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Europäischer Tag der Sprachen (26.9.)

Verbotenes Ladin Standard?

Bozen, 25. September 2006

Weltweit fordern Sprachminderheiten die Verschriftlichung ihrer Sprachen. Nur auf diese Weise können Minderheitensprachen in Schulen und von Behörden verwendet werden. Voraussetzung dafür ist die Schaffung einer Dachsprache, die von den verschiedenen Idiomen einer Minderheitensprache lebt. Ohne gemeinsame Schriftsprache bleibt eine Minderheit auf dem Niveau der Folklore, die eine volle Anerkennung verhindert.

Die ladinische SVP verhinderte aus nicht nachvollziehbaren Gründen die Verwendung dieser Sprachform. Stattdessen werden in den Gemeinden und Schulen Grödens und des Gadertales die jeweiligen Tal-Idiome herangezogen. Viele Übersetzungsarbeiten werden doppelt oder dreifach gemacht - eine Verschwendung von Kräften und Finanzen, während gleichzeitig in vielen Bereichen das Ladinische noch keine Anwendung findet. Auch wird damit die Anerkennung des Ladinischen als eine Minderheit verhindert - das Ladinische wird nur als zersplitterte Idiomengruppe angesehen und damit als Folkloreangelegenheit betrachtet.

Für die ladinische Sprachgruppe in den Dolomiten wurde diese Dachsprache - das Ladin Standard - geschaffen. Mehrere Sprachwissenschaftler haben Jahre lang an dieser Form gearbeitet und auch ein Ergebnis vorgelegt, das sich in der Praxis bereits hinreichend bewährt hat: Das Internetportal www.noeles.net publiziert ausschließlich auf Ladin Standard, die Consulta Ladina der Gemeinde Bozen verfasst ihre Dokumente ebenfalls auf Ladin Standard, und auch die Usc di Ladins veröffentlicht immer wieder Artikel in dieser Sprachform, die der größte gemeinsame Nenner der Idiome ist und damit diese Idiome zusammenbindet.

Sprachwissenschaftler wie Peter Nelde vom Mehrsprachigkeitszentrum der Katholischen Universität von Brüssel, einer der Autoren der "euromosaic"-Studie, plädieren für die einheitliche Verschriftlichung der Minderheitensprachen. Die Verschriftlichung modernisiert die zum Teil archaischen Sprachen der Minderheiten und rüstet diese für die Zukunft. Nur auf diese Weise wird eine Sprachplanung und damit eine Weiterentwicklung und also das Überleben der Sprachen ermöglicht. Laut der Studie "Euromosaic" der EU-Kommission von 1996 sind von den 13 Sprachminderheiten Italiens weit mehr als die Hälfte in ihrer Substanz gefährdet und bedroht: Die albanische, griechische (Apulien und Kalabrien), die katalanische (Sardinien), die kroatische (Molise), die okzitanische Sprachminderheit (Piemont) und die sardische Sprache gelten als "begrenzt" bzw. "nicht überlebensfähig". Als "bedroht" gelten Französisch in Aosta, Furlan und Slowenisch (Friaul), Ladinisch gilt auch nur als "relativ überlebensfähig". Auch eine Folge der unterlassenen Verschriftlichung der ladinischen Sprache.

Zu einem ähnlichen Schluss kommt für die Rätoromanen in der Schweiz der Wissenschaftler Jean-Jacques Furer. In seiner jüngsten Studie für das Bundesamt für Statistik stellt Furer fest, dass die rätoromanische Sprache in ihrem Bestand gefährdet ist. Die Lage war nie so schlecht, analysiert Furer. Die Ursache dafür ist laut Furer zu wenig konsequente Anwendung der rätoromanischen Dachsprache Rumantsch Grischun. Nur die Verwendung der Dachsprache an den Schulen und Behörden kann die Spracherosion stoppen. Das gilt auch für Ladinien. Wenn die SVP den Minderheitenschutz ernst meint, und wenn Minderheitenrechte nicht nur für Deutsche gelten, muss das Verbot der Schriftsprache für die öffentliche Verwaltung fallen. Sprachverbote gehören nicht zu den Instrumenten von demokratischen politischen Systemen - gerade in Südtirol müsste nicht daran erinnert werden.


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060920de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060316de.html | www.gfbv.it/3dossier/eu-min/it-mayr.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030925de.html | www.gfbv.it/3dossier/eu-min/eu-sprach.html | www.gfbv.it/ladin/dossier/ladiner.html

* www: www.lauscdiladins.com | www.noeles.net | www.vejin.com/dladindolomitan.html | [pdf] www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/news/publikationen.Document.66866.html | www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=14877

Letzte Aktual.: 26.9.2006 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060925ade.html | XHTML 1.0 / CSS / WAI AAA | WEBdesign: M. di Vieste; E-mail: info@gfbv.it.

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