Die Bundesregierung
der 20. Gesetzgebungsperiode hat die privaten
Volksgruppenradios in Kärnten und Burgenland aus
Bundesmitteln finanziert. Nach Regierungswechsel im Jahre
2000 beschloss die neue Regierung, dass in Hinkunft nicht
mehr das Bundeskanzleramt im Wege von Finanzierungen,
sondern der ORF für Radioprogramme in den
Volksgruppensprachen zu sorgen habe. Unter dieser
Prämisse wurden die ersten Verträge zwischen dem
ORF und den privaten Volksgruppenradios in Kärnten
abgeschlossen und im Juli 2001 das Pilotprojekt
"Minderheitenradio in Kärnten" gestartet.
Mit der Novellierung des Rundfunkgesetzes (ORF-Gesetz,
BGBl. I Nr. 83/2001) wurden in § 5 Abs. 1 und 2
für den österreichischen Rundfunk besondere
Aufträge gegenüber den Volksgruppen
festgeschrieben. Damit wurde ein Zusammenwirken zwischen
dem ORF und den Volksgruppenradios auch gesetzlich
verankert.
§ 5 (1) Im Rahmen der gemäß § 3
verbreiteten Programme sind angemessene Anteile in den
Volksgruppensprachen jener Volksgruppen, für die ein
Volksgruppenbeirat besteht, zu erstellen. Das Ausmaß
der Programmanteile ist im jeweiligen Jahresendeschema nach
Anhörung des Publikumsrates festzulegen.
(2) Der österreichische Rundfunk kann seinem Auftrag
nach Abs. 1 auch teilweise dadurch nachkommen, dass er
Sendungen nach Abs. 1 nach vorheriger vertraglicher
Vereinbarung mit anderen Rundfunkveranstaltern in Gebieten
der in Österreich ansässigen autochthonen
Volksgruppen (Abs.1) unter Nutzung der diesen
Rundfunkveranstaltern zugeordneten
Übertragungskapazitäten ausstrahlt. Das
Ausmaß der auf diese Weise ausgestrahlten Sendungen
ist auf Vorschlag des Generaldirektors nach Anhörung
des Publikumsrates durch Beschluss des Stiftungsrates auf
die Programmanteile nach Abs. 1 anzurechnen. Ebenso kann
der österreichische Rundfunk an der Gestaltung und
Herstellung von Sendungen durch andere
Rundfunkveranstalter, die ein auf die Interessen der
Volksgruppen bedachtnehmendes eigenständiges
Programmangebot verbreiten, mitwirken.
Das Kooperationsprojekt "Minderheitenradio in
Kärnten" zwischen ORF, Radio dva und Radio Agora
ermöglichte die wirtschaftlich günstigste und
effektivste Umsetzung des gesetzlich verankerten Auftrages
des ORF (§ 5 Abs.1 und 2). Der ORF finanzierte mit
Jahreskosten von insgesamt 872.000,- EUR
- das Tagesflächenprogramm von Radio dva mit
öffentlich-rechtlichem Charakter von 6.00 bis 18.00
Uhr in slowenischer und
- das zweisprachige nichtkommerzielle freie Radioprogramm
von AGORA von 18.00 bis 6.00 Uhr.
Bezüglich der Kostenfrage ein Vergleich:
* Laut Auskunft des Verbandes österreichischer
(kommerzieller) Privatradios muss der Betrieb einer
Vollfrequenz (also 24 Stunden Programm) mit ca. 2,2 Mio.
EUR beziffert werden. Die bisherige Beteiligung des ORF am
24-stündigen Minderheitenprogramm in Kärnten im
Ausmaß von 872.000,- EUR für ein Jahr kann daher
als überaus preisgünstig bezeichnet werden.
* Bei einem Hearing vor dem Kulturausschuss des
Kärntner Landtages bezifferte ORF-Landesdirektor Dr.
Willy Mitsche die Jahreskosten der slowenischen
Radiosendung auf Radio Kärnten (täglich 50
Minuten) mit Eur 472.000,- (ATS 6,5 Mio.), für das
Projekt "Minderheitenradio in Kärnten" mit einem
24-Stunden-Angebot leistet der ORF Eur 872.000,00.- pro
Jahr.
Offener Brief der
Radio dva GmbH
an die Geschäftsführung, den Stiftungsrat und den
Publikumsrat des ORF;
die Österreichische Bundesregierung; die Klubobleute
der Parlamentsparteien.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Mit Schreiben vom 27. Mai 2002 wurden wir von
ORF-Generaldirektorin Dr. Monika Lindner verständigt,
dass der ORF mit Jahresende 2002 das Kooperationsprojekt
"Minderheiten-Radio in Kärnten" aufgrund der
angespannten Budgetsituation beenden werde.
Die Gesellschafter der Radio dva GmbH (Partner im
Kooperationsprojekt) sind in der slowenischen Volksgruppe
tief verankert, sie sind Träger des politischen,
kulturellen, wirtschaftlichen und religiösen Lebens
der Volksgruppe und so legitimiert und verpflichtet, sich
für Gleichberechtigung und die gleichberechtigte
Entwicklung und Entfaltung der Volksgruppe
einzusetzen.
Der Platz, über den Minderheitensprachen in den Medien
verfügen, ist entscheidend für ihr
Überleben. Die Minderheitenmedien können sich nur
auf einen engen kulturellen Markt stützen, sie
bedürfen daher öffentlicher Unterstützung.
Der Europarat hat mit der Europäischen Charta der
Regional- oder Minderheitensprachen, die 2001 von
Österreich ratifiziert wurde, auch auf dem Sektor der
medialen Versorgung von Sprachminderheiten neue
völkerrechtliche Mindeststandards geschaffen.
