Bozen, Göttingen, 18. Mai 2004
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der
Regierung Ugandas am Dienstag vorgeworfen, die katastrophale Lage
der Zivilbevölkerung im Norden des Landes zu ignorieren und
Schutz suchende Flüchtlinge im Stich zu lassen. "Die Armee
wird mitschuldig an Verbrechen am eigenen Volk, denn sie geht
nicht angemessen gegen Übergriffe der Rebellenbewegung
Lord's Resistance Army (LRA) auf Zivilisten vor", kritisierte der
GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. In den beiden vergangenen
Tagen seien 45 Menschen bei Massakern und Überfällen
der LRA getötet worden, obwohl sie in Flüchtlingslagern
unter dem Schutz der Armee gestanden hätten. "Krieg,
Flüchtlingselend sowie Menschenrechtsverletzungen der LRA
und der ugandischen Armee machen die Lage für die
Zivilbevölkerung unerträglich", warnte Delius. Statt
sich angesichts der drohenden Hungerkatastrophe um Frieden zu
bemühen, setze die ugandische Regierung alles daran, die LRA
militärisch zu zerschlagen. Damit gefährde sie das
Überleben von Zehntausenden Menschen, die durch den seit 18
Jahren dauernden Krieg geschwächt seien.
Im Namen des weltweiten Kampfes gegen den Terrorismus führe
Uganda einen Vernichtungskrieg gegen die LRA, dem jedoch vor
allem Zivilisten zum Opfer fallen, sagte Delius. Mehr als 200.000
Menschen hätten alleine in den vergangenen vier Monaten
aufgrund von Offensiven der Armee ihre Dörfer verlassen
müssen. Insgesamt seien 1,6 Millionen Flüchtlinge auf
ausländische Hilfslieferungen angewiesen, die jedoch immer
spärlicher in den Flüchtlingslagern eintreffen
würden. Erst vergangene Woche hatte das
Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen dringend um
Hilfsgüter und Spenden gebeten, da eine längerfristige
Versorgung der Zivilbevölkerung nicht mehr
gewährleistet sei.
Fast täglich gebe es Übergriffe der LRA oder der
ugandischen Armee und der von ihnen bewaffneten Milizen auf die
überwiegend christliche Bevölkerung. So seien am
vergangenen Wochenende 34 Menschen bei einem Angriff der LRA auf
ein Flüchtlingslager nahe der Stadt Gulu getötet
worden. Weitere elf Menschen seien seit gestern bei
Übergriffen in der Nähe der Stadt Kitgum ums Leben
gekommen. Auch unter den Geberländern Ugandas wachse die
Kritik an der mangelnden Friedensbereitschaft der Regierung in
Kampala. Angesichts der Steigerung des Verteidigungshaushalts um
19 Prozent hatten die Geberstaaten am 13. Mai 2004 massive Kritik
am Staatshaushalt Ugandas geäußert.