Der mehr als 30.000 Jahre alten Kultur der Buschleute in Botswana droht die endgültige Vernichtung. Darauf hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) anlässlich des von den Vereinten Nationen 1994 ausgerufenen "internationalen Tages der indigenen Völker" (9. August) hingewiesen. "Mit massiven Zwangsmaßnahmen versucht die Regierung von Botswana, die letzten Buschleute aus dem zentralen Kalahari-Wildpark zu vertreiben, um die reichen Diamantvorkommen in der Region ungehindert ausbeuten zu können", kritisierte der Afrika-Experte der GfbV, Ulrich Delius, am Donnerstag in Göttingen. Im Februar lebten noch rund 1.100 San, wie die Buschleute auch genannt werden, in dem 52.000 km² großen Park. "Doch dann drehten die Behörden ihnen einfach das Wasser ab: Sie leerten alle wegen der anhaltenden Dürre aufgestellten Tanks und demontierten alle Pumpen." Den Ureinwohnern sei nichts anderes übrig geblieben, als in eines der 63 Umsiedlungsdörfer außerhalb des Schutzgebietes zu ziehen. Im Park selbst leben nur noch wenige Dutzend San. Die Umsiedlungskampagne dauert seit 17 Jahren an. Rund 50.000 Buschleute gibt es in Botswana. Auf deren traditionellem Gebiet wurden gemeinsam mit dem weltweit führenden Diamanten-Konzern De Beers für Probebohrungen bereits 32 Millionen Euro investiert.
"Wenn sie ihre Verbindung zu ihrem traditionellen Land verlieren - das ist vielen San bewusst -, wird ihre einzigartige Lebensweise zerstört und ihr Wissen vom Überleben in der Wüste verschwindet unwiederbringlich", sagte Delius, "schon jetzt leben die meisten Buschleute nicht mehr von der Jagd, sondern vom Mais- und Hirseanbau. Sie halten Ziegen, Esel und Pferde." Nicht wenige Ureinwohner in den Dörfern seien entwurzelt immer tiefer in die Abhängigkeit von Almosen der Regierung geraten. "Viele greifen zum Alkohol und verelenden."
Die Buschleute haben den Obersten Gerichtshof des Landes angerufen. Er soll ihre Vertreibung für verfassungswidrig erklären und ihre Landrechte bestätigen. Wegen eines Formfehlers war die Klage von 248 Buschleuten am 19. April zwar abgewiesen, dann in einem Berufungsverfahren Mitte Juli jedoch für zulässig erkl ärt worden.
Die Landrechte von Ureinwohnern werden in vielen Teilen der Welt bis heute nicht anerkannt oder angefochten, sobald dort wertvolle Ressourcen entdeckt werden. Um ihren Rechten Geltung zu verschaffen, setzt sich die GfbV seit Jahren dafür ein, dass möglichst viele Staaten die bisher einzige international rechtsverbindliche Übereinkunft zum Schutz der weltweit noch rund 300 Millionen Ureinwohner, die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation ILO (International Labour Organisation) unterzeichnen. Darin sind Grundrechte der Indigenen wie das Recht auf ein eigenes Territorium, eine eigene Lebensweise, Kultur und Sprache verankert. Auch Deutschland und Italien gehören bisher nicht zu den Unterzeichnerstaaten.