Bozen, Göttingen, 3. Juni 2008
Nach dem Mord an vier koptischen Christen in Kairo am
vergangenen Mittwoch haben sich die Spannungen zwischen Muslimen
und Christen in Ägypten verschärft. Die Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV) teilte am Dienstag mit, in
der rund 210 Kilometer südlich von Kairo gelegenen Ortschaft
Deir Abu Fana in der Provinz Minya hätten bewaffnete
radikale Muslime am Samstag ein koptisches Kloster angegriffen.
Drei Mönche wurden verschleppt, misshandelt und zum Teil
schwer verletzt, bevor sie befreit werden konnten. Einen
anschließenden friedlichen Protestmarsch von rund 300
Kopten habe die Polizei unter Einsatz ihrer Schusswaffen
aufgelöst. Dabei soll ein Muslim getötet und vier
Christen verletzt worden sein. Acht Kopten seien festgenommen
worden, unter ihnen auch der koptische Bauunternehmer, der mit
der Restaurierung des Klosters Abu Fana beauftragt wurde. Die
Muslime wollen die Instandsetzung des Klosters und die
Wiedererrichtung der Klostermauer verhindern.
"Die ägyptischen Behörden leugnen den religiösen
Hintergrund der Auseinandersetzungen und behaupten, der Konflikt
habe privaten Charakter", sagte der GfbV-Nahostreferent Kamal
Sido. "Doch so soll vertuscht werden, dass die Lage zwischen
Christen und Muslimen äußerst angespannt ist." Deshalb
wende sich die GfbV am heutigen Dienstag an christliche
Institutionen in 35 westlichen Ländern mit dem Appell, gegen
die zunehmende Besorgnis erregende Diskriminierung der Christen
in Ägypten zu protestieren. In Deir Abu Fana hat es bereits
im Oktober 2007 einen ähnlichen Vorfall gegeben, bei dem 20
Personen verletzt wurden. In der Stadt leben viele Christen und
es gibt dort verschiedene Klöster, die von den Kopten als
besonders heilig verehrt werden.
Bereits am Mittwoch waren in dem Stadtviertel Zeitouna im
Nordosten von Kairo der 60 Jahre alte Juwelier Makram Galil und
drei seiner Angestellten erschossen worden. Die beiden Täter
flüchteten nach der Tat auf einem Motorrad. Ersten
Ermittlungen zufolge wurde nichts gestohlen. Der Stadtteil ist
bekannt für seinen hohen christlichen
Bevölkerungsanteil. Erst wenige Monate zuvor - im Herbst
2007 - waren die beiden koptischen Christen Sadak Jamak und Karam
Andraus in dem christlichen Dorf El Kosheh südlich von Kairo
ermordet worden. Christen stellen mit acht bis zehn Millionen
Menschen rund acht Prozent der etwa 79 Millionen ägyptischen
Staatsbürger. In ihrer Mehrheit sind die Christen Kopten,
vor allem orientalisch Orthodoxe. Es gibt aber auch einige
koptische Katholiken. Die griechisch-orthodoxe,
griechisch-katholischen und protestantisch-arabische Christen
sind jeweils nur kleine Gemeinschaften.