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Rassismus in Libyen

Gaddafi lässt Schwarzafrikaner deportieren

Bozen, Göttingen, 6. Mai 2010

Libyen abgeschobene Flüchtlinge in den Hafen von Tripolis. Foto: CIR. Libyen abgeschobene Flüchtlinge in den Hafen von Tripolis. Foto: CIR.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Libyens Staatschef Muammar al Gaddafi am Donnerstag Rassismus vorgeworfen. Willkürlich habe er seit November 2009 hunderte Schwarzafrikaner verhaften, foltern und deportieren lassen, berichtete die Menschenrechtsorganisation. "Gaddafi beschwört öffentlich die afrikanische Einheit, betreibt aber die Politik eines arabischen Nationalisten, für den Schwarzafrikaner Menschen zweiter Klasse sind", kritisierte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. 149 Staatsbürger Malis wurden bereits ausgewiesen. 3.800 Angehörige der Toubou, einer schwarzafrikanischen Minderheit im Südosten Libyens, wurden gewaltsam aus ihren Siedlungen vertrieben.

Die aus Tripolis mit einem Flugzeug abgeschobenen Malier berichteten bei der Ankunft in ihrer Heimat am vergangenen Montag, sie seien von libyschen Polizisten wie Tiere behandelt worden. Mutwillig seien sie nach ihrer Festnahme geschlagen, angebunden und gefoltert worden. Immer wieder hätten Polizisten ihnen erklärt, Schwarzafrikaner seien wie Hunde und man dürfe kein Mitleid mit ihnen haben. Außerdem raubten die Sicherheitskräfte alles Geld, das die Festgenommenen besaßen.

Die schwarzafrikanische Minderheit der Toubou ist seit November 2009 systematischer Vertreibung ausgesetzt. Die Häuser vieler Toubou-Familien in der Stadt Kufra wurden im Auftrag der Behörden bereits von Bulldozern niedergewalzt. Mehrere Dutzend Toubou wurden verhaftet, weil sie gegen ihre Vertreibung protestierten. Sie wurden erst freigelassen, als sie öffentlich zusicherten, nichts gegen die Zerstörung ihrer Häuser zu unternehmen. Wer Widerstand gegen die Vertreibung leistet, wird von Sicherheitskräften geschlagen. Manchen Hausbewohnern wurden nur wenige Minuten Zeit gegeben, um ihre Bleibe vor den anrückenden Bulldozern zu verlassen. Notunterkünfte wurden den Betroffenen nicht angeboten.

Seit Dezember 2007 entzieht Libyen den Toubou Schritt für Schritt die Bürgerrechte. Ihre Kinder dürfen die Schule nicht mehr besuchen, in Krankenhäusern werden Toubou nicht mehr behandelt. Außerdem weigern sich die libyschen Behörden, Pässe der schon seit langem in Libyen lebenden Toubou-Bauern und -Halbnomaden zu verlängern oder neue Ausweisdokumente auszustellen. Eltern wurden mehrfach daran gehindert, die Geburt ihrer Kinder offiziell registrieren zu lassen. "Die Vertreibung der Toubou verstößt sowohl gegen libysches Recht als auch gegen das Völkerrecht", erklärte Delius.

Die rund 500.000 Toubou gelten neben den Tuareg als die bedeutendste Bevölkerungsgruppe in der Sahara. Verstreut über eine Fläche von 1,3 Millionen Quadratkilometern leben die meisten von ihnen in den Nachbarländern Libyens, im Tschad und in Niger.