Bozen, 21. Februar 2007
Auf unserem Planeten werden 6.000 bis 6.500 Sprachen
gesprochen. Zum heutigen Welttag der Muttersprache warnen
Experten allerdings, dass inzwischen 50 bis 70 Prozent dieser
Sprachen vom Aussterben bedroht sind - die Globalisierung fordert
ihre Opfer. Besonders betroffen sind etwa das Amazonasgebiet in
Brasilien, Papua Neuguinea, Teile von Indonesien sowie
größere Teile Afrikas südlich der Sahara. Aber
auch bei uns haben es die Minderheitensprachen nicht
einfach.
Mehr als 50 Jahre mussten Italiens Minderheiten nach dem Ende
des Faschismus auf ein Gesetz warten, das Schutzmaßnahmen
festschrieb und so die faschistische Assimilierung wenigstens zum
Teil entkräftete. Nach mehreren Anläufen in den
vorhergehenden Legislaturen wurde 1999 von der
Mitte-Links-Koalition endlich ein gesamtstaatliches
Minderheitenschutzgesetz erlassen. Lächerlich war die
Geldsumme, die für die Umsetzung der neuen (höchst
unvollständigen) Schutzmaßnahmen zur Verfügung
gestellt wurde: 10 Millionen Euro pro Jahr - für alle
Minderheiten Italiens. Damit bewies die Koalition gleichzeitig,
dass ihr die Minderheiten Italiens und damit die
sprachlich-kulturelle Vielfalt nicht viel wert ist.
Dies bewies die Mitte-Links-Koalition nun von neuem: das
Haushaltsgesetz sieht drastische Kürzungen für diese
Mittel vor und wird bald auf fast die Hälfte reduziert
werden. Die Minderheiten konnten durch eine umsichtige Verwaltung
und einen gezielten, sparsamen Einsatz der Mittel wertvolle
Projekte auf die Beine stellen, die nun zu einem
beträchtlichen Teil gefährdet sind. Interessanterweise
hat die Regierung aber die Mittel für die Italiener in
Slowenien und Kroation angehoben: Die Förderung ist offenbar
eine Frage des Willens, keine Frage der Finanzen.
In Südtirol gibt es viel Heuchelei in puncto Minderheit.
Zum einen wird aufgerufen, die ladinische Sprache zu verwenden.
Während der ladinische Kulturlandesrat Mussner zum heutigen
Welttag der Sprachen erklärt "Die ladinische Sprache ist
eine besonders kostbareres Schmuckstück in der großen
Schatztruhe der Sprachen" und die Bedeutung der
Minderheitensprachen für die kulturelle Vielfalt hinweist,
verhindert die Landesregierung weiterhin die Standardisierung der
Sprache, ohne die keine Sprache überleben kann. Auch ein
angemessener Unterricht des Ladinischen in der Schule wird seit
Jahrzehnten behindert und die Anwendung der ladinischen Sprache
durch die Landesverwaltung selbst lässt zu wünschen
übrig. Die Folge ist eine sehr schlechte Beherrschung der
ladinischen Sprache durch die Ladiner selbst: Politische
Vertreter, die sich gegen eine Aufstockung des Ladinischen
wehren, sind mit ihren ladinischen Sprachkenntnissen selbst ein
Beweis für die fortschreitende Spracherosion. Taten sind
also gefragt, nicht nur schöne Worte.