Jedenfalls dann, wenn Rundfunk eine "öffentliche
Aufgabe" ist, wie in Österreich in Art. I Abs. 3 des
BVG über die Sicherung der Unabhängigkeit des
Rundfunks festgeschrieben, legt die Charta sehr genaue
Verbindlichkeiten fest. Im erläuternden Bericht zur
Charta heißt es dazu: "Die Staaten verpflichten sich,
die Existenz mindestens einer Radiostation zu garantieren,
die ausschließlich oder zur Hauptsache in der
Minderheitensprache sendet. Unter den verschiedenen
Massenkommunikationsmitteln ist das Radio dasjenige, das
für Minderheitensprachen selbst mit geringer
Verbreitung am leichtesten zugänglich ist. Aus diesem
Grund kann den Staaten in diesem Punkt eine recht
präzise Verpflichtung abverlangt werden."
In Kärnten wurde für das Siedlungsgebiet der
slowenischen Volksgruppe eine Privatradiolizenz vergeben,
an die für die Betreiber auch ein Versorgungsauftrag
gegenüber der Volksgruppe geknüpft ist. Den
privaten Volksgruppenradios in Kärnten wurde bei
Lizenzvergabe die Auflage erteilt, ihre Sendungen auch in
slowenischer Sprache auszustrahlen (mindestens 50 % des
Wortanteils). Mit dieser Auflage haben die
Volksgruppenradios als einzige Privatradios auch einen
Versorgungsauftrag zu erfüllen. Um diesen
Versorgungsauftrag erfüllen zu können wurde von
der Bundesregierung der 20. Gesetzgebungsperiode den
privaten Volksgruppenradios eine finanzielle
Unterstützung gewährt. Nach Regierungswechsel im
Jahre 2000 beschloss die neue Regierung, dass in Hinkunft
nicht mehr das Bundeskanzleramt, sondern der ORF die
Unterstützung der privaten Volksgruppenradios
gewähren soll. Unter dieser Prämisse wurde das
Pilotprojekt "Minderheiten-Radio in Kärnten" im Juli
2001 gestartet.
Mit der Novellierung des Rundfunkgesetzes (ORF-Gesetz,
BGBl. I Nr. 83/2001) wurden in
§ 5 für den österreichischen Rundfunk
besondere Aufträge gegenüber den Volksgruppen
festgeschrieben. Damit wurde die bestehende Kooperation
zwischen dem ORF und den Volksgruppenradios auch gesetzlich
verankert.
§ 5 (1) Im Rahmen der gemäß § 3
verbreiteten Programme sind angemessene Anteile in den
Volksgruppensprachen jener Volksgruppen, für die ein
Volksgruppenbeirat besteht, zu erstellen. Das Ausmaß
der Programmanteile ist im jeweiligen Jahresendeschema nach
Anhörung des Publikumsrates festzulegen.
(2) Der österreichische Rundfunk kann seinem Auftrag
nach Abs. 1 auch teilweise dadurch nachkommen, dass er
Sendungen nach Abs. 1 nach vorheriger vertraglicher
Vereinbarung mit anderen Rundfunkveranstaltern in Gebieten
der in Österreich ansässigen autochthonen
Volksgruppen (Abs.1) unter Nutzung der diesen
Rundfunkveranstaltern zugeordneten
Übertragungskapazitäten ausstrahlt. Das
Ausmaß der auf diese Weise ausgestrahlten Sendungen
ist auf Vorschlag des Generaldirektors nach Anhörung
des Publikumsrates durch Beschluss des Stiftungsrates auf
die Programmanteile nach Abs. 1 anzurechnen. Ebenso kann
der österreichische Rundfunk an der Gestaltung und
Herstellung von Sendungen durch andere
Rundfunkveranstalter, die ein auf die Interessen der
Volksgruppen bedachtnehmendes eigenständiges
Programmangebot verbreiten, mitwirken.
Diese gesetzliche Verpflichtung gegenüber den in
Österreich anerkannten Volksgruppen geht über den
bisherigen Versorgungsauftrag, wie er aus dem alten
Rundfunkgesetz abgeleitet wurde, hinaus. In den
erläuternden Bemerkungen heißt es dazu, dass der
ORF in seinem Gesamtprogramm auf die Interessen der
Volksgruppen verstärkt Bedacht zu nehmen hat. Auch im
Bericht des Verfassungsausschusses (719 d. B. XXI. GP)
werden "die verstärkten Anforderungen, die
autochthonen Volksgruppen zu berücksichtigen" explizit
hervorgehoben und festgehalten, dass "hier der ORF auch in
Zusammenarbeit mit privaten Hörfunkveranstaltern
(Volksgruppenradios) spezielle öffentlich-rechtliche
Programmangebote anbieten" soll. Der ORF wird also im
Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Auftrages
verpflichtet, für die Volksgruppen mehr als bisher
(für die slowenische Volksgruppe in Kärnten
täglich eine Stunde Sendezeit im Regionalprogramm) zu
leisten.
Das Kooperationsprojekt "Minderheitenradio in Kärnten"
zwischen ORF, Radio dva und Radio Agora startete im Juli
2001 und ermöglichte einerseits die Umsetzung des
gesetzlich verankerten Auftrags des ORF und der
völkerrechtlichen Verpflichtung Österreichs aus
dem Artikel 11 (Medien) der Europäischen Charta der
Regional- oder Minderheitensprachen, andererseits konnten
bestehende Infrastrukturen und Ressourcen für die
Realisierung genutzt und so beträchtliche Kosten
gespart werden.
