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IS in Libyen terrorisiert christliche Flüchtlinge

86 verschleppte eritreische Christen in Todesgefahr - Zwei Wochen nach Entführung noch kein Lebenszeichen

Bozen, Göttingen, 17. Juni 2015

Koptischen Frauen in Asmara, Eritrea, Dezember 2014. Foto: Andrea Moroni. Koptischen Frauen in Asmara, Eritrea, Dezember 2014. Foto: Andrea Moroni.

Christliche Flüchtlinge in Libyen sind durch die Terrormilizen des Islamischen Staates (IS) zunehmend bedroht. Davor warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Die Menschenrechtsorganisation ist in großer Sorge um 86 christliche Eritreer, die vor zwei Wochen verschleppt wurden und von denen bis heute jedes Lebenszeichen fehlt. "Die Flüchtlinge schweben in akuter Lebensgefahr, der IS hat bereits mehrere Dutzend entführte Christen in diesem Jahr kaltblütig ermordet", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Als politisch Verfolgte, für die es in ihrem Heimatland Eritrea weder Religions- noch Meinungsfreiheit gibt, sind sie besonders schutzlos." Die GfbV appellierte an den Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, Antonio Guterres, die Bemühungen um die Aufklärung des Schicksals der Verschleppten zu verstärken.

Die 74 Männer sowie zwölf Frauen und Kinder aus Eritrea sind am Morgen des 3. Juni 2015 südlich der Stadt Tripolis von mutmaßlichen Anhängern des IS entführt worden. Ihr Lastwagen war in einen Hinterhalt der Milizionäre geraten. Die Entführer teilten die Verschleppten nach Religionszugehörigkeit in unterschiedliche Gruppen ein, berichteten drei Eritreer, denen die Flucht gelungen war. Wer behauptete, Muslim zu sein, musste Fragen zum Koran beantworten. Sechs Muslime bestanden diese Prüfung und wurden von den Entführern freigelassen. Von den anderen Verschleppten fehlt bis heute jede Spur.

IS-Kämpfer machen in Libyen gezielt Jagd auf Christen, um ägyptische Luftangriffe auf mutmaßliche IS-Stellungen zu rächen. Eritreer und Äthiopier sind in besonders großer Gefahr, da sie zu einem Großteil Christen sind und sich schon in ihrer äußeren Erscheinung sehr von der arabischen Mehrheitsbevölkerung unterscheiden. Die meisten christlichen Kopten, die bislang in Libyen arbeiteten, haben das Land nach der jüngsten Welle der Gewalt gegen Christen verlassen.

Im Februar 2015 wurden 21 ägyptische Kopten, die im Dezember 2014 entführt worden waren, an einem Strand standrechtlich erschossen. Die Exekution wurde von den muslimischen Extremisten gefilmt und später per Video weltweit verbreitet. Im April 2015 wurden 30 äthiopische Christen von IS-Kämpfern enthauptet. Auch diese Gewalttat wurde von den Entführern gefilmt und in einem Propagandavideo bekannt gemacht. Der 16 Jahre alte Eritreer Nael Goitom berichtete im April 2015, er sei von seinen Entführern gezwungen worden, die Videos beider Exekutionen anzuschauen. Nael war am 3. März 2015 gemeinsam mit 61 Eritreern, zehn Eritreerinnen und acht Äthiopiern von IS-Kämpfern verschleppt worden, konnte jedoch entkommen.