Bozen, Göttingen, September 2000
Seit 32 Jahren bekämpft die indonesische Armee die Unabhängigkeitsbestrebungen der Papua-Völker auf der Insel Neuguinea mit völkermordartigen Verbrechen. Schätzungen gehen davon aus, daß dem indonesischen Genozid in Westpapua seit 1963 mindestens 150 000 Papua zum Opfer gefallen sind. Systematisch wird mit der Ansiedlung Hunderttausender Javaner die traditionelle Bevölkerungsstruktur Westpapuas verändert. Rücksichtslos beutet Indonesien die Bodenschätze (Kupfer, Gold, Silber, Erdöl, Erdgas etc.) aus. Mit der fortschreitenden Rodung des Regenwaldes verlieren immer mehr Papua ihre Lebensgrundlage.
Von der UNO verraten
Der Westen der Insel Neuguinea verblieb nach der Gründung
Indonesiens 1949 unter der Verwaltung der niederländischen
Kolonialmacht. Zu Beginn der sechziger Jahre drängte
Indonesien immer stärker auf einen Anschluß
Westpapuas. Bei Wahlen stimmte jedoch im Februar 1961 eine breite
Mehrheit der Papua für Parteien, die sich für ein
unabhängiges Westpapua einsetzten. Als im Januar 1962
indonesische Soldaten in Westpapua landeten, fanden sie in ihrem
Kampf gegen die niederländische Armee keine
Unterstützung bei den Papua.
Angesichts des massiven indonesischen Druckes mussten die
Niederlande am 1. Oktober 1962 das Land verlassen. Nach einer
siebenmonatigen Übergangsperiode unter UN-Verwaltung
übertrug die UNO am 1. Mai 1963 die Herrschaft Über
Westpapua provisorisch der Regierung in Jakarta. Die Indonesier
erhielten aber die Auflage, innerhalb von sechs Jahren freie
Wahlen durchzuführen, die das endgültige Schicksal
West-Neuguineas klären sollten. Indonesien ließ jedoch
keinen Zweifel daran, dass es Irian Jaya, wie es Westpapua nennt,
als Bestandteil seines Staates ansieht.
Die Wahlfarce
Zwar fanden am 2. August 1969 die geplanten Wahlen statt, doch
sprach selbst der bolivianische UN-Beobachter Ortiz Sanz von
einer "Wahlfarce". Da die Ureinwohner angeblich zu "primitiv"
waren, um an einem Referendum teilzunehmen, wählte die
indonesische Verwaltung 1025 Vertreter der Papua aus, die
öffentlich über die Zukunft ihres Landes abstimmen
mußten. Um sicher zu gehen, wurde dieses Wahlgremium auch
noch massiv eingeschüchtert. So blieb nicht aus, daß
sie sich einstimmig für den Verbleib bei Indonesien
aussprachen.
Trotz der Kritik aller schwarzafrikanischen UNO-Mitgliedsstaaten
erkannte die Weltorganisation tragischerweise das Ergebnis der
Abstimmung an. Da den Papua das Selbstbestimmungsrecht verweigert
wurde, schlossen sie sich in der Unabhängigkeitsbewegung OPM
(Organisasi Papua Merdeka, Organisation Freies Papua) zusammen.
Sie wehren sich mit friedlichen und militärischen Mitteln
gegen die Besetzung.
Indonesischer Terror
Die zum Teil nur mit Pfeilen und Speeren ausgestattete OPM ist
der auch mit Waffen aus Deutschland hochgerüsteten
indonesischen Armee hoffnungslos unterlegen. Die Militärs
begnügen sich nicht mit Bombardements der OPM-Stellungen,
sondern terrorisieren auch die Zivilbevölkerung. So greifen
Soldaten Flüchtlinge, die im Nachbarland Papua-Neuguinea
Zuflucht gesucht haben, mit Kampfhubschraubern an. 1988 wurden
mehrere Dutzend Personen inhaftiert und wegen "Subversion" zu
Haftstrafen bis zu 20 Jahren verurteilt, weil sie einen
unabhängigen Staat "West-Melanesien" ausgerufen und eine
Papua-Flagge gehißt hatten.
Alberth S. Kailele wurde zu 17 Jahren Gefängnis verurteilt,
weil er 1989 in einer Gebetsstunde der Proklamation des
Papua-Staates gedacht hatte. Auch in den Gefängnissen
Westpapuas wird mißhandelt und gefoltert. Immer wieder
werden mutmaßliche OPM-Mitglieder ohne Gerichtsurteile
hingerichtet. Mit kaum vorstellbarer Brutalität gehen die
Militärs gegen die Papua vor. So schlugen sie Solemann
Daundi, einem mutmaßlichen OPM-Anhänger, der sich
ergeben hatte, den Kopf ab und stellten diesen zur Abschreckung
in mehreren Dörfern aus.
400 000 Indonesier angesiedelt
Heute droht den 300 PapuaVölker vor allem die schleichende
Vernichtung durch die gewaltsame Änderung der
Bevölkerungsstruktur Westpapuas. Systematisch betreibt
Indonesien im Rahmen eines gigantischen Transmigrationsprogrammes
die Ansiedlung von Javanern und Bewohnern anderer Inseln.
Offiziell wird das Großprojekt mit der
Überbevölkerung auf Java begründet. Langfristig
kann dieses Problem so nicht gelöst werden, denn auch der
Nährstoff arme Regenwaldboden Westpapuas kann nicht
unbegrenzt viele Menschen ernähren. Schon heute leben
mindestens 400 000 Umsiedler im Land der Papua.
Nur den wachsenden Wirtschaftsproblemen Indonesiens und dem
Zögern internationaler Geldgeber ist zu verdanken, daß
das Programm eingeschränkt werden mußte und die Papua
noch nicht zur Minderheit im eigenen Land wurden. Indonesien will
mit der Transmigration nicht nur die Unabhängigkeitsbewegung
schwächen, sondern auch den Rohstoffreichtum der Insel
wirtschaftlich erschliessen. Westpapua verfügt über
erhebliche Kupfer-, Nickel-, Zinn-, Gold- und Silbervorkommen,
die zum Teil schon heute abgebaut werden. So betreibt der Konzern
Freeport Indonesia eine gigantische Kupfermine auf dem Land der
Amungme. Sie erhielten bei der Enteignung nur eine
lächerliche Entschädigung.
Mit den Wäldern sterben die
Menschen
Systematisch läßt Indonesien den Regenwald Westpapuas
roden. Ohne Rücksicht auf Naturschutzreservate wird das
traditionelle Land der Papua aufgeteilt. Die Jahrhunderte alten
Wälder werden vor allem zu Holzschnitzeln zerhackt, die
für die Zellstoffproduktion nach Japan exportiert werden.
Betroffen von dem Kahlschlag sind besonders die indigenen
Völker, die im Gegensatz zu den Umsiedlern nicht in den
Städten leben. Nach Erdöl und Erdgas ist Holz
inzwischen bereits das wichtigste Exportprodukt.