Die Argumentation der ORF-Geschäftsführung, das
Ende des Projekts "Minderheiten-Radio in Kärnten" habe
allein wirtschaftliche Gründe und der ORF erbringe
ohnehin überproportionale Leistungen für die
Volksgruppen, können wir nicht unwidersprochen
hinnehmen.
Die Gleichberechtigung der Volksgruppe, ihre Rechte und ihr
Schutz sind nicht mit Geld zu messen. Nahezu alle
europäischen Staaten sichern ihren Sprachminderheiten
in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein
überproportionale Versorgung. Die Schweiz zum Beispiel
ist ein viersprachiges Land, die drei Sprachminderheiten
zusammengezählt, erreichen nicht die Hälfte der
deutschen Sprachmehrheit. Zum Auftrag und zur finanziellen
Sicherung der Radio- und Fernsehanstalt SRG kommt die
solidarische Grundeinstellung gegenüber den
Sprachminderheiten. Die Mittelzuteilung benachteiligt die
stärkste deutschsprachige Mehrheit, die 2/3 der
Einnahmen aus Gebühren und Werbung erwirtschaftet,
aber über die Zuteilung nur gut 50 % des Gesamtbudgets
erhält. Knapp 50 % erhalten die drei
Sprachminderheiten und wird ihnen so die Realisierung eines
angemessenen Programms ermöglicht. Ein weiteres
Beispiel täglich gelebter Toleranz ist auch die
Ausstrahlung von rätoromanischen Fernsehbeiträgen
zu den besten Sendezeiten (täglich um 18:45 Uhr) auf
dem Hauptkanal der Deutschsprachigen Schweiz.
Aber selbst eine proporzmäßige Betrachtungsweise
entzieht der Argumentation der
ORF-Geschäftsführung jede Grundlage:
Der ORF hat ein Jahresbudget von 894 Millionen Euro.
Für die slowenischen Programme im ORF-Fernsehen,
ORF-Radio und das Projekt "Minderheiten-Radio in
Kärnten" hat der ORF einen Jahresaufwand von insgesamt
1.650.000,- Euro, das sind 1,8 Promille des
ORF-Jahresbudgets. Dieser Betrag setzt sich zusammen
aus:
* Jahresgesamtkosten der slowenischen Abteilung des ORF:
Eur 720.000,- (geschätzt)
* Jahresgesamtkosten "Minderheiten-Radio in Kärnten":
Eur 930.000,-
Bei Beendigung des Projekts "Minderheiten-Radio in
Kärnten" würde sich der Gesamtaufwand für
die slowenischen Programme im ORF auf Eur 720.000,-
reduzieren, das sind 0,8 Promille des
ORF-Jahresbudgets.
Bei der jüngsten Volkszählung 2001 haben 12.586
österreichische Staatsbürger in Kärnten
Slowenisch als Umgangssprache angegeben, das sind 1,6
Promille der österreichischen Gesamtbevölkerung.
Österreichweit haben bei der Volkszählung 1991
(für 2001 liegen die Österreichweiten Ergebnisse
noch nicht vor) 20.191 österreichische
Staatsbürger Slowenisch als Umgangssprache angegeben,
das sind 2,5 Promille der österreichischen
Gesamtbevölkerung.
Die Ergebnisse der amtlichen Volkszählungen
können nur als unterster Grenzwert für die
zahlenmäßige Stärke der Volksgruppe
angesehen werden. Auch von offiziellen Stellen wird den
Volkszählungsergebnissen dieser Charakter beschieden.
Wesentlich größere Relevanz für den Bereich
Radio und TV haben die Zahlen zur Mediennutzung: nach
ORF-Angaben erreicht die slowenischen Fernsehsendung "Dober
dan Koroška" einen Marktanteil von 40 Prozent und
eine Bewertungsnote von 4,3 (Quelle: volksgruppen.orf.at
vom 13.11.2001). Laut Verband österreichischer
Privatradios ist der Betrieb eines Radiovollprogramms mit
ca. 2,2 Millionen Euro zu beziffern. Bei Jahresgesamtkosten
für das Projekt "Minderheiten-Radio in Kärnten"
von 930.000,- Euro (weniger als der Hälfte des
für vergleichbare Programme üblichen Aufwandes)
von einem "Millionen-Abenteuer eines Slowenenradios" auf
Kosten der Gebührenzahler zu sprechen (Kronen Zeitung,
25.06.2002) ist schlicht minderheitenfeindliche
Propaganda.
Entschieden verurteilen wir jegliche politische Verquickung
der slowenischen Radioprogramme mit der Lösung der
Ortstafelfrage nach dem VfGH-Erkenntnis vom Dezember 2001
und sind entschlossen, eine Rücknahme des slowenischen
Radioangebots mit rechtlichen Schritten, vom
Bundeskommunikationssenat bis zum Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte, zu bekämpfen,
aber auch vor den europäischen Organen politisch
anhängig zu machen. In erster Linie appellieren wir
aber an den Österreichischen Rundfunk, seine
Leistungen für das slowenische Programmangebot nicht
zu kürzen und das Kooperationsprojekt
"Minderheiten-Radio in Kärnten" im Sinne des
öffentlich-rechtlichen Programmauftrags und "zu
nichtdiskriminierenden Bedingungen" (§ 2 Abs. 4
ORF-Gesetz) langfristig zu sichern.
Wir unterstützen aber auch die Forderung des ORF
für eine Lockerung der Werbebeschränkungen im
neuen ORF-Gesetz. Ein erweiterter gesetzlicher
Programmauftrag für identitätsstiftende
Qualitätsprogramme bedingt adäquate
wirtschaftliche Rahmenbedingungen.
