Bozen, Göttingen, 23. Oktober 2003
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am
Donnerstag vor einer humanitären Katastrophe im Osten
Ugandas gewarnt. Mehr als 330.000
Bürgerkriegs-Flüchtlingen in der Region Teso fehle es
an Nahrungsmitteln, Wasser und medizinischer Hilfe. Allein in der
vergangenen Woche seien in dem Flüchtlingslager Obalanga 70
Menschen verhungert. Die Menschenrechtsorganisation warf dem
Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Regierung Ugandas vor,
bei der Versorgung der Not leidenden Flüchtlinge zu
versagen. "Die bislang von ihnen geleistete Hilfe ist vollkommen
unzureichend und schlecht koordiniert", kritisierte der
Afrikareferent Ulrich Delius. "Statt eine humanitäre
Katastrophe zu verhindern, lähmen Meinungsverschiedenheiten
zwischen Hilfsorganisationen und der Regierung eine wirksame
Versorgung der Zivilbevölkerung."
Die Lebensbedingungen der Flüchtlinge seien
menschenunwürdig, Vertreter der Zivilbevölkerung
hätten bereits verzweifelt mit einem Aufstand gedroht, wenn
die humanitäre Hilfe nicht endlich verstärkt werde,
berichtete Delius. Fast täglich überfalle die
Rebellenbewegung Lord's Resistance Army (LRA) Dörfer in der
Region Teso, töte wahllos Zivilisten und raube Kinder, um
sie als Soldaten einzusetzen. Tausende hungernde und
erschöpfte Flüchtlinge strömten jede Nacht in die
Stadt Soroti, um dort in Schulen, Kirchen, Busstationen und
anderen öffentlichen Einrichtungen Schutz vor Angriffen der
LRA zu suchen. Am vergangenen Montag seien erneut drei Menschen
bei einem Überfall der LRA auf das Dorf Amen in der
Nähe Sorotis getötet worden.
Im Osten Ugandas habe der Flüchtlingsexodus erst im Juni
2003 begonnen, nachdem die LRA vor einer neuen Offensive der
ugandischen Armee aus dem Norden in den Osten des Landes
ausgewichen sei. "Aufgrund immer neuer Kämpfe im vergangenen
halben Jahr hat sich die Lage der Zivilbevölkerung im Osten
und Norden Ugandas dramatisch verschlechtert", warnte Delius.
Seit Beginn einer Großoffensive der ugandischen Armee im
Jahr 2002 habe sich die Zahl der Flüchtlinge verdoppelt.
Heute seien mehr als 1,2 Millionen Menschen in Uganda auf der
Flucht. Im Norden Ugandas seien 80 Prozent der Bevölkerung
aus ihren Dörfern geflohen.
Seit 1986 kämpft die LRA im Norden Ugandas für ein
Regime, das sich an den zehn Geboten orientiert. Mit Massakern,
Vergewaltigung, Mord und Kinderraub terrorisiert sie die
Zivilbevölkerung. Mehr als 80 Prozent ihrer Kämpfer
sind Kindersoldaten.