Bozen, Göttingen, 14. Januar 2004
Die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) hat der sudanesischen Regierung am Mittwoch
vorgeworfen, Hunger als Mittel der Kriegführung gegen
Aufständische im Westen des Sudan einzusetzen. "In der
Provinz Darfur droht eine humanitäre Katastrophe, weil die
Behörden internationalen Hilfsorganisationen den Zugang zur
Not leidenden Bevölkerung verweigern", warnte der
GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Rund eine Million Menschen
seien in Darfur auf Nothilfe angewiesen. Doch nur 15 Prozent von
ihnen könnten derzeit versorgt werden, weil die
Behörden den humanitären Einsatz mehr behinderten als
die Kämpfe, hatten internationale Hilfswerke geklagt.
Nachdrücklich appellierte die GfbV an die Europäische
Union sich dafür einzusetzen, dass Hilfsorganisationen
sofort freien Zugang nach Darfur erhalten. Bereits in den 80er-
und 90er Jahren hatte die sudanesische Regierung mehrfach Hunger
als Mittel der Kriegführung im Südsudan missbraucht und
damit elementares humanitäres Völkerrecht
verletzt.
Rund 95.000 Menschen sind vor den Kämpfen der sudanesischen
Armee mit den beiden Widerstandsbewegungen Sudanesische
Befreiungsarmee (SLA) und der Bewegung für Gerechtigkeit und
Gleichheit (JEM) in das Nachbarland Tschad geflohen. Pro Tag fast
1.000 Fur und Angehörige anderer Bevölkerungsgruppen
hätten im Dezember im Tschad Zuflucht vor den Kämpfen
und vor Übergriffen von Milizen gesucht. Erst am Montag
hatte die sudanesische Luftwaffe den Ort Tiné sowie andere
Dörfer in Darfur bombardiert. Bei den Angriffen sollen nach
Angaben der Widerstandsbewegung JEM 45 Menschen getötet
worden sein.
Viele ländliche Gebiete Darfurs seien inzwischen
entvölkert, da die Menschen in die Städte oder in den
benachbarten Tschad vor den Kämpfen sowie vor
Übergriffen von Milizen suchten, die von der sudanesischen
Armee bewaffnet wurden, berichtete Delius. Seit 1983 eine schwere
Dürre die von sudanesischen Regierungen seit Jahrzehnten
vernachlässigte Region heimsuchte, seien die Konflikte um
Land und den Zugang zu Wasser zwischen den Fur und arabischen
oder arabisierten Nomaden-Gruppen eskaliert. Zugewanderte
arabische Nomaden würden die Fur-Bauern mit
Unterstützung der Regierung von ihrem Land vertreiben.
Allein im Oktober 2003 überfielen arabische Milizen 150
Dörfer und vertrieben 250.000 Menschen. Ende Dezember 2003
starben mehr als 200 Frauen und Kinder bei Übergriffen der
Milizen.