Klagenfurt / Celovec, am 1. Juli 2002
Für die Radio dva GmbH, Mag. Marjan Pipp,
Geschäftsführer
Minderheitenradio
in Kärnten
Von Oktober 1998 bis Juni 2001 sendete die Lizenznehmerin
"AGORA Korotan AKO Lokalradio GmbH" ein 24-stündiges
ein- und zweisprachiges Radioprogramm, das von den beiden
Gesellschaftern (Hörfunkveranstalter), der
Regionalradio Korotan GmbH (jetzt Radio dva GmbH) und dem
gemeinnützigen Verein AGORA zu je zwölf Stunden
gestaltet wurde.
Die veränderten Bedingungen in der ersten
Jahreshälfte 2001, der Wegfall der Finanzierung der
beiden privaten Betreiber seitens des BKA und der neue
Gesetzesauftrag für den ORF, verpflichtend Programm
für die Volksgruppen zu gestalten, führten zur
Kooperation mit dem ORF:
Das Kooperationsprojekt "Minderheitenradio in Kärnten"
zwischen ORF, Radio dva und Radio Agora startete im Juli
2001 und ermöglichte die wirtschaftlich
günstigste und effektivste Umsetzung des gesetzlich
verankerten Auftrages des ORF (§ 5 Abs.1 und 2). Der
ORF finanziert
- das Tagesflächenprogramm von Radio dva mit
öffentlich-rechtlichem Charakter von 6.00 bis 18.00
Uhr in slowenischer Sprache mit Eur 47.237,- monatlich
(seit 01.04.2002 mit Eur 41.200,- monatlich) und
- das zweisprachige nichtkommerzielle Freie Radioprogramm
von AGORA von 18.00 bis 6.00 Uhr mit Eur 25.435,- monatlich
(seit 01.04.2002 vertragsloser Zustand).
Bezüglich der Kostenfrage ein Vergleich:
* Laut Auskunft des Verbandes österreichischer
(kommerzieller) Privatradios muss der Betrieb einer
Vollfrequenz (also 24 Stunden Programm) mit ca. 2,2 Mio.
EUR beziffert werden. Die bisherige Beteiligung des ORF am
24-stündigen Minderheitenprogramm in Kärnten im
Ausmaß von 872.000,- EUR für ein Jahr kann daher
als überaus preisgünstig bezeichnet werden.
* Bei einem Hearing vor dem Kulturausschuss des
Kärntner Landtages bezifferte ORF-Landesdirektor Dr.
Willy Mitsche die Jahreskosten der slowenischen
Radiosendung auf Radio Kärnten (täglich 50
Minuten) mit Eur 472.000,- (ATS 6,5 Mio.), für das
Projekt "Minderheitenradio in Kärnten" mit einem
24-Stunden-Angebot leistet der ORF Eur 872.000,- pro
Jahr.
Bei Beendigung der Kooperation mit dem ORF bzw.
Unterschreitung der bisherigen Finanzierungsbeteiligung
seitens des ORF könnte das Programm weder von Radio
dva noch von Radio AGORA aufrechterhalten werden. Ein
Finanzierungsbeitrag des ORF in der Höhe von 1,31 Mio.
EUR, wie er noch im Dezember 2001 vom
Übergangsausschuss vorgesehen und bewilligt wurde,
würde zum Überleben beitragen und eine
Annäherung, aber noch keine Ausgeglichenheit der
Gehälter zwischen den beteiligten Partnern
ermöglichen.
Ein erweiterter gesetzlicher Programmauftrag für
identitätsstiftende Qualitätsprogramme bedingt
adäquate wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die der
Gesetzgeber sorgsam so zu gestalten hat, dass eine
Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags
gewährleistet ist. Auf Grund der neuen
innenpolitischen Situation ist eine politische Lösung
in dieser Frage aber erst nach Bildung einer neuen
Bundesregierung zu erwarten.
Zu den gesetzlichen Bestimmungen im
ORF-Gesetz:
Mit der Novellierung des Rundfunkgesetzes (ORF-Gesetz,
BGBl. I Nr. 83/2001) wurden in
§ 5 für den österreichischen Rundfunk
besondere Aufträge gegenüber den Volksgruppen
festgeschrieben. Damit wurde die bestehende Kooperation
zwischen dem ORF und den Volksgruppenradios auch gesetzlich
verankert.
§ 5 (1) Im Rahmen der gemäß § 3
verbreiteten Programme sind angemessene Anteile in den
Volksgruppensprachen jener Volksgruppen, für die ein
Volksgruppenbeirat besteht, zu erstellen. Das Ausmaß
der Programmanteile ist im jeweiligen Jahresendeschema nach
Anhörung des Publikumsrates festzulegen.
(2) Der österreichische Rundfunk kann seinem Auftrag
nach Abs. 1 auch teilweise dadurch nachkommen, dass er
Sendungen nach Abs. 1 nach vorheriger vertraglicher
Vereinbarung mit anderen Rundfunkveranstaltern in Gebieten
der in Österreich ansässigen autochthonen
Volksgruppen (Abs.1) unter Nutzung der diesen
Rundfunkveranstaltern zugeordneten
Übertragungskapazitäten ausstrahlt. Das
Ausmaß der auf diese Weise ausgestrahlten Sendungen
ist auf Vorschlag des Generaldirektors nach Anhörung
des Publikumsrates durch Beschluss des Stiftungsrates auf
die Programmanteile nach Abs. 1 anzurechnen. Ebenso kann
der österreichische Rundfunk an der Gestaltung und
Herstellung von Sendungen durch andere
Rundfunkveranstalter, die ein auf die Interessen der
Volksgruppen bedachtnehmendes eigenständiges
Programmangebot verbreiten, mitwirken.
