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Sinti und Roma ehren Tilman Zülch

Generalsekretär und Gründer der Gesellschaft für bedrohte Völker mit Europäischem Bürgerrechtspreis ausgezeichnet

Bozen, Göttingen, 27. März 2014

Tilman Zülch. Foto: GfbV-Archiv. Tilman Zülch. Foto: GfbV-Archiv.

Der Generalsekretär und Gründer der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Tilman Zülch, ist am Donnerstag in Berlin mit dem Europäischen Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma geehrt worden. Die Auszeichnung ist mit 15.000 Euro dotiert. Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, würdigte Zülchs Engagement und sagte bei der Feierstunde im Auswärtigen Amt: "Die Entschlossenheit eines Einzelnen, offenbares Unrecht nicht einfach hinzunehmen, kann gesellschaftliche Wirklichkeit verändern - nämlich dann, wenn sie zur Entschlossenheit vieler wird, aus der gemeinsames politisches Handeln erwächst." Er dankte dem 74 Jahre alten Menschenrechtler für seine langjährige Unterstützung, "aber auch für ein großartiges Lebenswerk im Dienste der Menschenrechte".

Es sei Zülch mit zu verdanken, dass die Sinti und Roma heute eine der vier anerkannten nationalen Minderheiten in Deutschland sind, hatte zuvor eine international besetzte Jury die Vergabe der Auszeichnung an Zülch begründet. Seit den 1970er Jahren habe er sich in Deutschland und europaweit engagiert für die Sinti und Roma eingesetzt und sich vehement gegen anhaltende Diskriminierung und gesellschaftliche Ausgrenzung gewandt. Immer habe bei Zülch die Menschlichkeit im Mittelpunkt seines Handelns gestanden. Rose erinnerte an den von Zülch organisierten Roma-Weltkongress, an dem 1981 in Göttingen mehr als 300 Delegierte aus 21 Staaten teilgenommen hatten. Die GfbV habe sich für die Aufarbeitung des Völkermords an Sinti und Roma und die Verankerung dieses Verbrechens in der Erinnerungskultur verdient gemacht.

Zülch, der 2002 für seine Menschenrechtsarbeit mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, gründete 1968 die "Aktion Biafra-Hilfe", aus der zwei Jahre später die in Göttingen ansässige Gesellschaft für bedrohte Völker hervorging. Bis heute kämpft er weltweit gegen Völkermord, Vertreibung und Rassismus. Die GfbV ist mit eigenständigen Sektionen in sechs Ländern vertreten und hat beratenden Status bei den Vereinten Nationen sowie mitwirkenden Status beim Europarat.

Der Europäische Bürgerrechtspreis wird vom Dokumentations- und Kulturzentrums und dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sowie der Manfred-Lautenschläger-Stiftung verliehen. Er wurde zum vierten Mal vergeben. Preisträger waren vor Zülch unter anderem die ehemalige Präsidentin des Europäischen Parlaments, Simone Veil, und der frühere Menschenrechtskommissar des Europarats, Thomas Hammarberg.

Das Preisgeld wird Zülch an eine Roma-Flüchtlingsfamilie in Bosnien und an eine kranke bosnische Flüchtlingsfamilie spenden. Zudem wird er Wolfskinder sowie in Allenstein lebende ostpreußische Frauen unterstützen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Sibirien Zwangsarbeit leisten mussten und bis heute auf Entschädigung warten.