Bozen, Brasilia, 22. Oktober 2004
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) zeigt
sich besorgt über den Umstand, dass ein US-Unternehmen
für Biotechnologie Handel mit Genproben von brasilianischen
Ureinwohnern über seine Internetseite (ccr.coriell.org) betreibt.
Coriell Cell Repositories verkauft die DNA von Indios der
Stämme Karitiana und Suruí aus dem Bundesstaat
Rondônia für 85 Dollar je Probe. Der Präsident
der Indianerbehörde FUNAI, Mercio Pereira, hat die
brasilianische Polizei bereits dazu aufgefordert, die Sache zu
untersuchen. "Der Fall ist schwerwiegend, fast unglaublich. Wir
müssen die volle Wahrheit dieser Geschichte ans Tageslicht
bringen", sagt Pereira. Nach Angaben des Verwalters der FUNAI in
Rondônia, Rômulo Siqueira Sá, haben die
Karitiana bestätigt, vor einigen Jahren von einem Team
ausländischer und brasilianischer Forscher besucht worden zu
sein. Sie hätten mehr als der Hälfte aller
Stammesmitglieder Blut abgenommen.
Coriell Cell, das auch Proben von ecuadorianischen Ureinwohnern
zum Verkauf anbietet, ist nicht zum ersten Mal des illegalen
Genhandels angeklagt. Bereits 1996 hatte das Unternehmen
DNA-Proben von Karitiana und Suruí auf seiner Webseite
angeboten. Drei Jahre später machte der amerikanische
Psychologie-Professor Stanley Krippner in den USA auf die
Problematik aufmerksam. Er veröffentlichte ein Manifest, das
er bei einem Seminar in Brasilia gemeinsam mit 40
Stammesoberhäuptern verfasst hatte. "Die
Biotechnologie-Unternehmen", so heißt es im Manifest,
"wollen wissen, warum die Indios gegen Tropenkrankheiten immun zu
sein scheinen und wie sie unter den extremen klimatischen
Bedingungen leben. Mit diesen Informationen entwickeln sie
Medikamente, die die Abwehrkräfte von Soldaten stärken
sollen, die in Teilen der Welt kämpfen, die ähnliche
Krankheiten und klimatische Bedingungen haben."