Bozen, Göttingen, Genf, 30. Juni 2006
Die Entscheidung des UN-Menschenrechtsrates, systematisches
Verschwindenlassen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu
ächten und die "Erklärung zu den Rechten indigener
Völker" (Ureinwohner) anzunehmen, hat die Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV) am Freitag als "Durchbruch
für den weltweiten Menschenrechtsschutz" bezeichnet.
"Als Menschenrechtsorganisation, die fast täglich mit
Verschwindenlassen konfrontiert wird und die versuchen muss,
Regierungen, internationale Institutionen und Hilfswerke zu
mobilisieren, um dem Schicksal der Opfer nachzuspüren,
begrüßen wir diese erste "Internationale Konvention
über den Schutz für alle Personen vor
Verschwindenlassen" außerordentlich", sagte der
Präsident der GfbV International, Tilman Zülch, am
Freitag in Göttingen. "Es ist auch sehr erfreulich, dass
für die weltweite Durchsetzung der Rechte von
Ureinwohnergemeinschaften jetzt ein erster Schritt getan wurde."
In vielen Teilen der Welt werde das Recht der indigenen
Völker auf ihr angestammtes Land ignoriert.
Rücksichtslos und ohne den Betroffenen auch nur ein
Mitspracherecht einzuräumen, würden ganze
Gemeinschaften vertrieben oder ihre Umwelt zerstört, um
Bodenschätze zu plündern, Wälder kahl zu schlagen,
Staudämme zu errichten und ganze Landstriche zu
überfluten.
In der "Internationalen Konvention über den Schutz für
alle Personen vor Verschwindenlassen" wird den Angehörigen
der Opfer das Recht zugestanden, über das Schicksal der
Verschleppten informiert zu werden. Jeder Unterzeichnerstaat wird
verpflichtet, Verschwindenlassen als Verbrechensart in sein
Gesetzesbuch aufzunehmen. Systematisches Verschwindenlassen von
Personen wird als Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert
und soll als solches geahndet werden.
Der Wortlaut der "UN-Erklärung zu den Rechten indigener
Völker" steht seit 1994 fest. Sie verankert neben den
Individualrechten vor allem die Kollektivrechte indigener
Völker und war deshalb immer wieder blockiert worden.
Indigene Völker und Einzelpersonen dürfen aufgrund
ihrer ethnischen Zugehörigkeit nicht diskriminiert werden,
haben das Recht auf Selbstbestimmung, können über ihren
politischen Status, ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Entwicklung frei bestimmen und in diesen Bereichen eigene
Institutionen aufbauen und unterhalten. Außerdem werden
ihre Landrechte und ihr Recht auf die Ressourcen in ihren
Territorien anerkannt.