Australiens Ureinwohner und ihre Medien [ oben ]

Ohne Angst die eigenen Geschichten zu verbreiten

Von Yvonne Bangert und Marion Caris

Aboriginals beim Unterricht in Arnhem Land/Australien. Die Sender SBS sowie National Indigenous Television (NITV) haben 2013 ein Projekt initiiert, um studierende Aboriginals und Torres Strait Islanders dabei zu unterstützen, in den Medien beruflich Fuß zu fassen. Aboriginals beim Unterricht in Arnhem Land/Australien. Die Sender SBS sowie National Indigenous Television (NITV) haben 2013 ein Projekt initiiert, um studierende Aboriginals und Torres Strait Islanders dabei zu unterstützen, in den Medien beruflich Fuß zu fassen.

"Meine Mutter hörte Anfang der 1980er Jahre in Alice Springs zum ersten Mal Radio CAAMA (Central Australian Aboriginal Media Association). Nach ihrer Heimkehr meinte sie: ,Tiga, du hättest diese Blackfellas (Synonym für Aboriginals) in Alice sehen sollen. Die haben da ihre eigenen Radioprogramme. Ich gehe jetzt zum Radiosender unserer Gemeinde und sage denen, dass wir auch Teil der Gemeinde sind und einen Anteil an der Sendezeit fordern. Und Du kommst mit.' Damals hatten neun Gemeinde-Sender gerade neue Sendelizenzen bekommen und wir aus der Gemeinde Redfern (Stadtteil von Sydney) bekamen vom Sender Skid Row zehn Stunden Sendezeit pro Woche angeboten. Daraus entstand dann Radio Redfern, das heutige Koori Radio.

Unsere indigenen Medien haben die Aufgabe, zu informieren, zu bilden, zu unterhalten und unsere Interessen zu vertreten. Sie sollen unsere eigene Geschichte, unsere Erfahrungen und unsere Identität zum Ausdruck bringen als Dienstleistung für alle, auch für die Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft", berichtet Tiga Bayles (Bayles ist vom Wirri-Clan der Birri Gubba Nation und gehört mit zu den Aboriginal-Bürgerrechtlern der ersten Stunde, die 1972 in Canberra eine symbolische Zeltbotschaft der Aboriginals errichtete n. Diese Botschaft ist ein Symbol für den Anspruch der Aboriginals auf ihre Rechte. Bis heute ist sie Anlaufpunkt für Aboriginal-Aktivisten und Menschen, die sich für die Situation der Ureinwohner interessieren) über seine ersten Erfahrungen in der Medienlandschaft der Aboriginals. Bayles war bis November 2013 Vorstandsmitglied von AICA (Australian Indigenous Communications Association).

AICA ist ein von der Regierung finanzierter Dachverband, der die Medienlandschaft für die Aboriginal- und Torres-Strait-Islander-Bevölkerung in ganz Australien regelt und Rahmenbedingungen für Funk, Fernsehen und Print festlegt - eine unabhängige Finanzierung ist nach wie vor sehr schwierig (Aboriginal- und Torres Strait Islander ist ein Sammelbegriff für die Ureinwohner Australiens und schließt die auf den Inseln in der Meeresenge Torres Strait zwischen Nordaustralien und Neuguinea lebenden Menschen ein). Indigene Medien könnten AICA zufolge zu Themen wie Gesundheit, frühkindliche Erziehung, Sicherheit in den Gemeinden und lebenslanges Lernen noch wesentlich mehr beitragen. Damit sie aber in den Zeiten von zunehmender Medienkonzentration überleben können, sei ein verstärktes Engagement der öffentlichen Hand gefordert.

Die Medienwelt der Aboriginals in Australien ist vielfältig. Für Menschen, die seit Jahrtausenden das Wissen über ihre Kultur mündlich überliefert haben, sind audiovisuelle Medien wie Rundfunk und Fernsehen nunmehr von großer Bedeutung. Nennenswert ist etwa der Kanal National Indigenous Television (NITV, www.nitv.org.au), der in mehreren Sprachen sendet und sein Programm ausschließlich den Anliegen der Ureinwohner widmet. 35 der 50 Mitarbeiter sind selbst Aboriginals.

Im Printbereich werden die Aboriginals von mehreren Zeitungen versorgt. Alle 14 Tage erscheint die Zeitung Koori Mail (www.koorimail.com), die zu 100 Prozent im Besitz der Aboriginals ist. Gewinnüberschüsse werden an Schüler und Studenten der Aboriginals und Torres-Strait-Islanders in Form von Stipendien weitergegeben oder als finanzielle Unterstützung zur Organisation von Veranstaltungen indigener Gemeinschaften.

