Cayey/Puerto Rico, Bozen, 11. Juni 2004
Die Teilnehmer des 6. amerikanischen Treffens der Ureinwohner
in Cayey, Puerto Rico, vom 25. bis 30. April 2004 heben hervor,
dass Spiritualität und Kosmovision die Grundlage für
ihr Tun sind: "Die größte Krise unserer Epoche ist der
Niedergang der moralischen und ethischen Werte; diese Krise
bedroht nicht nur die Staatsvölker, sondern berührt
zunehmend auch die Gemeinschaften der Ureinwohner."
Vor diesem Hintergrund erklären sie:
"Für uns Ureinwohner bedeutet die Erde viel mehr als nur ein
Gegenstand oder ein Eigentumsrecht. Wir sind mit unserem
Mutterland untrennbar verbunden, aus ihm schöpfen wir
Klugheit, Harmonie und Gleichgewicht. Außerdem ist das Land
unser Lebensraum, der eins ist mit unseren Gemeinschaften."
"Solange die Staatsvölker die Jahrtausende alte Vision und
Klugheit der Ureinwohner nicht verstehen, werden sie immer
versuchen, ihr Land auszubeuten und zu zerstören. Die
Kulturen der Eingeborenen wurden von den europäischen
Eindringlingen geopfert im Namen des 'Rechts des Entdeckers', um
die Besetzung der Länder zu legitimieren. Die Gründer
der neuen Staaten, die zu jener Zeit nicht die Vorherrschaft der
jeweiligen Hochkulturen anerkannt haben, rissen deren gewachsene
Landrechte einfach an sich, mit dem Ziel eine neue Ordnung zu
schaffen; es folgte Unrecht auf Unrecht. Legt man also
geschichtliche und ethische Maßstäbe zu Grunde, sind
die derzeitigen Rechte der modernen Staaten an den Territorien
der Ureinwohner weder gültig noch gerecht."
"Das 'Recht des Entdeckers', auf das sich die europäischen
Großmächte berufen haben, als sie sich Länder,
Meere und die Ressourcen der indigenen Gemeinschaften
untereinander aufteilten, waren eine Lüge und reine
Erfindung der Invasoren. Denn die Länder der so genannten
Neuen Welt waren seit Jahrhunderten von unabhängigen
Völkern besiedelt. Es ist vielmehr so, dass es zu keinem
Zeitpunkt eine 'Entdeckung' gegeben hat, vielmehr war die
Invasion der Europäer ein illegaler und krimineller Akt.
Entgegen des Vermächtnisses des Großen Geistes haben
die Europäer illegal den Besitz und das Recht über
diese Länder, Meere und Quellen des Lebens an sich gerissen.
Damit störten sie die Jahrtausende alte Beziehung der
Ureinwohner mit dem Land, das sie besiedelten. Das ist bis heute
so geblieben, denn nicht legitimierte Rechte werden mit Fortdauer
der Zeit nicht legitimer."
"Die aktuelle nationale und internationale Gesetzgebung, die die
freie Entscheidung und Souveränität der indigenen
Völker anerkennt, führt das 'Recht des Entdeckers' noch
weiter ad absurdum. Daher haben wir das unübertragbare Recht
und die Pflicht, unsere Landrechte zu verteidigen. Wir bestehen
darauf, dass die internationalen Organisationen, die Regierungen
und Konzerne sich endlich ihrer vollen Verantwortung bewusst
werden und wir verlangen von ihnen, im Namen der Gerechtigkeit,
des Schutzes des Mutterlandes und seiner lebensbringenden
Elemente, diese vor Ausbeutung zu schützen. Das soeben
Dargelegte wirkt sich wie ein Befehl zugunsten des Wohls der
Ureinwohner und der Menschlichkeit aus. Die Einhaltung dieses
Befehls dient der Wiedergutmachung des Völkermordes und der
Zerstörung und trägt zur Heilung des gesamten Planeten
bei."
"Der Große Geist machte uns zu Wächtern und
Wärtern der heiligen Erde unserer Vorfahren, daher
müssen wir uns auf unsere natürlichen Aufgaben und
Rechte sowie auf das Recht auf Selbstverwaltung ohne
Einflussnahme von außen berufen. Wir rufen deshalb die
indigenen Gemeinschaften und Völker Amerikas dazu auf, sich
wieder zu versammeln, um diese natürlichen Rechte und
Pflichten einzufordern und diese Erklärung zu erfüllen.
Wir verlangen nur das, was uns zusteht, nämlich die Hoheit
über unsere ursprünglichen Ländereien, das Wasser
und die natürlichen Elemente, die zum Überleben
notwendig sind."
Unterzeichnet von 48 Teilnehmern verschiedener indigener
Völker Amerikas.