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Asylbewerber in Deutschland

Niedrige Anzahl der Asylbewerber spiegelt Unbarmherzigkeit deutscher Asylpolitik

Bozen, Göttingen, 10. Januar 2006

Die niedrige Anzahl von Asylbewerbern im vergangenen Jahr offenbart nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Unbarmherzigkeit der deutschen Asylpolitik. "Angesichts der furchtbaren Schicksale, die abgewiesene Flüchtlinge und ihre Familien erlitten haben, ist eine Anerkennungsquote von nur 0,9 Prozent oder 411 Personen im Jahr 2005 zutiefst beschämend", erklärte der GfbV- Generalsekretär Tilman Zülch am Dienstag. "Die Unerbittlichkeit der deutschen Behörden und Gerichte erinnert vor dem Hintergrund, dass die Nazis Hunderttausende aus dem Lande jagten und 14,5 Millionen Deutsche dann selbst zu Flüchtlinge wurden und weitere fünf Millionen aus der DDR oder der Sowjetischen Besatzungszone SBZ fliehen mussten, oft an die Kaltblütigkeit von Beamten und Justiz des Dritten Reiches oder an die Praxis der östlichen Vertreiberstaaten nach 1945." Unter den Nationalsozialisten hätten viele Flüchtlinge aus Deutschland eine Odyssee durchleiden müssen, bevor sie vielfach zurückgewiesen irgendwo Aufnahme fanden. Andere deutsche Emigranten hätten in der Fremde aus Verzweiflung dann den Freitod gewählt wie Stefan Zweig, Walter Benjamin oder Kurt Tucholsky.

"Auch aufgrund dieser Erfahrungen wurde der Artikel 16 ins Grundgesetz aufgenommen, dem zufolge politisch Verfolgten bei uns Asyl zu gewähren ist", mahnte Zülch. Doch offensichtlich haben sich sehr viele deutsche Innenpolitiker, Behörden und Juristen von dieser Leitlinie abgewandt. Die Zahl der Asylbewerber war nach Angaben des Bundesinnenministeriums 2005 mit 28914 Anträgen so niedrig wie zuletzt vor 22 Jahren. Die Urteile deutscher Verwaltungsgerichte seien oft herzlos und gnadenlos. Abgelehnt worden sei zum Beispiel auch ein jungen Mannes aus Tschetschenien, erklärte der GfbV-Generalsekretär. Dieser war von russischen Soldaten sechs Wochen lang in einem Erdloch gefangen gehalten worden, in dem das Wasser kniehoch stand, und musste grausame Folter erleiden. Immer wieder wurde er auf einen Stuhl gebunden, vergewaltigt und mit Elektroschocks bis zur Bewusstlosigkeit misshandelt. Um ihn freikaufen zu können, musste seine Familie ihr gesamtes Hab und Gut verkaufen.

Auch eine junge Tschetschenin, die sich Hilfe suchend an die GfbV gewandt hatte, sollte nach Ablehnung ihres Asylgesuches nach Russland zurückgeschoben werden. Sie hatte mit ansehen müssen, wie ihr Vater von der russischen Armee erschossen wurde. Danach wurde sie selbst gefangen genommen und in russischer Polizeihaft 24 Stunden lang immer wieder vergewaltigt. Die schwer traumatisierte junge Frau versuchte Selbstmord zu begehen, nachdem die Polizei um 5 Uhr morgens an ihrer Wohnungstür geklingelt hatte, um sie abzuschieben.

Selbst ein drohendes Todesurteil im Herkunftsland schütze Asylbewerber nicht. So sollte ein iranisches Ehepaar mit seinen beiden kleinen, in Deutschland geborenen Kindern zurückgeschoben werden, obwohl es zum Christentum übergetreten war. Deshalb droht dem Paar - beide Computerexperten - die Todesstrafe. Obwohl in dem kleinen Dorf, in dem die junge Familie gut integriert ist, 300 Unterschriften gegen die Abschiebung gesammelt wurden, halten die Behörden bisher an ihrem Beschluss fest. "Wir fordern von Richtern und Behörden, den Verfassungsauftrag aus Artikel 16. Grundgesetz endlich wieder konsequent und im Geiste der Humanität umzusetzen", sagte Zülch.


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060104de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050906de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-1/030124de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2-00/14-7-dt.html | www.gfbv.it/3dossier/cecenia/010613cecenia.html

* www: www.chechnya-mfa.info

Letzte Aktual.: 10.1.2006 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060110de.html | XHTML 1.0 / CSS / WAI AAA | WEBdesign: M. di Vieste; E-mail: info@gfbv.it.

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