Bozen, Göttingen, Moskau, 12. Juni 2006
Anlässlich des am heutigen Montag beginnenden
mehrtägigen Besuchs des UN-Sonderberichterstatters für
Rassismus, Doudou Diène, in Russland weist die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) darauf hin,
dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit tief in der russischen
Gesellschaft verankert sind. "Die Politik von Wladimir Putin, der
zur Rechtfertigung seines brutalen Vorgehens in Tschetschenien
massive anti- tschetschenische und anti-kaukasische Propaganda
betrieben habe, hat die Fremdenfeindlichkeit in Russland
verstärkt", wirft die Menschenrechtsorganisation dem
russischen Präsidenten vor.
Eine aktuelle Umfrage des renommierten Lewada-Zentrums habe
ergeben, dass 57% der Befragten ein Aufenthaltsverbot für
Menschen aus dem Kaukasus in ihrer Stadt befürworten
würden. 53% würden einem solchen Verbot für
Menschen aus Zentralasien zustimmen. Diese Stimmung mache sich in
Gewalttaten gegen Angehörige kaukasischer oder
zentralasiatischer Abstammung Luft, präge aber auch den
Alltag der Migranten in Russland, sagte die GfbV-Referentin
für die GUS-Staaten, Sarah Reinke. So sei es für diese
fast unmöglich, in Russland Wohnungen zu finden. Eine
Analyse von über 11.000 Mietangeboten in unterschiedlichen
Städten in Russland hat der GfbV zufolge ergeben, dass bei
durchschnittlich über 30% der Mietangebote der Vermerk "Nur
für Russen" zu finden war. Über 70% sagten in einer
repräsentativen Umfrage, sie wollten in ihrer Familie
niemanden aus dem Süd- oder Nordkaukasus bzw. Zentralasien
haben, über 50% wollten Angehöriger dortiger
Volksgruppen nicht als Nachbarn.
Seit Beginn des Jahres 2006 wurden in der Russischen
Föderation 13 Menschen aus rassistischen Gründen
ermordet, sieben von ihnen alleine im April. Im April wurden
zudem 19 Personen geschlagen oder verwundet. Seit Beginn des
Jahres registrierte die anerkannte Organisation SOWA 87
rassistisch motivierte Gewalttaten. Die jüngsten
Vorfälle seien hier aufgelistet: