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Tag des Erinnerns. Wie Gedenken?

Auch Südtiroler beteiligten sich an den NS-Verbrechen

Bozen, 26. Januar 2004

Vor 59 Jahren befreite die Rote Armee die Insassen des Konzentrationslagers Auschwitz. Mehrere Hunderttausend Menschen wurden in Auschwitz ermordet. Die meisten davon waren jüdische Europäer, Sinti und Roma und Polen sowie Regimegegner.

Auch die meisten Angehörigen der jüdischen Gemeinde von Meran wurden in die Vernichtungslager des NS-Staates deportiert. Die aktive Mithilfe Südtiroler Nazis ermöglichte die Deportation der Meraner Juden. "Und diejenigen ihrer Mitbürger - es war keine geringe Anzahl - die zu diesem Massenmord beigetragen und sich mit jüdischem Besitz bereichert hatten, wurden namentlich angezeigt, nie aber bestraft; unter ihnen gab es bekannte Geschäftsleute, Unternehmer, Politiker, deren blühende Geschäfte und Karriere in den darauffolgenden Jahren eher gestärkt als behindert wurden," erinnerte Federico Steinhaus in der Zeitschrift "sturzflüge" (1986) an die Südtiroler NS-Täterschaft. Das italienische Regierungsdekret über die Rückerstattung jüdischen Eigentums wurde in Südtirol nie ausgeführt. Im katholischen Tirol lebten seit dem 13. Jahrhundert Juden; sie trugen durch ihre schöpferischen Fähigkeiten wesentlich zum Aufblühen des Tourismus bei. Immer wieder wurden die Tiroler Juden verfolgt und diskriminiert. Besonders die Deutschnationalen pflegten einen radikalen Antisemitismus, der von vielen gesellschaftlichen Gruppen übernommen wurde.

Mit eigenen "Arier"-Paragrafen wurden im Tirol der Zwischenkriegszeit Juden ausgegrenzt. Antisemiten organisierten auch in Nordtirol eine "Reichspogromnacht" vom 9. auf den 10. November 1938. Während der NS-Ära beteiligten sich Tausende Südtiroler als Soldaten der Wehrmacht am rassistisch motivierten Eroberungskrieg im östlichen Europa und in der Waffen-SS, die für Massenmorde an Juden verantwortlich ist.

Das neue Südtirol nach 1945 verdrängte aber bewußt und erfolgreich diese Geschichte des eigenen Täter- und Mittäterschaft. Der Historiker Günther Pallaver kritisierte zurecht die Verdrängung als dunklen Fleck: "Die Verantwortung für das, was über all die Jahrhunderte mit den jüdischen Mitbürgern auch in Tirol geschehen ist, bis hin zur letzten Konsequenz, die der Nationalsozialismus in die Praxis umgesetzt hat, kann nicht mit Verjährungsfristen beiseite geschoben werden."

Der Landtag sollte deshalb als Vertretung der Bürgerschaft Südtirols sich zu dieser Verantwortung endlich bekennnen und sich bei der jüdischen Gemeinde von Meran für die Südtiroler Mittäterschaft an der Shoah entschuldigen. Die Entschuldigung sollte auch an eine Form der Wiedergutmachung gekoppelt werden. Außerdem sollte sich der Landtag an der Initiative jüdischer Gedenkstein der jüdischen Kultusgemeinden und der Tageszeitungen Dolomiten und Alto Adige beteiligen. Denn: Auch Schweigen macht schuldig.


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/03-1/030125de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040113de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/02-1/020126de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/1-01/26-1-dt.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2-00/8-11-dt.html | www.gfbv.it/3dossier/eu-min/jued-st.html | www.gfbv.it/3dossier/pogrom-dt.html | www.gfbv.it/3dossier/linkgfbv.html#shoah

* www: www.wiesenthal.com | www.edi.admin.ch/ara/d/frb_links_kommentiert.htm | antisemitismusforschung.de | www.tu-berlin.de/~zfa/ | www.antisemitismus.de/ | www.antisemitismus.at | www.antisemitismus-info.de | www.burks.de/nazis.html | www.shoa.de

Letzte Aktual.: 27.1.2004 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040127de.html | XHTML 1.0 / CSS | WEBdesign, Info: M. di Vieste
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