Demnach hat der ORF im Rahmen seiner
öffentlich-rechtlichen Programmangebote sowohl
spezifische Sendungen in den Volksgruppensprachen jener
Volksgruppen, für die ein Volksgruppenbeirat besteht,
zu gestalten und zu verbreiten, als auch grundsätzlich
in seinem Gesamtprogramm auf die Interessen dieser
Volksgruppen verstärkt Bedacht zu nehmen. Diesem
Auftrag kann der ORF auch teilweise dadurch nachkommen,
dass er eine vertragliche Zusammenarbeit mit einem auf die
Versorgung von Volksgruppen ausgerichteten privaten
Veranstalter eingeht.
Diese gesetzliche Verpflichtung gegenüber den in
Österreich anerkannten Volksgruppen geht über den
bisherigen Versorgungsauftrag, wie er aus dem alten
Rundfunkgesetz abgeleitet wurde, hinaus. In den
erläuternden Bemerkungen (Regierungsvorlage, 634 d. B.
XXI. GP) heißt es dazu, dass der ORF in seinem
Gesamtprogramm auf die Interessen der Volksgruppen
verstärkt Bedacht zu nehmen hat. Auch im Bericht des
Verfassungsausschusses (719 d. B. XXI. GP) werden "die
verstärkten Anforderungen, die autochthonen
Volksgruppen zu berücksichtigen" explizit
hervorgehoben und festgehalten, dass "hier der ORF auch in
Zusammenarbeit mit privaten Hörfunkveranstaltern
(Volksgruppenradios) spezielle öffentlich-rechtliche
Programmangebote anbieten" soll. Der ORF wird also im
Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Auftrages
verpflichtet, für die Volksgruppen mehr als bisher
(für die slowenische Volksgruppe in Kärnten
täglich 50 Minuten im Regionalprogramm) zu
leisten.
Aus dem ORF-Gesetz ergibt sich keine Verpflichtung zu einer
vertraglichen Zusammenarbeit mit den privaten
Volksgruppenradios. In diesem Fall hat allerdings der ORF
seine Verpflichtung gegenüber den Volksgruppen dadurch
zu erfüllen, dass er in den eigenen Programmen
verstärkt volksgruppensprachliche Sendungen anbietet.
Die Tatsache, dass der ORF bereits vor Novellierung des
Gesetzes Kooperationsverträge mit den privaten
Volksgruppenradios Agora und Radio dva abgeschlossen hat,
und dies dann in der Folge auch gesetzlich verankert wurde,
lässt wohl darauf schließen, dass der
Gesetzgeber in erster Linie daran gedacht hat, dass der ORF
zur Ausstrahlung zusätzlicher Programme in der Sprache
der Volksgruppe die den Privatradios zugeordneten
Übertragungskapazitäten nutzt.
Der Platz, über den Minderheitensprachen in den Medien
verfügen, ist entscheidend für ihr
Überleben. Die Minderheitenmedien können sich nur
auf einen engen kulturellen Markt stützen, sie
bedürfen daher öffentlicher Unterstützung.
Der Europarat hat mit der Europäischen Charta der
Regional- oder Minderheitensprachen, die 2001 von
Österreich ratifiziert wurde, auch auf dem Sektor der
medialen Versorgung von Sprachminderheiten neue
völkerrechtliche Mindeststandards geschaffen.
Jedenfalls dann, wenn Rundfunk eine "öffentliche
Aufgabe" ist, wie in Österreich in Art. I Abs. 3 des
BVG über die Sicherung der Unabhängigkeit des
Rundfunks festgeschrieben, legt die Charta sehr genaue
Verbindlichkeiten fest. Im erläuternden Bericht zur
Charta heißt es dazu: "Die Staaten verpflichten sich,
die Existenz mindestens einer Radiostation zu garantieren,
die ausschließlich oder zur Hauptsache in der
Minderheitensprache sendet. Unter den verschiedenen
Massenkommunikationsmitteln ist das Radio dasjenige, das
für Minderheitensprachen selbst mit geringer
Verbreitung am leichtesten zugänglich ist. Aus diesem
Grund kann den Staaten in diesem Punkt eine recht
präzise Verpflichtung abverlangt werden."
Auch der Beratende Ausschuss für das
Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten
beim Europarat geht in seinem Prüfbericht über
Österreich auf die aktuelle Problematik ein und
hält dazu fest: "Der Beratende Ausschuss stellt fest,
dass die Änderung des am 1. Jänner 2002 in Kraft
getretenen Bundesgesetzes über den
Österreichischen Rundfunk dem ORF neue
Möglichkeiten eröffnet, Programme in den Sprachen
der in den Volksgruppenbeiräten vertretenen
Volksgruppen zu senden. Er ist der Ansicht, dass nun das
Hauptaugenmerk auf die Umsetzung der neuen Bestimmungen
gelegt werden sollte und dass die österreichischen
Behörden besonders sorgfältig darauf achten
sollten, dass der Übergang von den bisherigen zu den
neuen Vereinbarungen zur Finanzierung des Hörfunks die
bestehenden Programme nicht gefährdet."
4192/AB XXI.GP
Eingelangt am: 11.09.2002
Bundeskanzler
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Glawischnig,
Freundinnen und Freunde haben am 11. Juli 2002 unter der
Nr. 4212/J an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend Abdrehen des Radio dva durch den
Kärntner Landeshauptmann gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 bis 3:
Die Bewertung von Aussagen eines Landeshauptmanns ist kein
Gegenstand der Vollziehung im Wirkungsbereich des
Bundeskanzlers, welcher somit dem Interpellationsrecht
gemäß Art. 52 B-VG bzw. § 90 GeoG
zugänglich wäre. Auch kommt dem Bundeskanzler
keinerlei Prüfungsrecht über die Ausgestaltung
von Verträgen oder die Gebarung des ORF zu.
