Bozen, Göttingen, 23. März 2006
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul am Donnerstag
gebeten, bei der ecuadorianischen Regierung auf die
Wiederaufnahme eines Dialoges mit der indianischen
Protestbewegung zu drängen. "Als einer der wichtigsten
Handelspartner Ecuadors und eines der größten
Geberländer der Entwicklungszusammenarbeit kann Deutschland
seinen großen Einfluss geltend machen", betonte die
Menschenrechtsorganisation in ihrem Schreiben. "Denn die
Befürchtungen der Ureinwohner, dass das von Präsident
Alfredo Palacio angestrebte Freihandelsabkommen mit den USA ihre
bäuerliche Wirtschaftsweise zerstört und ihre
Verelendung herbeiführt, sind mehr als berechtigt",
unterstrich die internationale Menschenrechtsorganisation.
Ein Sprecher der Konföderation indigener Nationalitäten
Ecuadors CONAIE, hatte die GfbV telephonisch dringend um
Unterstützung gebeten, damit die Verhandlungen über das
Freihandelsabkommen von einer Volksbefragung abhängig
gemacht werden. Außerdem plädiert die CONAIE für
die Einberufung einer Nationalversammlung, an der indigene und
andere soziale Bewegungen teilhaben. Denn erst die Mitbestimmung
der gesamten Bevölkerung Ecuadors legitimiere die Regierung
zur Unterzeichnung des Freihandelsabkommens, das sie mit Gewalt
gegen die Proteste durchsetzen wolle. Tausende von
Angehörigen indianischer Völker haben in den
vergangenen 10 Tagen in Ecuador Straßenblockaden errichtet
und waren in Protestmärschen aus allen Teilen des Landes in
die Hauptstadt Quito gezogen. Präsident Palacio
verhängte daraufhin in mehreren Provinzen den
Ausnahmezustand und ordnete die gewaltsame Unterdrückung der
Aktionen durch Militär und Polizei an. Mehr als 40 Menschen
wurden bei Polizeieinsätzen gegen die Protestierenden
verletzt und mehr als 100 verhaftet.
Die indianische, überwiegend ländliche Bevölkerung
stellt fast die Hälfte der Einwohner Ecuadors. Die Bauern
fürchten um ihre Lebensgrundlage, da ihre
landwirtschaftlichen Erzeugnisse im Falle eines
Freihandelsabkommens nicht mit den Importen der US-Agrarindustrie
konkurrieren können. Das Freihandelsabkommen würde
zudem die rücksichtslose Ausbeutung der Ressourcen durch
transnationale Konzerne weiter zementieren, von der viele
indianische Gemeinschaften bereits betroffen sind. Die CONAIE
fordert den Rückzug des US-amerikanischen Öl-Konzern
Occidental aus Ecuador, der bereits den Großteil der
Ölförderung des Landes unter seiner Kontrolle hat.