Bozen, Göttingen, 19. November 2004
Als "Farce" hat die Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) am Freitag die gestern angekündigte Freilassung von
3.937 Gefangenen in Burma bezeichnet. "Mit der Haftentlassung
will die wegen ihrer schweren Menschenrechtsverletzungen weltweit
kritisierte Militärjunta nur das Ausland blenden und den
Anschein einer demokratischen Öffnung ihres Regimes
erwecken", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius.
"Doch um Demokratie, Menschenrechte und einen dauerhaften Frieden
steht es in Burma nach dem Sturz von Premierminister Khin Nyunt
schlechter denn je zuvor. Mit eisernem Besen fegt die neue
Staatsführung durch die Machtzentralen in Rangoon und
lässt auch im Auswärtigen Dienst Myanmars alle für
eine Öffnung Burmas eintretenden Repräsentanten
entfernen."
Nicht nur die Europäische Union, sondern auch
südostasiatische Nachbarstaaten verfolgten die Entmachtung
der für eine vorsichtige Demokratisierung des Landes
eintretenden Diplomaten, Offiziere und Politiker mit
größter Sorge. Am 5. November waren Innenminister
Oberst Tin Hlaing und Arbeitsminister U Tin Win in den Ruhestand
versetzt worden. Die beiden Gefolgsleute Khin Nyunts waren die
einzigen Repräsentanten des Regimes, die noch Kontakte zu
ausländischen Diplomaten und Internationalen Organisationen
unterhielten. Vier weitere Minister wurden in diesem Monat ihrer
Ämter enthoben. Hunderte führende Offiziere wurden
verhaftet, um die Macht der neuen Führung zu sichern. Bis zu
2.000 Offiziere befinden sich zurzeit in Haft. Auch zahlreiche
Diplomaten wurden von der neuen Führung Burmas aus dem
Ausland zurückgerufen, um ersetzt zu werden.
Äußerst verunsichert sind auch die nichtburmesischen
Nationalitäten in dem Vielvölkerstaat, da die neue
Führung des Militärregimes bislang kein Interesse an
einem Frieden mit ihnen gezeigt hat. Der entmachtete
Premierminister hatte mit einer umstrittenen Politik von
Separatfrieden mit einzelnen Nationalitäten versucht, das
seit 1948 andauernde Ringen der Kachin, Karenni, Mon, Chin, Shan,
Karen und anderer nicht- burmesischer Bevölkerungsgruppen um
mehr demokratische Rechte und ein föderales Staatssystem zu
beenden.