Zu den Fragen 4 und 5:
Mit der am 1. Jänner 2002 in Kraft getretenen
Änderung des ORF-Gesetzes wurde in§ 5 erstmals
ausdrücklich im Sinne der Volksgruppen "besonderer
Aufträge" im Hinblick auf den Anteil von Sendungen in
den Volksgruppensprachen am Gesamtprogramm vorgesehen und
insbesondere Kooperationsmöglichkeiten des ORF mit
privaten Hörfunkveranstaltern betreffend Sendungen
für Volksgruppen gesetzlich verankert. Damit wurde ein
sehr wesentlicher Beitrag zu Gunsten der Versorgung der
Volksgruppen geschaffen, welcher nach der früheren
Rechtslage nicht gegeben war.
Laut Verfassung ist die konkrete Programmgestaltung zur
Erfüllung des Programmauftrags im Sinne der
Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks allein Sache des ORF. Überlegungen zur
Erfüllung der Aufträge des § 5 ORF-Gesetzes
sowie zur Wirtschaftlichkeit einer Kooperation mit anderen
Radioveranstaltern liegen demgemäß in der
Verantwortung der Organe des ORF, der freilich der
Versorgung der Volksgruppen im Sinne der zitierten
Bestimmungen besondere Beachtung zu schenken hat. Eine
unmittelbare Förderung aus dem Budget des
Bundeskanzleramtes für private
Hörfunkveranstalter Ist darüber hinaus nicht
vorgesehen.
Versorgungsauftrag
des ORF gegenüber der slowenischen Volksgruppe in
Kärnten
Laut Ziffer 1 des Staatsvertrages von Wien (BGBl 1955/152)
genießen österreichische Staatsangehörige
der slowenischen Volksgruppe in Kärnten dieselben
Rechte aufgrund gleicher Bedingungen wie alle anderen
österreichischen Staatsangehörigen
einschließlich des Rechtes auf ihre eigenen
Organisationen, Versammlungen und Presse in ihrer eigenen
Sprache.
Im Verhältnis von nationalen Minderheiten zum
übrigen Staatsvolk reicht die herkömmliche
Gleichbehandlung nicht aus. Dies deshalb, weil die
Angehörigen einer nationalen Minderheit bei einfacher
Gleichstellung in gewissen Sparten des Lebens - wie im
Medienbereich - assimiliert würden. Es ist daher
ständige Judikatur des VfGH, dass der Schutz und die
Sonderförderungen von Angehörigen einer
Volksgruppe und deren Einrichtungen gegenüber
Angehörigen anderer gesellschaftlicher Gruppen es
sachlich rechtfertigen oder sogar erfordern kann, die
Minderheit in gewissen Belangen zu bevorzugen (zB VfGH vom
05.10.1981, WI-9/79-24 uva).
Im Sinne dieser Bestimmungen wurden Agora und Korotan bei
Lizenzvergabe die Auflage erteilt, ihre Sendungen auch in
slowenischer Sprache auszustrahlen. Mit dieser Auflage
haben die Volksgruppenradios als einzige Privatradios auch
einen Versorgungsauftrag zu erfüllen. Außerdem
wurde mit den staatsvertraglichen Verpflichtungen auch das
gegenüber anderen Lokalradios größere
Verbreitungsgebiet für das slowenischsprachige
Privatradio gerechtfertigt. Die Produktion von
slowenischsprachigen (zweisprachigen) Sendungen bedingt
einen höheren journalistischen Aufwand sowie die
Versorgung des slowenischsprachigen Gebietes in
Kärnten höhere Kosten für die zu
errichtenden Sendeanlagen zur Folge hatten. Um diesen
Mehraufwand abzudecken wurde vom Bundeskanzleramt der
Bundesregierung der 20. Gesetzgebungsperiode den privaten
Volksgruppenradios eine finanzielle Unterstützung
gewährt. Nach Regierungswechsel im Jahre 2000
beschloss die neue Regierung, dass in Hinkunft nicht mehr
das Bundeskanzleramt, sondern der ORF die
Unterstützung der privaten Volksgruppenradios
gewähren soll. In diesem Sinne wurden die ersten
Verträge zwischen dem ORF und den Volksgruppenradios
in Kärnten und in Burgenland abgeschlossen.
Mit der Novellierung des Rundfunkgesetzes (ORF-Gesetz,
BGBl. I Nr. 83/2001) wurden in
§ 5 für den österreichischen Rundfunk
besondere Aufträge gegenüber den Volksgruppen
festgeschrieben. Damit wurde die bestehende Kooperation
zwischen dem ORF und den Volksgruppenradios auch gesetzlich
verankert.
§ 5 (1) Im Rahmen der gemäß § 3
verbreiteten Programme sind angemessene Anteile in den
Volksgruppensprachen jener Volksgruppen, für die ein
Volksgruppenbeirat besteht, zu erstellen. Das Ausmaß
der Programmanteile ist im jeweiligen Jahresendeschema nach
Anhörung des Publikumsrates festzulegen.
