Bozen, 7. April 2004
Die Situation im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo
(RDC, Ex-Zaire) hat sich für die indigenen
Pygmäen-Völker wieder verschlechtert. Dies teilt Pater
Antonio Mazzucato in einem dringenden Brief der Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV) mit. Seit 1986 betreut Pater
Mazzucato im Gebiet zwischen Bambasa und Beni das "Projekt
Pygmäen-Etabe". Es verfolgt drei große Ziele: den
Pygmäen zu helfen, kulturelles und technisches Wissen zu
erlangen, um der westlichen Neokolonialisierung entgegentreten zu
können; die rechtliche Anerkennung ihres ursprünglichen
Lebensraumes, hinter dem multinationale Firmen her sind, da dort
Gold, Diamanten, Mahagoni, Ebenholz, Teakholz, Erdöl und
Coltan vorkommen; eine Autonomie in Recht und Verwaltung für
die Pygmäen zu erreichen.
In der vergangenen Woche sind diese Ziele angegriffen worden,
diesmal so heftig, dass die lokalen Stammeshäuptlinge der
Pygmäen heftig Alarm schlagen: "Wir sind entrüstet,
dass unser Wald und unser Land ohne unser Einverständnis
verkauft wird." Über 40 Quadratkilometer indigenen Landes
sind von dazu nicht befugten Personen aus der Umgebung an Firmen
verkauft worden, die mit den Multis direkt oder indirekt in
Verbindung stehen. "Die Situation wird immer schlimmer", sagt
Pater Mazzucato besorgt. "Sie haben bereits die Grenzen der
angekauften Ländereien markiert und schwadronieren wenige
hundert Meter hinter unserem Haus herum. Einige von ihnen haben
sogar schon gedroht uns zu töten."
Die Multis sind vor allem hinter dem Coltan her, denn 80 Prozent
der weltweiten Vorkommen befinden sich im Kongo. Aus diesem Erz
wird Tantal gewonnen, ein Metall, das sowohl äußerst
resistent gegen Korrosion als auch gegen starke
Temperaturschwankungen ist. Diese Eigenschaften machen Tantal
für die Elektronikindustrie immer begehrenswerter; Handys,
PCs, Palmtops und Videospiel-Automaten kommen ohne das Metall
nicht mehr aus.
"Wir sind nicht gegen die Entwicklung", sagen die
Stammeshäuptlinge, "aber sie muss intelligent betrieben
werden und darf nicht so unkontrolliert wie bisher erfolgen.
Deshalb sagen wir Nein zum Verkauf unserer Erde und ihrer
Schätze!" Die Pygmäen verlangen daher, dass nur der
Staat im Einvernehmen mit der ansässigen, indigenen
Bevölkerung über den Wald und die Bodenschätze
verfügen darf. "Wir erlauben durchaus, dass Bäume
gefällt werden", räumen sie ein, "allerdings darf keine
völlige Abholzung erfolgen." Die Häuptlinge
möchten 50 Dollar für jeden geschlägerten Baum
erhalten. Für den Abbau von Bodenschätzen wie Coltan
oder Erdöl sollen die Unternehmen jährlich eine
Entschädigung zahlen, die der Staat gemeinsam mit den
Pygmäen festlegt.