Die Central Australian Media Association mit Sitz in Alice Springs wurde 1980 gegründet und setzt sich über ihren Radiosender und weitere Medienkanäle für die Verbreitung und den Erhalt von Kultur, Sprache, Tanz und Musik der Ureinwohner Australiens ein. Die Central Australian Media Association mit Sitz in Alice Springs wurde 1980 gegründet und setzt sich über ihren Radiosender und weitere Medienkanäle für die Verbreitung und den Erhalt von Kultur, Sprache, Tanz und Musik der Ureinwohner Australiens ein.

Die National Indigenous Times (NIT, www.nit.com.au) erscheint seit 2002 und ist die einzige in ganz Australien verbreitete Wochenzeitschrift für indigene Angelegenheiten. Die Herausgeber gaben ihren Lesern damals zwei Versprechen: zu tun, was in ihrer Macht steht, um eine Brücke zwischen dem weißen und dem schwarzen Australien zu bauen, und ohne Angst oder Gefälligkeiten über die Angelegenheiten der Aboriginals zu berichten. Die Blattmacher sind indigene sowie nicht-indigene Australier. Da die NIT nicht aus öffentlichen Mitteln bezuschusst wird, muss sie sich ausschließlich durch den Verkauf und über Anzeigen finanzieren. Berichtet wird etwa über soziale und politische Themen, die die Aboriginals betreffen, sowie über Erfolge, die indigene Australier im Geschäftsleben, der akademischen Welt oder im Sport errungen haben.

Seit 2011 gibt der Aboriginal Land Council von New South Wales - eine Selbstvertretungsorganisation der Aboriginals - die Monatszeitschrift Tracker (www.tracker.org.au) heraus. "Mit dem Magazin Tracker wollen wir die Diskussion über unsere Zukunft wieder in die Hände des eigenen Volkes legen", sagt Bev Manton, Vorsitzende des Land Council. Für den Tracker schreiben so renommierte Autoren wie die beiden Träger des australischen Journalistenpreises Walkley Award Chris Graham, der auch Chefredakteur vom Tracker ist, und Brian Johnstone sowie Aboriginal-Aktivist Gary Foley und Nicole Watson, Expertin für die Rechte der Aboriginals. Ebenfalls mit von der Partie ist der bekannte australische Journalist Jeff McMullen, der seinen Schwerpunkt auf die Landrechte der Aboriginals und Torres-Strait-Islanders legt. Mit einer Druckauflage von 35.000 Exemplaren ist der Tracker eine der größten Publikationen in Australien, die von den Ureinwohnern selbst herausgegeben werden.

Die meisten Medien der Aboriginals senden und publizieren in Englisch. Das liegt vor allem daran, dass im Osten des Landes viele Menschen ihre Sprachen gar nicht mehr sprechen können: Ihre Vorfahren wurden dort nach der Besiedlung durch die Briten 1788 entweder ausgerottet oder sind an eingeschleppten Krankheiten gestorben. So hatten die Aboriginals kaum die Möglichkeit, ihr Wissen an die nachfolgende Generation weiterzugeben. Für viele Aboriginals ist Englisch auch die Muttersprache.

Der Norden, Westen und das Zentrum Australiens wurden erst später kolonisiert. Deshalb sind dort die Sprachen der Aboriginals noch existent und werden jeweils als Lingua franca, als Verkehrssprache, gesprochen. Radiosender wie Larrakia Radio, Yolngu Radio und Waipiri Media Association strahlen daher ihr Programm in lokalen traditionellen Sprachen aus.

Dass Englisch in den Medien der Aboriginals vorherrscht, hat jedoch auch einen anderen Grund: Die Ureinwohner wollen die "anderen" Australier nicht ausschließen. Auch sie sollen von den Problemen der Aboriginals und ihren Lebenswelten erfahren - Lobbyarbeit mit Hilfe der Medien.

Marion Caris arbeitet als freiberufliche Übersetzerin in Berlin. Sie hat Verwandte in Australien und schon früh wurde ihr Interesse für den fünften Kontinent geweckt. Sie hat das Land mehrfach bereist und setzt sich intensiv mit der Position der Aboriginals auseinander.

Einen sehr guten Überblick über die Sprachen der Aboriginals und deren Verteilung finden Sie unter www.abc.net.au/indigenous/map/.


Pogrom-bedrohte Völker 278-279 (4-5/2013)