(2) Der österreichische Rundfunk kann seinem Auftrag
nach Abs. 1 auch teilweise dadurch nachkommen, dass er
Sendungen nach Abs. 1 nach vorheriger vertraglicher
Vereinbarung mit anderen Rundfunkveranstaltern in Gebieten
der in Österreich ansässigen autochthonen
Volksgruppen (Abs.1) unter Nutzung der diesen
Rundfunkveranstaltern zugeordneten
Übertragungskapazitäten ausstrahlt. Das
Ausmaß der auf diese Weise ausgestrahlten Sendungen
ist auf Vorschlag des Generaldirektors nach Anhörung
des Publikumsrates durch Beschluss des Stiftungsrates auf
die Programmanteile nach Abs. 1 anzurechnen. Ebenso kann
der österreichische Rundfunk an der Gestaltung und
Herstellung von Sendungen durch andere
Rundfunkveranstalter, die ein auf die Interessen der
Volksgruppen bedachtnehmendes eigenständiges
Programmangebot verbreiten, mitwirken.
(5) Über den Versorgungsauftrag hinaus kann der
österreichische Rundfunk zur Gestaltung von Sendungen
oder Programmen mit anderen öffentlich-rechtlichen
Rundfunkveranstaltern Kooperationen eingehen oder
Gemeinschaftsunternehmen gründen.
Laut den erläuternden Bemerkungen (siehe
Regierungsvorlage, 634 dBlg, XXI. GP) zu § 5 hat der
ORF im Rahmen seiner öffentlich-rechtlichen
Programmangebote sowohl spezifische Sendungen in den
Volksgruppensprachen jener Volksgruppen, für die ein
Volksgruppenbeirat besteht, zu gestalten und zu verbreiten,
als auch grundsätzlich in seinem Gesamtprogramm auf
die Interessen dieser Volksgruppen verstärkt Bedacht
zu nehmen. Diesem Auftrag kann der ORF auch teilweise
dadurch nachkommen, dass er eine vertragliche Vereinbarung
mit einem auf die Versorgung von Volksgruppen
ausgerichteten privaten Veranstalter eingeht, indem
geregelt wird, dass der ORF Sendungen über die diesen
privaten Veranstalter zugewiesenen
Übertragungskapazitäten ausstrahlen kann. Der
Anteil der auf diese Weise ausgestrahlten Sendungen ist im
ORF auf den Anteil in seinen eigenen gemäß
§ 3 gestalteten Programmen anzurechnen, wobei aber
weiterhin dafür zu sorgen ist, dass die Programme nach
§ 3 angemessene Anteile enthalten. Ferner kann der ORF
mit anderen Rundfunkveranstaltern, die spezielle
volksgruppenbezogene Sendungen gestalten,
zusammenarbeiten.
Zu den gesetzlichen Bestimmungen im
ORF-Gesetz:
§ 5 definiert die besonderen Aufträge, die der
ORF im Rahmen seines öffentlich-rechtlichen
Versorgungsauftrages zu erfüllen hat. Es handelt sich
hiebei um eine Sonderbestimmung zu dem in den §§
3 und 4 definiertem öffentlich-rechtlichen
Versorgungsauftrag. Demnach ist der ORF als
öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt verpflichtet, im
Sinne seines Versorgungsauftrages angemessene
Programmanteile auch in den Volksgruppensprachen (für
die ein Volksgruppenbeirat besteht) auszustrahlen. Dieser
Verpflichtung kann er teilweise auch dadurch nachkommen,
indem er mit privaten Rundfunkveranstaltern - in
Kärnten Radio Agora und Korotan - vertragliche
Vereinbarungen trifft. Diese gesetzliche Verpflichtung
gegenüber den in Österreich anerkannten
Volksgruppen (für die ein Volksgruppenbeirat besteht)
geht über den bisherigen Versorgungsauftrag, wie er
aus dem alten Rundfunkgesetz abgeleitet wurde, hinaus. Dies
geht insbesondere auch aus den erläuternden
Bemerkungen hervor, in der der Gesetzgeber davon spricht,
dass der ORF in seinem Gesamtprogramm auf die Interessen
der Volksgruppen verstärkt Bedacht zu nehmen hat. Der
ORF wird also im Rahmen seines öffentlich-rechtlichen
Auftrages vom Gesetzgeber verpflichtet, für die
Volksgruppen mehr als bisher (täglich eine Stunde
Sendezeit im Regionalprogramm in der Sprache der
Volksgruppen) zu leisten. Dabei kann er die darüber
hinaus gehende Verpflichtung ("teilweise") auch dadurch
erfüllen, dass er wie derzeit mit Radio Agora und
Korotan auch praktiziert, vertragliche Vereinbarungen
trifft die ihm die Nutzung der
Übertragungskapazitäten dieser Privatradios zur
Ausstrahlung von Sendungen in slowenischer Sprache
ermöglicht.
Der ORF hat als - auch mit Gebühren finanziertes
Unternehmen - einen öffentlich-rechtlichen Auftrag zu
erfüllen, der ihn in seien Programminhalten von
privaten Radioanstalten unverwechselbar macht (§4 Abs
3 ORF-Gesetz). (siehe dazu die Mitteilung der Kommission
über die Anwendung der Vorschriften über
staatliche Beihilfen auf den öffentlich rechtlichen
Rundfunk). Der ORF hat ein differenziertes Gesamtprogramm
für alle anzubieten. Die Berücksichtigung der
Volksgruppen mit einer "Sendestunde" pro Tag in deren
Sprache reicht wohl keineswegs aus um den berechtigten
Bedürfnissen der Volksgruppen gerecht zu werden. Daher
wurde in Kärnten einem Volksgruppenradio eine
Privatradiolizenz erteilt, das auch einen gewissen
Versorgungsauftrag (Auflage) gegenüber der Volksgruppe
zu erfüllen hat.
