Bozen, 3. Juli 2003
Im Rahmen des Festivals
"euromediterranea" fand am Mittwoch, 3. Juli, ein Treffen
über "Kino, Information und Krieg" statt. Sehr
geschätzt wurden im Laufe des Abends die Beiträge des
Kinoproduzenten Marco Mueller, des Kriegsfotografen Livio
Senigalliesi und des Verantwortlichen der Web-Site der
Gesellschaft für bedrohte Völker Mauro di Vieste. Der
Beitrag von Mauro di Vieste wollte das Publikum insbesondere an
den vergessenen Krieg in Tschetschenien erinnern.
Nach den Beiträgen über die Rolle, die Film und
Fotografie im Erzählen eines Kriegs haben, wechselte das
Thema: diskutiert wurde über die Qualität der
Informationen, die die italienische und ausländische Presse
bieten, wenn sie über Krisengebiete im allgemeinen und
über den russisch-tschetschenischen Krieg im spezifischen
informieren. Die GfbV unterstrich dabei ihre kritische Position
der europäischen Presse gegenüber, die anscheinend und
mit seltenen Ausnahmen unfähig ist, kritisch über die
Situation in Tschetschenien zu informieren, und sich einzig und
allein an russische Informationsquellen hält.
Es wurde daraufhin die Friedensinitiative des ehemaligen
tschetschenischen Außenministers Ilja Achmadov vorgestellt,
der unter Kontrolle der UNO eine sofortige Einstellung aller
Kriegsaktionen in Tschetschenien verlangt. Diese Initiative wird
nicht nur von der GfbV unterstützt, sondern auch von der
Radikalen Partei, Adriano Sofri, den Bürgermeistern von Rom
und Florenz, der gewaltfreien Bewegung von Verona un der Langer
Stiftung. Der Appell wurde bereits von über 4.000
Persönlichkeiten unterschrieben, darunter auch Marek
Edelmann, ehemaliger Kommandant des jüdischen
Ghettoaufstandes von Warschau, Jelena Bonner, russische
Menschenrechtlerin und Witwe des sowjetischen Dissidenten Andrej
Sacharow und der grüne Europaparlamentarier Reinhold
Messner.
In einem unveröffentlichten Text über die
Tschetschenienfrage, der gestern Abend vorgestellt wurde, schrieb
Alexander Langer schon 1994: "Im Fall Tschetschenien scheint das
Verhalten der zentralen Regierung (russische, ndr) auf jeden Fall
zu verurteilen zu sein." Seitdem hat sich die Situation in
Tschetschenien sehr verschlimmert: der russische Staat
missbraucht die Armee und die Anti-Terroreinheiten, um in
Tschetschenien einen schmutzigen Krieg gegen die
Zivilbevölkerung zu führen. Im Laufe von bereits zwei
Kriegen sind 160.000 Personen umgekommen, der Großteil der
Dörfer und Städte dieser kleinen Republik wurden
bombardiert und die tschetschenischen Menschenrechtler haben die
vielen Menschenrechtsverletzungen, die sowohl von den russischen
Sicherheitskräften als auch von den tschetschenischen
Rebellen vergangen wurden, ausgehend dokumentiert.
Wir hoffen, dass im neuen Europa, das nach Osten schaut, diese
Möglichkeit zum Frieden nicht verpasst wird, und vor allem,
dass sich eine Kultur der Konfliktvorbeugung behauptet, die den
einfachen Protest bei bereits angefangenen Konflikten
ablöst.