Aus dem ORF-Gesetz ergibt sich keine Verpflichtung, zu
einer vertraglichen Zusammenarbeit mit den privaten
Volksgruppenradios. In diesem Fall hat allerdings der ORF
seine Verpflichtung gegenüber den Volksgruppen dadurch
zu erfüllen, dass er selbst über die bereits
täglich ausgestrahlten Sendungen von einer Stunde
weitere Sendungen in der Sprache der Volksgruppen auf
seinem Programm anbietet. ("kann seinem Auftrag auch
teilweise dadurch nachkommen").
Die Tatsache, dass der ORF bereits vor Novellierung des
Gesetzes Kooperationsverträge mit den privaten
Volksgruppenradios abgeschlossen hat, und dies dann in der
Folge auch gesetzlich verankert wurde, lässt wohl
darauf schließen, dass der Gesetzgeber in erster
Linie daran gedacht hat, dass der ORF zur Ausstrahlung
zusätzlicher Programme in der Sprache der Volksgruppe
die den Privatradios zugeordneten
Übertragungskapazitäten nutzt. Eine derartige
Verpflichtung ist auch deshalb logisch, da die privaten
Radios der Volksgruppen als einzige auch einen inhaltlichen
Versorgungsauftrag (Programmanteile in slowenischer Sprache
auszustrahlen) zu erfüllen haben. Zu bedenken ist
weiters, dass die den Volksgruppenradios erteilten Auflagen
nur zu rechtfertigen sind, wenn dafür auch eine
Unterstützung gewährt wird, da sie ja damit
praktisch auch einen öffentlich-rechtlichen Auftrag
erfüllen. Da die direkte Unterstützung durch das
Bundeskanzleramt eingestellt wurde, hat logischerweise der
ORF, der auch über Gebühren finanziert wird,
diese Funktion zu übernehmen. Die Bestimmungen des
§ 5 ORF-Gesetz können wohl nur in diesem Sinne
Verstanden werden.
Sepp Brugger, Lehrbeauftragter am Institut für
Kommunikationswissenschaft der Uni Salzburg, ehemals
Mitglied der Privatradiobehörde (Pattergasse 16; 9971
Matrei/ Osttirol), e-mail: sepp.brugger@aon.at - Tel:
04875/5284
ORF-Programmangebot
in den Volksgruppensprachen
Burgenland - Kroatisch:
Radio: Mo-Fr täglich ca. 2 Minuten Nachrichten nach
dem Mittagsjournal, von Mo-So täglich 18.15 Uhr bis
18.55 Uhr 40 Minuten Magazin;
TV: Jeden Sonntag 13.30 Uhr bis 14.00 Uhr Magazin "Dobar
dan Hrvati", regional, bundesweite Wiederholung am Montag
um ca. 03.00 Uhr.
Burgenland - Ungarisch:
Radio: Mo bis So täglich von 18.55 bis 19.00 zumeist
Nachrichten, So ab 19.30 Uhr ca. 20-minütiges
Radiomagazin, regional;
TV: Bis 4 x jährlich 25-minütiges Magazin "Adj'
Isten magyarok", zumeist Feiertags ab 13.05 Uhr, regional.
Wiederholung bundesweit am darauffolgendem Montag um ca.
03.00 Uhr.
Burgenland - Ungarisch/Kroatisch:
Radio: Mo wöchentlich 20.05 bis 21.00 Magazin,
regional;
TV: ab 2002 ca. 6 mal jährlich So ab ca. 14.20 bis ca
14.55 Magazin "Servus/Szia/Zdravo", regional.
Kärnten - Slowenisch:
Radio: Mo bis Fr täglich 50 Minuten Magazin von 18.10
bis 19.00, Sa 18.00 bis 19.00 Wunschkonzert, So 18.00 bis
18.30 Musik; Mi von 21.05 bis 22.00 Magazin, regional;
Kooperationsprojekt "Minderheitenradio in Kärnten"
vertraglich gesichert bis Jahresende 2002.
TV: Jeden Sonntag 13.30 Uhr bis 14.00 Uhr Magazin "Dober
dan Koroska", regional, bundesweite Wiederholung am Montag
um ca. 03.00 Uhr.
Kein muttersprachliches Programmangebot, weder Radio noch
TV, haben die slowenische Volksgruppe in der Steiermark,
die tschechische und die slowakische Volksgruppe sowie die
Volksgruppe der Roma.
ORF-Programmplan ab 01.01.2003
Burgenland - Kroaten: Radio: wöchentlich 26
Minuten Magazin in der Abendfläche (Montags 20.04 bis
20.30), regional.
Burgenland - Ungarn:
Radio: wöchentlich 15 Minuten Magazin in der
Abendfläche (Montags 20.30 bis 22.45), regional.
Burgenland - Romanes:
Radio: wöchentlich 15 Minuten Magazin in der
Abendfläche (Montags 20.45 bis 21.00), regional.
TV: Mitberücksichtigung von Romanes im Magazin
"Servus/Szia/Zdravo" (6 Sendetermine pro Jahr),
regional.
Tschechisch:
Radio: 14-tägig 30 Minuten Magazin von 20.00 Uhr bis
20:30, auf Mittelwelle 1476.
TV: kein Programmangebot.
Slowakisch:
Radio: 14-tägig 30 Minuten Magazin von 20.00 Uhr bis
20:30, auf Mittelwelle 1476.
TV: kein Programmangebot.
Steiermark - Slowenisch:
Kein Programmangebot.
Kärnten - Slowenisch:
Unverändertes Programmangebot in den ORF-Programmen;
Beendigung des Kooperationsprojektes "Minderheitenradio in
Kärnten".
Siehe auch: Minderheiten in Österreich: Solidarität mit den slowenischen Radiomachern